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meinem Buch „Mit scharfer Optik“ veröffentlichen. Berthold Viertel schrieb 1946 an mich u.a. „Die heute heimkehren, wissen, daß sie die Not der Überlebenden teilen werden. Sie übernehmen als ‚Erbe‘ auch die Verantwortung, und was eine bessere ‚Zukunft‘ anlangt, so werden sie alles, was sie sind und können, einsetzen müssen, um sie herbeizuführen. So verstehe ich den stolzen Namen Ihrer Zeitschrift. Sie sind ja selbst aus dem Exil heimgekehrt. Insofern Ihre Zeitschrift Geschichte und Philosophie in ihr Programm aufgenommen hat, wird sie Beiträge zur Klärung der Vergangenheit und zur Wegweisung für die Zukunft bringen.“ Berthold Viertel nahm in diesem Brief zu verschiedenen Aufsätzen in der ersten Nummer der Zeitschrift Stellung. So schrieb er zum Beispiel: „Ich muß hinzufügen, daß ich auf dem Standpunkt einer ‚realistischen Kunstauffassung‘ stehe. So heißt ein anderer Aufsatz in der ersten programmatisch gehaltenen Nummer Ihrer Zeitschrift. Kurz gesagt: jedes Kunstwerk ist historisch und gesellschaftlich bedingt, wie es die Persönlichkeit ist, die es hervorbringt. Was einer zu gestalten gedrungen und willens ist, bedingt das Wie der Gestaltung. Die Form kann gesehen werden als der geringste, konkret gemachte Gehalt. Sie hilft dem Inhalt zu erscheinen, sie stellt ihn heraus, drückt ihn aus, so restlos, wie nur möglich. Freilich gehört die Form selbst zum Inhalt des Kunstwerkes, ohne sie gibt es keines, ohne künstlerische Form wird der Inhalt bedeutungslos. ... Aber es gibt Ubergangs- und Werdezeiten, in denen ein reifes Kunstwerk selten gliickt, eben weil die Zeit, ihre sozialen Zustände in Gärung begriffen sind. Die Ideen einer Epoche sind noch ungestaltet, ungeklärt. So gibt es ohne eine durchgesetzte Skala der Werte kein Drama. In Zeiten des Verfalls entwickelt sich eine Kunst ... der Kompliziertheit fragwürdiger Art... Der Roman, die satirische Schilderung können solchen Zuständen gerecht werden, aber auch nur, wenn trotz der Zerrissenheit noch Reste des gesellschaftlichen Zusammenhanges erhalten sind.“ Es hat aber auch beinahe 50 Jahre gedauert bis das offizielle Österreich die nicht mehr ferne Zukunft des nachhitlerischen Österreichs und dessen mögliche fortschrittliche Rolle im südosteuropäischen Raum überwiegen. Der Themenreichtum dieser Beiträge spiegelt Ruth Körners kreative Fähigkeit, gerade in der Beschreibung, der Vermittlung des ihr fremden Gastlandes. Bei drei KanadaBesuchen, wohin sie auf die Einladung eines Freundes reisen kann, entsteht außerdem die Idee zu einem weiteren Reisereportagenbuch, ‚Kanada - Junge Welt‘, das erst 1954 im Europa-Verlag erscheint“? Ruth Körner war auch Mitarbeiterin der deutschen Abteilung der American Broadcasting Stations in Europa und Rednerin bzw. Diskussionsleiterin in deutschen Kriegsgefangenenlagern. 1945 verfaßt sie eine Studie für die Wiener Library unter dem Titel „Die ersten sechs Monate in Deutschland unter alliierter Besetzung im Spiegel der deutschen Presse“. Nach einem Kurzbesuch in Wien 1949 entschließt sie sich zu ausgedehnten Reisen nach Australien und Neuseeland. 