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wenigen erhaltenen Originalbriefen nicht immer überein. Darauf weist Schulenburg in seinem Beitrag zum Sammelband Lebensbilder eines Humanisten ausdrücklich hin (S. 17), wie überhaupt das Fehlen eines — auch nur im Ansatz - kritischen Apparats sowie die nicht erfolgte Einarbeitung der 1992 von Traugott Krischke in den Lebensbildern nachgereichten und kommentierten Csokor-Horväth-Briefe den Wert der Reiterschen Ausgabe für die Exilliteratur-Forschung leider um einiges herabsetzen. Knapp 20 Beiträge enthält der von Schulenburg/Milletich edierte, übrigens sehr elegante Sammelband, darunter Beiträge von ausgewiesenen CsokorSpezialisten wie B. Brandys, H. Klauhs, P. Wimmer u. a. oder von Zeitzeugen aus Literatur und Kulturpublizistik. Das Anliegen liegt auf der Hand: den Herausgebern und Beiträgern geht es darum, das vielfältige Werk Csokors über seine bekannten Dramen wie 3. Buchzugänge Christian Cargnelli/Michael Omasta (Hg.): Aufbruch ins Ungewisse. Osterreichische Filmschaffende in der Emigration vor 1945, 2 Bande (Leseteil und Lexikon), 484 S., 6S 398,-. Unter dem Titel „Aufbruch ins Ungewisse“ veranstaltete „SYNEMA - Gesellschaft für Film und Medien“ von 8.-10. Oktober 1993 im Österreichischen Theatermuseum ein Symposium zur Emigration österreichischer Filmschaffender, konzipiert von C. Cargnelli und M. Omasta. Gleichzeitig wurde von der Viennale eine Filmschau zum selben Thema im Österreichischen Filmmuseum gezeigt. (Wird in MdZ noch besprochen.) \ Ferruccio Fölkel: Erzählung vom Jahre 5744. Racconto del 5744. Übersetzt und hg. von Primus-Heinz Kucher. Klagenfurt: Alekto Verlag 1993.100S. (Mnemosyne. 1). Hanns-Werner Heister/Claudia Maurer Zenck/Peter Petersen (Hg.): Musik im Exil. Folgen des Nazismus für die internationale Musikkultur. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch 1993. 523 S. 6S 234,Der vor kurzem erschienene Sammelband ist dem gesamten deutschsprachigen Musik-Exil gewidmet; die Vertriebenen aus dem Musikland Österreich nehmen darin einen bedeutenden Platz in Anspruch. November 1918 (1935) hinaus, dem allerdings dann doch vier Beiträge gewidmet sind, breiter auszuleuchten und, etwa durch unpubliziertes Material, neu zu bewerten. Kommt dabei auch manches zu kurz, z.B. Csokors Bemühungen um Büchner oder sein Wiedertäuferroman Der Schlüssel zum Abgrund (1955), auf den gerade nur Milo Dor in einem Nachruf aufmerksam macht, und zieht durch einzelne Beiträge ein ziemlich gravitätischer Ton, so ist das Zustandekommen dieser Publikation doch zu begrüßen. Beide Bände, die Briefe-Gedichte-Ausgabe Reiters wie die Lebensbilder, sind löbliche Anstrengungen, sich gegen Csokors langsames Verschwinden aus dem literarischen Diskurs zu stemmen. Wahrscheinlich unbeabsichtigt dokumentieren sie freilich auch die Notwendigkeit einer kritischen Edition, die uns endlich den ganzen Csokor, den Csokor in seiner Vielfältigkeit und Widersprüchlichkeit, in seinem fast schon zur Formel erstarrViktor Matejka: Das Buch Nr.3. Hg. von Peter Huemer. Mit einem Vorwort von Johannes Mario Simmel. Wien: Löcker Verlag 1993. 