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22 Repe, Dragan Veliki¢). Sie stehen ihren jeweiligen Regierungen alle kritisch gegenüber. Stolzen Westeuropäern, die sich alles Unheil schnell mit „Nationalismus“ erklären, geben sie einiges zum Nachdenken auf. Insbesondere ermöglichen ihre Beiträge einen ersten Einblick in die strukturellen Probleme nationaler Entwicklung im Raum des ehemaligen Jugoslawien und damit Ansätze zu Lösungsperspektiven, bzw. Antworten auf die Frage, wie die Geschichte, wenn sie nicht ineiner langen Misere steckenbleiben soll, doch weitergehen kann. »Ethnopsychoanalytische Uberlegungen zu den Kriegen im (ehemaligen) Jugoslawien“ steuert der Psychoanalytiker und Erich Fried-Preisträger Paul Parin bei. Parin, der in Slowenien aufgewachsen ist und als Arzt den jugoslawischen Befreiungskampf im Zweiten Weltkrieg unterstützt hat, führt die Bereitschaft breiter Schichten, in der Produktion nationaler Feindbilder einen Halt zu finden, auf eine die soziale Orientierung der Individuen zerstörende Anomie zurück: „Es war nicht mehr möglich, sich in der Gesellschaft zurechtzufinden, das eigene Leben zu planen, den Fortbestand der Familie zu sichern.“ Wie er die Entstehung und die Folgen dieser Anomie darlegt, ist von höchstem Interesse — und nicht nur für Jugoslawien von Relevanz. Ilse Pollacks „Slowenisches Tagebuch“, entstanden im Juli 1992 in Ljubljana, zeigt die vielfachen Veränderungen im Gestus slowenischer Selbstdarstellung. Werner Wintersteiners enragierte Abrechnung mit den Fehlleistungen der österreichischen Friedensbewegung war hoch an der Zeit und sollte unter linken Friedensfreunden eine Diskussion hervorrufen. Immerhin meldet sich mit Wintersteiner kein Außenseiter zu Wort. Den HerausgeberInnen, Siglinde Bolbecher und Bernhard Kuschey, ist es gelungen, eine fragwiirdige Polarisierung der Berichterstattung zu durchbrechen: die Bewohner des ehemaligen Jugoslawien haben ihr tägliches Leid zu klagen, und die westeuropäische Intelligenz ihrerseits reflektiert die Zusammenhänge. KK. Flammenzeichen Jugoslawien. Aufrisse Nr.3/1992. (Verlag für Gesellschaftskritik, Wien). 82 S., 6S 80,Stephan Mautners Schilderungen sind dariiber hinaus von bleibendem Wert durch ihre Aussagen tiber Land, Leute und Brauch in Osterreich. Hier gilt es auch seines Bruders Conrad zu gedenken: Vor allem aber war Breitner ein ganz hervorragender Lehrer und Kamerad fiir Stephan und den jiingeren Bruder Conrad. Er inspirierte seine Studenten, stimulierte ihre Phantasie und lehrte sie insbesondere das Grundsätzliche. Sie absolvierten das Elementare des Zeichnens, der Kalligraphie, der Farbanwendung, der Komposition und des guten Geschmacks. ... Conrad war der Kalligraph. Sein besonderes Talent - er war Experte in steirischen Bräuchen und Trachten, Autor und Illustrator von Volksliedersammlungen, dem ,Raspelwerk‘ oder dem , Steirischen Trachtenbuch‘ (mit Victor von Geramb). Soweit Karl Mautner, der uns über seinen Vater Stephan noch erzählt: Stephan arbeitete pflichtergeben, vielleicht nicht sehr enthusiastisch in der Firma seines Vaters, bis diese in Folge der Creditanstalt-Krise 1931 zusammenbrach. Dann aber widmete er sich ganz der Malerei, was er eigentlich, nebst der geliebten Jagd im Gebirge, dem Büroleben vorzog. Um aber auf die künstlerische Entwicklung zurückzukommen: Nach Breitners Schulung studierte Stephan bei dem heute leider etwas vernachlässigten großen Radierer Ferdinand Schmutzer und bei Hugo Charlemont. ... Stephan betrachtete sich eigentlich als einen der letzten , Biedermeier‘-Menschen, und dies mit gewisser Berechtigung. Seine Bilder, ob Landschaften Portraits oder Genre-Malerei, hatten eine lyrische Atmosphäre. Sie waren durchwegs liebenswürdig und gemütlich, erfreulich für den Beschauer. Zu seinem hundertsten Geburtstag waren 20 seiner Blätter in der österreichischen Botschaft in Washington zur Schau gestellt, die dann in die Sammlung Albertina aufgenommen wurden. Stephan wäre sehr stolz auf die Ehrung gewesen. Besonders hätte ihn erfreut, nun nicht allein in Gesellschaft der ganz Großen, wie Dürer und Rembrandt, zu sein, sondern vor allem auch in der Rudolf von Alts. — Stephan und seine Gattin Else suchten 1939 Zuflucht bei Verwandten in Ungarn, wurden aber in den Strudel des ‚Holocaust‘ gezogen, als sie allzulange am Landgut verweilten und nicht mehr wegkamen. Zu Gast auf dem Landgut (in der Nähe von Szentes) einer Verwandten, Elsa von Mauthner (eine Kousine von Else Mautner-Eisler, die einen mit Stephan Mautner nicht näher verwandten Alfred von Mauthner geheiratet hatte), wurden sie vermutlich im Frühsommer 1944 aufgegriffen. Stephan Mautner, ein Vergessener? Ein Mensch dieses Namens wurde ausgelöscht, aber sein Wirken blieb unvergessen und sein künstlerisches Werk zugehörig der österreichischen Species der Maler-Dichter/Dichter-Maler bleibt für die Zukunft erhalten. Das Grab, das Stephan Mautner 1924 für seine Eltern erwarb, befindet sich auf dem Döblinger Friedhof in Wien. Es bietet sich uns „naturüberwuchert“, doch gepflegt dar und entspricht gewiß den Vorstellungen seines Stifters. Auf einem großen unbehauenen Stein liest man die Namen: Franzi MAUTNER 1910 - 1924, Isidor MAUTNER 1852 — 1930, Jenny MAUTNER 1856 — 1938, Marie KALBECK-MAUTNER 1886 — 1972. Stephan Mautner war dieses friedliche Fleckchen Erde nicht beschieden. Ein erfreuliches Ereignis war im Jänner 1993 eine Ausstellung der Werke Stephan Mautners, die unter der Patronanz Karl Mautners in Washington von der American-Austrian Society in der Embassy of Austria gezeigt wurde. Karl Mautner, der Sohn, will am 26. September in Raach zur Stephan MautnerGedenkstunde persönlich erscheinen, das Trattenbacher Biirgermeisterpaar Ernst und Marta Schabauer hat ebenfalls sein Erscheinen zugesagt, und Trattenbacher Musiker werden aufspielen.