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Fortsetzung von Seite 6 fangorganisation für die ab 1948 zum größten Teil wieder wahlberechtigten ehemaligen Nationalsozialisten und Vorläufer der heutigen Freiheitlichen Partei Österreichs des Jörg Haider), eine Klimaveränderung zuungunsten der Opfer spürbar, deren Etappen Bailer genau nachvollzieht. Ihr Buch zeigt auf, wie unzureichend der österreichische Staat und die Behörden in diesem Zusammenhang handelten, wie sie den ehemals nationalsozialistischen Wählergruppen und ihren parlamentarischen Lobbies entgegenkamen, obwohl viele der dafiir verantwortlichen Politiker selbst von den Nationalsozialisten verfolgt worden waren. Die Autorin kommt zu folgendem negativen Resümee: „Zuerst war also die ’Wiedergutmachung’ beinahe zwei Jahrzehnte aufgeschoben worden, unter internationalem Druck wurde sie dann in sehr bescheidenem Umfange beschlossen und in gleichem Atemzuge den Opfern erklärt, daß eseben schon zu spät sei, um echte Entschädigung leisten zu können.“ Und dies bis heute. Auch der Vergleich zwischen den Entschädigungsleistungen der Bundesrepublik Deutschland und Österreichs, den Bailer in einem kurzen Kapitel am Ende darstellt, fällt deutlich zuungunsten unseres Landes aus, denn einerseits „waren die durch die BRD ausbezahlten Einzelentschädigungen deutlich höher als die von Österreich bezahlten Beträge, andererseits wurden in das BEG 1956 bereits Schadenstatbestände einbezogen, die in Österreich zu dieser Zeit auf Regierungsseite nicht einmal diskutiert wurden.“ Außerdem blieben die österreichischen Zahlungen deutlich unter den im Kreuznacher Abkommen mit Deutschland festgesetzten Aufwendungen, und damit hatte Österreich „letztendlich die von allem Anfang angestrebte fünfzigprozentige Beteiligung der Bundesrepublik annähernd durchgesetzt“. Selbst bis in die neunziger Jahre wiederholte sich trotz aller Beteuerungen der Politiker das bewährte österreichische Grundmuster in der Behandlung der Opfer — „anstelle von Entschädigungen wurden die Opfer abermals mit schönen Worten, Ehrenzeichen und Ehrengaben abgefunden“. Alles in allem: die Einzelleistungen, die Österreich den Opfern kam eine Streife vorbei. Babak wurde zusammengeschlagen und angezeigt. Einer neuen Gerichtsverhandlung entzog er sich durch Flucht. Er landete in Schwechat. Beinahe hätte man ihn gleich zurückgeschoben. Seine Einreise (wie die vieler anderer) setzte der Flughafen-Sozialdienst in mühsamen Verhandlungen durch. Er durfte nach Österreich herein, doch das einzige Dokument, das er von unseren Behörden erhielt, war ein Aufenthaltsverbot mit Vollstreckungsaufschub. In die Bundesbetreuung wurde er nicht aufgenommen. Er hat dann drei Jahre bei mir gewohnt. Durch ihn ist mein Haus, mein Garten zum Treffpunkt für viele iranische Flüchtlinge geworden. Hier konnten sie so sein, wie sie wollten. Im Garten grillen, ihre Lieder hören. Ich vertrat Babak im Asylverfahren; das kann jeder, dazu braucht man kein Anwalt zu sein. Nach langem Streit mit den Behörden setzte ich die Aufhebung des Aufenthaltsverbots und schließlich seine Anerkennung als Flüchtling durch. Er hat die Aufnahmsprüfung für die Universität geschafft, Arbeit gefunden, eine Wohnung in Linz, wo er studieren wird. Sharif und Azadeh Ein Liebespaar aus dem Iran. Sie gehörten keiner politischen Partei an, aber lehnten sich gegen die Regeln der islamischen Gesellschaft auf. Azadeh ist eine unkonventionelle Frau, die ihre eigenen Wege geht. Ihr Cousin war Mujahed und wurde hingerichtet. Ihr Onkel, ein oppositioneller Politiker, hat sich angeblich - im Gefängnis aufgehängt. Vorher wurde er im Fernsehen gezeigt: Er übte reumütige Selbstkritik. Azadeh ist wie viele Tausende aus dem Iran geflohen, weil sie es dort nicht mehr aushielt. Sie floh mit ihrem Freund Sharif in die Türkei. Dort war sie nicht sicher. Kurz zuvor hatte die Türkei fünfzig Flüchtlinge an den Iran ausgeliefert: Sie wurden noch an der Grenze von den „Revolutionswächtern“, den Pasdaran, erschossen. Sharif und Azadeh warteten in einem Hotel in Istanbul lange auf den Schlepper, der sie weiterbringen sollte. Sie Kamen mit dem selben Flugzeug wie Babak nach Wien. Auch sie wären beinahe abgeschoben worden; ihre Einreise setzte der Flughafen-Sozialdienst durch. Sie lebten in einer Flüchtlingspension, in Streit mit dem Wirt, der sie dauernd schikanierte. Endlich bekamen sie ein bißchen eigenes Geld - das Arbeitsamt hatte ihnen einen Deutschkurs mit „Deckung des Lebensunterhalts“ gewährt. Also wurden sie aus der Bundesbetreuung „entlassen“ und auf die Straße gesetzt. Ein halbes Jahr lebten sie bei mir. Wir arbeiteten zusammen, renovierten die Küche, bauten im Garten Gemüse an. Ich setzte Herrn K., den Beamten des Innenministeriums, der für ihren Asylfall zuständig war, unter Druck. Ich drohte eine Säumnisbeschwerde an, da sich das Verfahren schon so lange hinzog. Sharif und Azadeh wurden als Flüchtlinge anerkannt. Azadeh lernte rasch Deutsch. Sie fand schnell Kontakt, arbeitete als Friseurgehilfin, dann als Kellnerin bei Mac Donald’s. Gelegenheitsjobs. Sharif litt darunter, er hatte keine Arbeit, sprach damals fast kein Deutsch und scheiterte immer schon im Vorstellungsgespräch. Im Grunde wollte er nicht, blieb in sich verschlossen, träumte davon, selbständig zu sein. Sie stritten oft, versöhnten sich wieder. Wenn sie sich trennten, flüchtete sie zu mir. Er glaubte dann, er hätte es geschafft. Er hatte ein kleines Geschäft übernommen, verkaufte Kebab und griechischen Wein. Aber ihm fehlte das Startkapital, er bekam keinen Kredit und mußte bald wieder zusperren. Jetzt wohnen sie wieder bei mir. Azadeh will Medizin studieren. Ihr Volk, sagt sie, wird gute Ärzte brauchen, wenn es einmal anders geworden ist im Iran. Carmen und Minh Sie ist Kubanerin, er Vietnamese. Verbotene Liebe. Sie lernten einander in der ehemaligen Tschechoslowakei kennen. Dort waren sie in Arbeitskontingenten.