207 S. Enthält S.104-119 den aufschlußreichen Briefwechsel Matejkas mit Theodor Kramer, S.120-131 das „Stegreifreferat“, das Matejka 1984 bei der Tagung der Theodor Kramer Gesellschaft („Theodor Kramer und die Arbeiterkultur“) in Niederhollabrunn gehalten hat. (Wird in MdZ noch besprochen.) Jean-Jacques Pollet (Ed.): Leo Perutz ou L’Ironie de L’Histoire. Rouen: Publications de l’Université de Rouen 1993. 112 S. (Centre d’Etudes et de Recherches Autrichiennes. Etudes Autrichiennes n 2). Perutz, dessen gesamtes Werk ins Französische übersetzt ist, gilt in Frankreich als „l’un des romanciers les plus imaginatifs de ce siecle“. Im Österreichischen Kulturinstitut in Paris fand 1991 ein Kolloquium statt, dessen Ergebnisse nun vorliegen und Perutz-Exegese auf hohem Niveau vorführen. (Beiträge von Brita Eckert, Werner Berthold, Michel-Frangois Demet, Evelyne Jacquelin, Jan Christoph Meister, Hans-Harald Müller, Jean-Jacques Pollet). Verbannt aus Österreich. Österreich, seine „verbrannten Dichter“, ihre Behandlung nach 1945 und unsere sogenannte kulturelle Identität. Hg. von Peter Mitterhuber. Wien: Antifaschistisches Perso21 ten ‚tapferen Humanismus’ wie in seinem konservativen Formbewußtsein und nicht zuletzt auch in seinem anarchischen Experimentismus präsentieren würde, eine spannende Widersprüchlichkeit, die in Freundschaften ihren Ausdruck fand, in der frenetischen Suche nach einer adäquaten Dramatik oder in zahlreichen, bis heute meist noch unveröffentlichten Reden, Essays und Exposés. - Primus-Heinz Kucher Franz Theodor Csokor: Auch heute noch nicht an Land. Briefe und Gedichte aus dem Exil. Hg. von Franz Richard Reiter, Wien 1993, Ephelant Verlag, 360 S., 6S 298.Franz Theodor Csokor 1885-1969. Lebensbilder eines Humanisten. Hg. von Ulrich N. Schulenburg unter Mitarbeit von Helmut Stefan Milletich. WienMünchen 1992, Löcker-Sessler-Verlag, 203 S., öS. 298,nenkomitte Wien-Landstraße (A-1030 Wien, Lechnerstr.2-4) 1993. 22S., 6S 50,(Broschiire). Ein sehr lebendig wirkender Versuch, das Gedenken an die Biicherverbrennung 1933 mit Problemen der Gegenwart zu verbinden. Der Umgang mit den Vertriebenen wird zum Maßstab der Kultur. Eine wirkliche Rezeption der Exilliteratur scheint nur im Kontext eines aktuellen antifaschistischen Engagements möglich. - Die Broschüre ist eine gute (nicht ganz fehlerfreie) Einführung in das Problemfeld Exil- und Widerstandsliteratur. Adi Wimmer (Hg.): Die Heimat wurde ihnen fremd, die Fremde nicht zur Heimat. Erinnerungen österreichischer Juden aus dem Exil. Mit einem Vorwort von Erwin Ringel. Wien: Verlag für Gesellschaftskritik 1993. 236 S., öS 248,Der Band enthält Interview-Statements von 1938 aus Österreich wegen ihrer jüdischen Herkunft Vertriebenen. Der Schwerpunkt ist auf die Stellungnahme zum heutigen Österreich gelegt: die Gründe, nicht zurückzukehren, die Besorgnisse über das Fortbestehen des Antisemitismus, Angezogenheit und Abstoßung durch die ehemalige Heimat. Die von A. Wimmer Befragten unter ihnen Ernst Gombrich, Benno Weiser Varon, Lisa Fittko, Stella Rotenberg, Peter Heller, Paul Selkowitsch, Richard Berczeller, Harry Zohn, Georg Weidenfeld äußern sich sehr skeptisch.