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a ee Verständnis voraussetzen als fühlendes Herz, und die als Leser einen Kommentierenden, nicht einen Erlebniswilligen fordern.“ Wahrscheinlich unternimmt Raschke, stets auf Ausgleich bedacht, den Versuch, Kramer doch noch von der literarischen Qualität und der Empfindungstiefe der abgedruckten Gedichte zu überzeugen, doch Kramer pariert unversöhnlich und vehement: Die Frage Langgässer scheint mir durch Ihren Einwand keineswegs geklärt. Die Lesenden packt es eben nicht, zumindest weder mich noch meine Wiener Freunde, und vor allem kann ich mir schwer vorstellen, daß es überhaupt packt, eher noch, daß es blufft und imponiert. „Dichtung“, nämlich billig und unkontrollierbar Kosmisches, scheint mir heute schon wieder Mode zu werden; Ihre persönliche Ehrlichkeit will ich keineswegs in Frage stellen, aber bei Ihrer positiven und kämpferischen Einstellung zur Dichtung im Gegensatz zu bloßer Schriftstellerei halte ich es nicht für unmöglich, daß Sie gern das entdecken und sehen, was Sie sehen wollen. Ich hoffe, Sie verübeln mir meine Aufrichtigkeit nicht; aber mir will diese Sache nicht eingehen, und schließlich verläßt sich doch jeder, bei aller Schätzung fremder Meinung und Gründlichkeit doch - wenn wir nur ehrlich sind - letzten Endes auf seine heftigen Empfindungen und sucht, wenn er es bei sich nicht zu finden vermag - das Unrichtige sich doch bei den anderen plausibel zu machen. (Brief an Martin Raschke vom 29. Mai 1932) Trotz recht deutlich voneinander abweichender ästhetischer Auffassungen Kramer bleibt der „Kolonne“ und Martin Raschke, der für ihn im Gegenzug Kontakte zu Dresdner Zeitschriften knüpft, kameradschaftlich verbunden, liefert weiterhin Gedichtbeiträge, Rezensionen zu Georg von der Vring und Rudolf Brunngraber (die allerdings nicht mehr erscheinen können); er empfiehlt, die Werke Bruno Brehms zu besprechen, und beteiligt sich nach anfänglichem Zögern („Daß die unbezahlte Mitarbeit an einer Anthologie ganz gegen meine Grundsätze und Gepflogenheiten verstößt, werden Sie leicht einsehen ..“), obwohl keinerlei Honorar in Aussicht steht, mit fünf Gedichten an Raschkes „Neuer Lyrischer Anthologie“, die 1932 im Dresdner Wolfgang Jess-Verlag erscheint. Nachdem 1933 aus wirtschaftlichen wie aus politischen Gründen weitere Hefte der Zeitschrift nicht mehr erscheinen können, schreibt Kramer am 16. Mai 1933 betroffen an den Dresdner Herausgeber: Vor allem bedauere ich sehr, daß die Kolonne nicht mehr erscheinen kann. In manchem hatte ich andere Ansichten und ließ Sie und Arthur A. Kuhnert stets über meine Einstellung nicht im Unklaren. In vornehmer Art und Weise hatte diese Zeitschrift das Bestreben, der Dichtung zu dienen. Ich persönlich wurde von ihr gerade mit einer Reihe sonst nicht gern gedruckter Arbeiten herausgestellt. ... Ihnen, lieber Herr Raschke, will ich noch sagen, daß unser Verkehr stets ein angenehmer und darüber hinaus ein herzlicher war, wie er es ja eigentlich zwischen Herausgeber und Mitarbeiter sein sollte. Sollten Sie nach Wien kommen, so wird es mich aufrichtig freuen, wenn Sie mich besuchen werden ... Damit endet der briefliche Kontakt zwischen Martin Raschke und Theodor Kramer. Zu einer persönlichen Begegnung ist es wahrscheinlich nie gekommen. 1943, während Kramer sein Leben im englischen Exil fristet, fällt Raschke als Kriegsberichterstatter an der Ostfront. Der Dresdener Autor Norbert Weiß, geboren 1949, hat den Nachlaß Martin Raschkes in der Sächsischen Landesbibliothek Dresden aufgearbeitet und im Hellerau-Verlag Dresden Essays und. Reflexionen des jungen Raschke herausgegeben (Martin Raschke: Jahr über der Stadt. Dresden 1993, 70 Seiten) und mit einem Nachwort versehen. # u ae] Martin Raschke Wolfgang Paalen Das Bundesinstitut fiir Erwachsenenbildung St. Wolfgang, A-5350 Strobl (bei Salzburg), veranstaltet vom 31. August bis 2. September eine „Hommage a Wolfgang Paalen“. Anmeldungen sind an die angegebene Adresse erbeten, Auskünfte unter 06137 6621-10 (Fax 6621-16). Am 4. Oktober 1993 wird im Museum des XX. Jahrhunderts in Wien eine große Wolfgang Paalen-Retrospektive eröffnet. Wolfgang Paalen (1905 - 1959), geboren in Wien, gehörte im Paris zum Kreis der Surrealisten und verließ 1939 auf Einladung von Frida Kahlo Europa. Mexiko wurde seine zweite Heimat. Im Rahmen der Hommage werden dramatische Texte Paalens uraufgeführt und Filmdokumente gezeigt. Die Witwe des Künstlers, die Ethnologin Isabel Marin de Paalen, hat ihre Teilnahme zugesagt. Jura Soyfers Szenen und Stücke Eine verbesserte Neuauflage der Stücke Jura Soyfers hat Horst Jarka im Europaverlag Wien herausgegeben. Der erste Band der dreibändigen PaperbackAusgabe von 1984 erlebt damit endlich eine zweite Auflage, die nun vollständigste Ausgabe der Stücke Soyfers. Bei einem Umfang von etwa 320 Seiten ist das Buch mit öS 298,- als erschwinglich anzusehen.