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war. Dieser war nach Auskunft seines Sohnes Felix von Baldas (!) in den 1930er Jahren sehr aktiv in der österreichischen Heimwehr gewesen und ist wohl gleich im März 1938 in die Schweiz geflohen. Später erhielt er vom italienischen Königshaus den Auftrag, ein Buch über die zahlreichen italienischen Künstler, die in Wien tätig gewesen waren, zu schreiben. Er nahm den Auftrag an und übersiedelte nach Rom, wohin ihm seine Frau und sein Sohn 1942 folgten. Zu Kriegsende scheint Alfred von Baldass mit einer Gruppe österreichischer und deutscher Flüchtlinge, die aus Jugoslawien über das Lager Bari nach Rom gekommen waren, in Kontakt gestanden zu sein. Maria Likarz-Strauß war eine von ihnen. Sie kontaktierte ihn und lernte so auch Martha Anna von Baldass kennen, mit der sie schließlich bis zu ihrem Tod leben sollte. Maria Likarz-Strauß war in Rom weiterhin künstlerisch tätig. Nach Angaben von Felix von Baldas entwarf sie Illustrationen für Zeitschriften, Gebrauchsgraphiken und arbeitete vor allem lange Jahre bei ARCERO (Arte Ceramica Romana), einer Keramikfabrik, wo sie die künstlerische Leitung über hatte. Leider konnte ich trotz intensiver Nachforschungen nur sehr wenig über ihre Tätigkeit während dieser Zeit herausfinden. Sie stand in Kontakt mit ihrer Kollegin Liane Zimbler, die in Amerika als Innenarchitektin arbeitete. Deren Tochter Frau Hübscher verdanke ich eine Gebrauchsgraphik: eine Weihnachtskarte (siehe Abbildung). Zu ARCERO ist bis jetzt nur zu eruieren gewesen, daß diese Firma für die Biennale in Venedig 1954 den Entwurf des Künstlers Publio Morbiducei ausführte.” Weder Maria Likarz-Strauß noch die Firma ARCERO sind den entsprechenden Museen in Italien bekannt.” Obwohl ARCERO mit den Entwürfen von Maria LikarzStrauß großen Erfolg hatte, scheint sie nur ein bescheidenes Gehalt erhalten und - zu schüchtern, eine Gehaltserhöhung zu verlangen - in äußerst bescheidenen Verhältnissen gelebt zu haben. An ihre früheren Erfolge konnte sie nicht mehr anknüpfen. Maria Likarz-Strauß starb nach längerer Krankheit am 10. November 1971 in Rom und ist dort am Friedhof Verano begraben. Ilse Bernheimer wurde am 20. März 1892 in Wien als Tochter des Chemikers Oskar Bernheimer und seiner Frau Hermine geb. Margulies geboren. Sie besuchte die Jugendkunstklasse von Franz Cizek und absolvierte danach 1911-1916 ein Studium an der Kunstgewerbeschule in Wien bei Kolo Moser und Oskar Kokoschka. Sie war eine der wenigen österreichischen Künstlerinnen, die bereits vor dem Ersten Weltkrieg gelungene ungegenständliche Kompositionen zeigten.’ 1919 war sie an der Lithographenwerkstätte Wolfensberg in Zürich beschäftigt, danach folgte ein Aufenthalt in Paris, wo sie Henri Ch. Manguin kennenlernte. Mit ihm lebte sie ab 1923 für zwei Jahre in St. Tropez, wo er sie mit Henri Matisse und Albert Marquet bekannt machte. In dieser Zeit entstanden Farbradierungen, wobei sich die Künstlerin wieder dem Gegenständlichen zuwandte.” 1925 kehrte Ilse Bernheimer nach Wien zurück und unterrichtete an der Kunstschule für Frauen und Mädchen die Klasse Angewandte und dekorative Kunst. Sie wurde jedoch bald entlassen, weil sie ihre Schülerinnen „zuviel mit dem französischen Impressionismus vertraut gemacht habe“. Noch als Lehrerin der Kunstschule für Frauen und Mädchen hatte sie Oskar Strnad kennengelernt. Diese wichtige Lehrerpersönlichkeit sollte sie in künstlerischer Hinsicht am stärk64 sten prägen. Für kurze Zeit 1926/27 war sie seine Privat-Assistentin. Strnad hatte mit seinen bahnbrechenden Ideen zur Bühnenbildgestaltung international Aufsehen erregt. Bernheimer betreute vor allem die dadurch angezogenen Schüler aus dem Ausland und fertigte für den Unterricht Strnads szenographische Entwürfe, die sich auch erhalten haben.’ Ebenfalls auf privater Basis richtete Bernheimer 1930 einen Vorbereitungskurs für Schülerinnen des Mode-Ateliers von E.J. Wimmer-Wisgrill an der Kunstgewerbeschule ein. Auf Strnads Empfehlung war sie 1930-32 an der Planung der Werkbundsiedlung beteiligt. Der Strnad-Schüler und Bauhauslehrer Anton Brenner überließ ihr die Einrichtung eines der von ihm entworfenen Häuser. Bernheimer entschied sich für die in Wien nie recht heimisch gewordenen Stahlrohrmöbel. Danach ist im wesentlichen nur noch ein Italienaufenthalt der Künstlerin im Jahr 1936 in Umbrien und Rom bekannt. 1938 emigrierte Bernheimer mit ihren Eltern nach Italien. Um 1940 lebten sie in Triest, danach in Porteole, einem kleinen Ort in der Provinz Udine.” Wovon sie lebten, ist nicht ganz geklärt. Die Familie scheint nicht unbegütert gewesen zu sein, vermutlich hatten sie Wertpapiere in Italien deponiert, eventuell war Oskar Bernheimer sogar Teilhaber eines italienischen Bankhauses. Auf jeden Fall hatten sie Verwandte in Triest, die weiterhelfen konnten. Ab 1950 lebte die Künstlerin in Venedig. 1952 unterrichtete sie an der Schule für Glasarbeit Zanetti in Murano. Daneben setzte sie ihre eigene künstlerische Tätigkeit fort und konnte auch an frühere Ausstellungserfolge anknüpfen, zu denen auch 30 Aquarelle gehörten, die sie aufder Wiener Kunstschau von 1908 präsentiert hatte. Ihre Werke wurden sowohl in Österreich als auch in Italien ausgestellt. So war sie wie schon 1922 und auch 1976 bei der Biennale von Venedig vertreten. Ilse Bernheimer starb am 28. Februar 1985 und ist am Friedhof S. Michele in Venedig begraben. Die hier vorgestellten Künstler, vor allem Walter Franke, beweisen, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen Forschern verschiedener Länder ist. Es zeigt sich aber auch, daß es noch möglich ist, mit Hilfe von Zeitzeugen biographische Daten und sogar Details zu eruieren. Die Betonung liegt jedoch auf dem „noch“. Dringend notwendig ist eine rasche Aufarbeitung. Dies auch deshalb, da erst auf dieser Basis eine Beschäftigung mit dem Werk der Künstler möglich ist. Und erst nach der Aufarbeitung des (Eeuvre einzelner Künstler wird man sich mit den Fragen „Was ist Exilkunst? Gibt es Exilkunst? Was macht sie aus? Welche Wechselbeziehungen bestanden zwischen dem Künstler und dem Gastland?“ auseinandersetzen können. Berechtigte Hoffnung, daß nun bald einzelne Initiativen gebündelt und zusammengeführt werden, wird durch die Gründung der Österreichischen Gesellschaft für Exilforschung und deren engagierte Tätigkeit genährt. Veronika Pfolz, geb. 1969, Studium der Kunstgeschichte in Wien, Dissertation 2001 „Lebensbedingungen österreichischer Künstlerinnen in der Zwischenkriegszeit und im Exil, dargestellt am Beispiel von Sascha Kronbrug und Margarete BergerHamerschlag“, 2001 bis 2004 freier Dienstvertrag MAK Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Bearbeitung der Entwurfszeichnungen und Auftragsbücher der Wiener Werkstätte. Publikationen zu österreichischen Künstlern in der Zwischenkriegszeit.