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Hermynia Zur Mühlen (Wien 1883 Radlett/Hertfordshire), Verfasserin von über 20 Romanen, zahlreicher Kinderbücher, Übersetzerin von Upton Sinclair und John Galsworthy, ist für die österreichisca Literaturgeschichtsschreibung nach wie vor so gut wie nicht existent. (In MdZ Nr.4/1989, S.7f., erschien ein Beitrag von Manfrd Altner über sie: Hermynia Zur Mühlen. Konzeption einer Biographie.) Zur Mühlen gehörte, eine geborene Gräfin Crenneville, dem österreichischen Hochadel an. 1907 heiratete sie den baltischen Baron Zur Mühlen; nach der Scheidung von ihm lebte sie ab 1919 in Berlin, wurde Mitglied der KPD, arbeitete für die KPD-Presse. 1924 Hochverratsprozeß wegen des Romans "Schupomann Karl Müller". 1933 Flucht nach Wien, 1938 in die CSR, 1939 nach England. Publikationen im Verlag des Austrian Centre London; Abrücken vom kommunistischen Parteistandpunkt, zunehmende Isolation und Verarmung. Zwei ihrer wichtigsten Bücher sind bis heute erst in englischer Sprache erschienen. Wichtige Werke: Reise durch ein Leben (Roman, Bern 1933); Unsere Töchter, die Nazinen (Roman, Wien 1935), We Poor Shadows (Roman, London 1943); Came the Stranger (Roman, London 1946; deutsch: Als der Fremde kam, Wien 1947), Guests in the House (Roman, London 1947). Upton Sinclair (Baltimore 1878 - New Jersey 1968), aufgewachsen in New York City, wandte sich mit dem Roman "Der Sumpf" (1906) dem Sozialismus zu, ging 1915 nach Kalifornien; er scheiterte 1934 knapp mit dem Versuch, als demokratischer Kandidat kalifornischer Gouverneur zu werden. (Mit seiner Hilfe setzt sich 1938 ein Kandidat der Demokraten durch). Bildung einer Liga zur Beendigung der Armut in Kalifornien. In den 20er und 30er Jahren der im deutschen Sprachraum wohl meistgelesene sozialkritische Autor der Gegenwart. Walter Grünzweig ist Universitätsdozent für Amerikanistik an der KarlFranzens-Universität Graz. Er hat u.a. über Walt Whitman, Charles Sealsfield, Felix Pollak, Wilhelm Muster publiziert. Bei der Tagung "Literatur, Exil, Wider. stand" in Graz spricht er über den Briefwechsel zwischen Upton Sinclair und Hermynia Zur Mühlen. lichen Rekonstruktion seines Gewordenseins gleichsam hinter den Rücken des eigenen Ich zu gelangen. Das Fragmentarische, das Schreiben in immer wiederholten Anläufen dokumentiert das Aufbegehren gegen die zunächst übermächtige historische Legende, zugleich stellt es aber auch den Versuch dar, aus den Brüchen der Entwicklung die Möglichkeit der Person aufblitzen zu lassen, sie in der Reflexion zu retten. Die Autobiographischen Fragmente dokumentieren eine verloren gegangene Stufe der Emanzipation: eine befreiende Weiterführung der Wiener Moderne durch die Auseinandersetzung mit dem Faschismus hindurch. Walter Grünzweig "Dear Comrade": Aus der Korrespondenz zwischen Hermynia Zur Mühlen und Upton Sinclair | Hermynia Zur Mühlen, die bedeutendste unter den deutschsprachigen Übersetzern der Werke des U.S.-amerikanischen sozialistischen Autors Upton Sinclair, zu denen auch Elias Canetti zählt, interessierte sich für Sinclairs Werke vor allem aus "propagandistischen" Gründen. Aus der umfangreichen, bislang unpublizierten Korrespondenz zwischen Zur Mühlen und Sinclair lassen sich deutlich Zur Mühlens zunehmende Schwierigkeiten mit der organisierten Linken erkennen, die schließlich zur Abkehr vom Marxismus führten. In den hier publizierten Briefen an Sinclair bezieht Zur Mühlen allerdings eine radikale linke Position. Der Malik-Verlag wird propagandistischer Nachlässigkeit geziehen und beschuldigt, in seiner Publikationstätigkeit einen "l’art pour l’art"-Standpunkt zu beziehen. Insgesamt gibt die Korrespondenz, deren Publikation gegenwärtig vorbereitet wird, Einsicht in die internationale Diskussion um eine Ästhetik "proletarischer"-"propagandistischer" Literatur. Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Lilly Library an der Indiana University, Bloomington, und Mrs. Jean Sinclair. [Zur Mühlen an Sinclair, 29.10.1927] Hermynia Zur Mühlen Frankfurt a.M. Bockenheimer Landstr97 IL.StockOctober 29th 1927. Dear Comrade, have sent you through the bank - see enclosure - your half for "Oil". 250 Dollars. The book is going splendidly. Please let me know when the money has reached you. Shall send you next week all the reviews of the play, must copy them first, as the Maliks wont let me have the originals. Am once again having a battle royal with the Maliks on account of your new book; they do not want it, as they believe it would not "sell as well as your other books". Since they have got more money they are frightfully commercial and have lost all love for propaganda. Besides they are very mad with me for having placed the "Speaker"; their idea is that none of your books, which they won’t publish for financial reasons, ought to be published, however good the propaganda may be. Of course I fight that idea, so please stick up for me. I am trying to place the chapters of your book in papers first, and shall then look out for a