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Oktober 1991 8. Jahrgang Nr. 3 Preis öS 20,MIT DER ZIEHHARMONIKA Zeitschrift der Theodor Kramer Gesellschaft Nicht fürs Süße, nur fürs Scharfe und fürs Bittre bin ich da; schlag, ihr Leute, nicht die Harfe, spiel die Ziehharmonika. Theodor Kramer Alfredo Bauer Protest eines Philanthropen Das ist wirklich schon das Letzte! Der Dank für ein Leben der Mühe und Anstrengung für diese Wilden! Hätte man sie doch behandelt, wie sie es verdienen: Zwangssterilisation der Weiber nach dem zweiten Kind! Dann würden sie nicht die Provinz Neuquén überschwemmen mit ihrer Brut. Und vor allem hätten diese Menschenrechtler dann das Nachsehen, die jetzt die Sache ausnützen. Sie sollten mal selbst zu tun haben mit diesem versoffenen, verhurten, diebischen Gesindel! Dann würden sie schnell lernen, ihr Geschwafel von Menschenwürde auf diejenigen zu beschränken, die von Natur aus eine besitzen. Das Beste, was diesen Mapuches widerfahren kann, ist, daß man ihnen ihre Brut abnimmt. Jedes Jahr ein Kind, von dreizehn bis fünfunddreißig! Nicht genug daran, daß die Rasse minderwertig ist, die Bälger sind meistens auch im Suff erzeugt, und das wirkt sich natürlich aus. Überall weiß man das, darum ist es für unsere Fundaciön Patagönica auch so schwer, sie anzubringen. Die Mädchen noch eher, weil man sie, wenn sie sieben oder acht Jahre alt sind, doch irgendwie im Haushalt verwenden kann. Was den Herren Menschenrechtlern natürlich auch wieder nicht recht ist. Menschenhandel! Ausbeutung Minderjähriger! Kinderarbeit! Alles verboten nach Gesetz Nummer soundsoviel. Als ob sie so nicht tausendmal besser lebten als daheim im Urwald! Aber es ist wirklich wahr, und, wenn man nur ein bißchen überlegt, der beste Beweis für ihre rassische Minderwertigkeit: sie geben die Kinder nicht gern her. Man muß in sie hineinreden wie in ein krankes Pferd. Aber auch dann, wenn sie schließlich einverstanden sind und man schon mit der Pick-up wartet, um sie nach Junfn de los Andes zu bringen für die üblichen Formalitäten, dann haben sie es sich meistens schon wieder überlegt. Die Unterschrift leisten können sie ohnedies nicht, denn Analphabeten sind sie ja alle. Da macht man es eben für sie. Die Behörden wissen Bescheid und schauen durch die Finger. Sie überzeugen, daß sie die Pille nehmen, das versucht man schon gar nicht mehr. Da ist es bei ihnen nicht nur die angeborene Dummheit, sondern einfach INTERNATIONALES SYMPOSIUM LITERATUR EXIL WIDERSTAND GRAZ 24.-26. OKTOBER 1991 Meerscheinschlößl, 8010 Graz, Mozartgasse 2 Genaues Tagungsprogramm auf Seite 11! Der Schriftsteller Hans Weigel ist am 12. August 1991 in Maria Enzersdorf (Niederösterreich) verstorben. Mit ihm verlieren die Werke Theodor Kramers und Jura Soyfers einen Freund. Daß auch Hans Weigel 1938 ins Exil (in die Schweiz) gehen mußte, wurde in vielen Nachrufen verschwiegen. In einer offiziellen Osterreich-Information ist Weigels Lebenslauf gar auf die Feststellung verkiirzt: Der Autor galt nach dem Zweiten Weltkrieg als gesellschaftspolitische Institution in Osterreich, Inhalt Alfredo Bauer: Protest eines Philanthropen 1 / Stella Rotenberg: Ferienaufenthalte 3 / Konstantin Kaiser: Nachtrag zu zwei Mißer---' folgen 4 / Siglinde Bolbecher/Konstantin Kaiser: Zur Realität des Schreibens im Exil. Aus dem Nachwort zu Berthold Viertels "Kindheit eines Cherub" 6 / Walter Grünzweig: "Dear Comrade": Aus der Korrespondenz zwischen Hermynia Zur Mühlen und Upton Sinclair. (Mit einem Verzeichnis von Hermynia Zur Mühlens Übersetzungen von Upton Sinclairs Werken). 8 / Exil. Widerstand. Literatur. Tagung in Graz, 24.-26. Oktober 1991 11/ Peter Roessler: Ferdinand Bruckner. Auf der Suche nach dem Menschen 12/ Gerhard Scheit: Vom Nutzen und Nachteil der Textimmanenz. (Rezension von Claus Erhart: Der ästhetische Mensch bei Robert Musil). 15 /Siglinde Bolbecher: KatGrammel: Eros und Konflikt. Zu Hilde Spiels erstem Roman "Kati auf der Brücke" 18/ Rückspiegel 20