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ANNA KROMMER — LEXIKALISCH Geboren am 31. 3. 1924 in Dolny Kubin, Slowakei. Der Vater, ein Großneffe des Bauernbefreiers Hans Kudlich, studierte an der K. und K. Akademie der Bildenden Künste in Wien, Einsatz als Frontoffizier im Ersten Weltkrieg, Abschluß des Studiums zum Graphiker und Maler an der Badischen Landeskunstschule. Die Mutter, Valerie Krommer, studierte in Berlin. Bis 1933 war Helmut Krommer als Illustrator und Journalist bei der sozialdemokratischen Zeitung „Der Vorwärts“ in Berlin tätig. Nach der Machtergreifung der Nazis fliehen Helmut und Valerie Krommer mit den beiden Töchtern Anna und Barbara in die Tschechoslowakei; nach Hitlers Einmarsch in Prag gelangte Helmut Krommer über Jugoslawien nach England. Anna Krommer besuchte bis März 1939 das deutsche Mädchenlyzeum in Prag, im Juni entkam sie zusammen mit der Schwester und der Mutter — die von der Gestapo mißhandelt wurde . — nach England. Dort erhielt sie ein Stipendium; 1941— 1944 Studium an der Kunstgewerbeschule des Guildford Technical College, Surrey, England. Beim Studium der deutschen Literatur traf sie öfters mit Theodor Kramer zusammen, der in der Bibliothek der Schule als Bibliothekar arbeitete. 1944—1945 Fortsetzung und Absolvierung des Studiums mit Hilfe eines Stipendiums der Tschechoslowakischen Kunstgewerbeschule im Exil, Chelsea, London. | Die Eltern waren in England wieder zusammen. Im Mai 1945 kehrte die Mutter als Sozialfürsorgerin in die Tschechoslowakei (Theresienstadt) zurück. Ihre jüdischen Angehörigen waren in Konzentrationslagern ermordet worden. Die Familie des ‚arischeri‘ sudetendeutschen Vaters wurde von den Tschechen nach Deutschland vertrieben. : Anna Krommer hatte sich entschlossen, in die Tschechoslowakei zurückzukehren.. Ein Telegramm aus Prag, das die Riickkehr der erkrankten Mutter ankündigte, verhinderte die Rückkehr. Verlust der Tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft. 1948 starb Valerie Krommer, körperlich und seelisch gebrochen, in Guildford, England. Helmut Krommer kehrte nie wieder nach Prag zurück. Er wanderte 1951 nach Amerika aus, wo seine verheiratete Tochter Barbara lebte. 1973 verstarb er in Boston, Massachusetts. Ein Großteil seiner Graphiken sind in der Albertina, Wien, und im Germanischen Nationalmuseum, Nürnberg, aufbewahrt. 1946— 1947 arbeitete Anna Krommer als Zensor für die amerikanische Militärbehörde in Offenbach, Deutschland. 1949 schloß sie sich der Hagana an und ging illegal nach Israel. Im Jahr 1952, nach längerem Aufenthalt in Galiläa, erfolgte-die endgültige Niederlassung in der Wahlheim USA. Seit 1957 amerikanische Staatsbürgerin, lebte sie in Boston und in New York. Seit 1962 in Washington, D. C., wohnhaft. In Amerika verdiente Anna Krommer ihren Lebensunterhalt als Büroangestellte,; daneben freischaffende Schriftstellerin. Bibliographie Galiläa. Lieder einer Siedlung. Gedichte. Wien: Europäischer Verlag 1956. 30 S. Spiegelungen. Gedichte.-Wien: Europäischer Verlag 1971.32. Dds Rattenhaus. Novelle. Wien: Bergland Verlag 1976. 47 S. Der Mann mit dem Koffer. Erzählung. In: Dimension, Volume 16/2. Austin: Contemporary German Arts and Letters, hg. von der University of Texas. Die Irreführung. Erzählung. In: Literatur und Kritik (Wien), . Heft 219—220/1987. Gedichte und Essays u. a. in den Anthologien „Die Sprache als Heimat“ (Berlin, Bonn: Westkreuz Verlag 1981), „Geschichte im Gedicht“ (New York 1982). Gedichte, Aufsätze, Rezensionen in Zeitungen und Zeitschriften wie: Washington Journal, Washington Evening Star, Aufbau (New York), Staats-Zeitung (New York), German-American Studies (Cleveland), Literatur und Kritik, Frankfurter Hefte, das Boot (Herne/BRD), The Washington Times. ANNA KROMMER: VIER GEDICHTE Aus dem Zyklus „Der Umgestalter kam“ DER HIMMEL WEINT Der Himmel weint um ein Verlorengehen — ein Regen raschelt in herbstlichen Gärten einschläfernd mit nächtlicher Dunkelheit. Ein Schimmern rinnt an Gehsteigsäumen, wo Laubfall modert, Laubbrand lodert — Aufleuchten in der Winde Sausen. GRENZLAND Die Straße zur Grenze in gleißender Nacht — verödet, verlassen, heimlich überwacht. Alptraum von Kriegen im Laubschattenspiel, Teilung von Siegen am Drahtverhauziel. Die Straße zur Grenze in gleißender Nacht — im Dunkel schwindet die Heimat sacht ... JÜDISCHER FRIEDHOF (SLOWAKEI) Stufenweise führen Erinnerungen ins Trüblicht von Gestern. Für immer geschlossen die Pforte wo der Friedhof verwaist. Über Gräber streichen Himmelszeichen, schweifen Heimatwinde, setzt die Verlassenheit die große Ruhe. IMMER ... Immer aus Aschen keimend das Grün der Frühlinge, in schweifenden Winden die Verankerungen, die Dämmerung nach dem Dunkel; nach dem Entsetzen die Heilung der Zeit.