1957 wird sie in München ansässig. Die Jahre zwischen 1963 und 1965 verbringt sie in Haifa. Da sie dort keine Arbeitserlaubnis bekommt, kehrt sie nach München zurück. Zeitweise arbeitet sie am „Institut für Zeitgeschichte“ und an der Volkshochschule, übersetzt für den Kölner Wirtschaftsdienst und schreibt für verschiedene Rundfunkstationen!”. 1983 erscheint ihr vielgelesenes Buch ,,Chile — Nach 10 Jahren Pinochet“ im Fischer-Taschenbuchverlag. Sie verfaßt weitere Reiseberichte über Australien für die Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte. Mit sieben Kurzbiografien ist sie am „Biographischen Lexikon zur Weimarer Republik“ beteiligt, das 1988 im Verlag C.H.Beck München herauskam. 1985 unternimmt sie das Wagnis einer ausgedehnten BrasilienReise, zu der sie am 8. 11. abends von Amsterdam aus aufbricht und von der sie im Januar 1986 nach München zurückkehrt. Das Leben und Wirken Ruth Körners, das sich hier nur in Grundzügen und Andeutungen darstellen kann, offenbart sich in seiner Bescheidenheit und Kreativität, in seiner Weisheit und seinem Mut als Beispiel jener „Kraft der Schwachen“, die es zu bewahren und der Nachahmung zu empfehlen gilt. Anmerkungen 1 vgl.z.B. Wilhelm Sternfeld/Eva Tiedemann: Deutsche Exil-Literatur 1933-1945. Eine Bio-Bibliografie, 2. verb. u. stark erw. Aufl. Heidelberg: Lambert Schneider 1970, S. 276 und Renate Wall: Kleines Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen 19331945. Koln: Pahl Rugenstein 1988, S. 91. 2 Brief Ruth Körners an Sternfeld vom 4. März 1947. Exilarchiv Deutsche Bibliothek Frankfurt/M. Sternfeld-Nachlaß, Sig. EB 75/177. 3 Brief Ruth Körner an Sternfeld. Exilarchiv Deutsche Bibliothek Frankfurt am Main. Sternfeld Nachlaß. Sig. A. IV. 4 Brief Ruth Körners an Sternfeld vom 22. August 1959. Exilarchiv Deutsche Bibliothek Frankfurt am Main. Sternfeld-Nachlaß. Sig. EB 75/177. 5 Vgl. Brief Ruth Körners an Sternfeld vom 14. März 1959, beigefügt „Curriculum vitae“. Exilarchiv Deutsche Bibliothek Frankfurt am Main. Sternfeld-Nachlaß. Sig. A. IV. 6 G. Schwinghammer, Prag XII. Barthouva 90. 7 Brief Ruth Körners an Rudolf Olden vom 11. Mai 1938. Exilarchiv Deutsche Bibliothek Frankfurt am Main. Akte Exil-PEN, Sig. EB 75/175. 8 Brief Rudolf Oldens an Ruth Körner vom 24. Mai 1938. Exilarchiv Deutsche Bibliothek Frankfurt am Main. Akte Exil-PEN, Sig. EB 75/175. 9 Brief Ruth Kérners an Rudolf Olden vom 2. September 1938. Exilarchiv Deutsche Bibliothek Frankfurt am Main. Akte Exil-PEN, Sig. EB 75/175. 10 Wie Ruth Korner im Brief vom 22. Oktober 1938 Rudolf Olden mitteilt, war Duschinsky besonders gefährdet. Sein Bild erschien 1938 unter dem Titel „Wiener Theaterjuden am Werk“ im gleichgeschalteten „Siebentage-Telegraph“. 11 Brief Ruth Körners vom 15. 10. 1984 an den Verfasser. 12 Sigrid Thielking: Gute Europäerinnen. Anna Siemsen und Ruth Körner im Exil. Bisher unveröffentlichtes Manuskript eines Vortrags. 13 Vgl. z.B. „Schiff in der Wüste. Eine Wanderung durch den Negev in Israel“. Reisebericht. Sendung des Westdeutschen Rundfunks. 25. Juni 1967.