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10 Grüningers Fall Die Schweiz war überwiegend ein Durchzugsland für Hitler-Flüchtlinge. Gegen ihren dauernden Aufenthalt wußte man sich durch Arbeitsverbote und politische Bespitzelung zu wehren. Auf Vorstellungen des Schweizer Botschafters wurde der J-Stempel in deutschen Pässen eingeführt: der Flüchtling sollte vom Touristen unterscheidbar werden. Am 19. August 1938 verfügte der Bundesrat eine Grenzsperre für Flüchtlinge aus Österreich, am 20. Jänner 1939 trat eine allgemeine Visumspflicht für Emigranten in Kraft. Paul Grüninger (1891 - 1972) war 191939 Leiter der St.Galler Kantonspolizei. Im März 1939 wurde er suspendiert, dann fristlos entlassen und 1941 wegen Urkundenfälschung verurteilt. Er mußte sich nun als Hilfslehrer und Gelegenheitsarbeiter durchschlagen. Sein Vergehen bestand darin, daß er den illegalen Grenzübertritt Hunderter, vielleicht Tausender Flüchtlinge, die vor allem aus Wien kamen, zugelassen, Einreisedaten vorverlegt, vordatierte Visa angefordert hatte. 1968, 1970, 1985, 1990 wurde seine Rehabilitierung gefordert. Erst durch die in der Zürcher „WochenZeitung“ in Fortsetzung publizierten Recherchen des Historikers Stefan Keller wurde jetzt die St.Galler Kantonsregierung zu einer vollen politischen Rehabilitierung Grüningers veranlaßt. Eine materielle Entschädigung der Nachkommen steht nach wie vor aus. „Der Fall Grüninger“, schreibt der St.Galler Nationalrat Paul Rechsteiner, „Berührt aktuelle Auseinandersetzungen ... Das Asylrecht läuft Gefahr, erneut seiner Substanz beraubt zu werden.“ Und: „Paul Grüninger steht für Menschlichkeit, für die individuelle Verantwortung und gegen die blinde Durchführung von Anweisungen, die sich für die Betroffenen in der Konsquenz tödlich ausgewirkt hat.“ Kellers nun in Buchform vorliegende Recherchen zeichnen nicht nur ein lebendiges Bild Grüningers selbst, sie stellen auch einen wichtigen Beitrag zur Exilforschung dar. Was aber Österreich und die Stadt Wien betrifft, wäre eine Öffentliche Ehrung Paul Grüningers, der so vielen Mitbürgern das Leben gerettet hat, an der Zeit. K.K. nicht aus einem der im Asylgesetz genannten Gründe, sondern, um von ihr den Aufenthaltsort ihres Gatten zu erfahren“, einer „Person, zu der sie vermutlich soziale Kontakte unterhielt“. Sie wurde auf Kopf und Hals geschlagen, bis sie das Bewußtsein verlor: damit sie sein Versteck verriete. Frau T. und ihre Kinder sind illegal in Österreich. Sie werden noch geduldet. Unser Anwalt hat Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof eingereicht. Das Verfahren kann lange dauern. Sein Ausgang ist ungewiß. Kein Fluchtgrund: Vergewaltigung Frau A. und Frau N. aus Zaire waren beim Nationalen Ballett in Kinshasa Tänzerinnen. Zehn Jahre tanzten sie für den Diktator Mobutu, zehn Jahre traten sie bei seinen Propagandakundgebungen auf. Zehn Jahre dienten sie Mobutu, seinen Ministern, Parteifunktionären und Leibwächtern als Sklavinnen. Zehn Jahre permanente Vergewaltigung. Frau A. und Frau N. leisteten Widerstand. Sie gehörten einer geheimen Zelle der Lumumbistischen Partei an. Sie nahmen an der Demokratiebewegung des Jahres 1991 teil. Frau A. war eine der Initiatorinnen der ersten zairischen Frauendemonstration. Sie wurden verhaftet, gefoltert, immer wieder vergewaltigt... Frau N. hat viele Narben an den Unterarmen; Rasiermesserschnitte. Ihre Beine wurden mit kochendem Wasser verbrüht. 1992 gelang ihnen die Flucht nach Österreich. Frau A., aus der Bundesbetreuung entlassen, zog in eine Caritas-Unterkunft. Ihr Asylantrag in erster Instanz abgelehnt, der Bescheid an die falsche Adresse zugestellt, die Post von der Pensionswirtin nicht weitergeleitet, die Berufungsfrist versäumt. Rechtskräftig 'seit einem Jahr... Wiederaufnahme beantragt, abgelehnt, neuerliche Berufung. Juristische Winkelzüge. Frau N. erhielt ihren Bescheid erst jetzt. Ablehnungin erster Instanz. Es sei, steht darin, „nicht mehr hervorgekommen, als daß sie Mobutu nicht mehr als Animierdame dienen wollte.“ Kein Wort von den Vergewaltigungen, von den Rasiermessern, vom kochenden Wasser. Ich habe die Berufung geschrieben; das Verfahren ist noch im Gange. Sicheres Drittland Herr K. aus Pakistan war Mitglied der PPP (Pakistan People’s Party) der Ministerpräsidentin Benazir Bhutto. Nach dem Putsch der Militärs und der Muslim Liga 1991 mußte er fliehen. Sein Asylantrag wurde vom Innenministerium soeben abgelehnt. Einzige Begründung: Er ist über Rumänien geflohen und hielt sich dort zwei Wochen auf. Wäre er doch dort geblieben! Die Wahrheit: Herr K. war mit fünf anderen Flüchtlingen aus Pakistan auf dem Bukarester Flughafen gelandet. Sie alle wurden noch am Flughafen, bei der Zollund Paßkontrolle, festgenommen. Nur Herrn K. gelang die Flucht aus dem Flughafen. Die fünf anderen schoben die Rumänen - obwohl sie versuchten, Asylanträge zu stellen, und obwohl Rumänien die Flüchtlingskonvention unterschrieben hat - direkt nach Pakistan zurück. Rumänien ist für das österreichische Bundesasylamt ein sicheres Drittland. Herr K. jedenfalls konnte sich nach Österreich durchschlagen. Wir wenden uns nun an den Verwaltungsgerichtshof. Auch dieses Verfahren läuft. Abgeschoben Der Kurde Ensari G., den die türkischen Behörden mehrmals eingekerkert und gefoltert hatten, stellte am 13. August 1993 bei der Außenstelle des Bundesasylamts in Salzburg einen Asylantrag. Er wurde sofort verhaftet, sein Antrag am 23. August abgelehnt. Seine Betreuerin, Frau A., eine Mitarbeiterin von Amnesty International, brachte am 6. September Berufung ein. Aber schon am