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22 1990 . „ITanzend auf einem Bein. Gedichte 1939-89“ erscheint. 1991 Der von Helga Verkauf und W. VerkaufVerlon gestiftete Preis für antifaschistische österreichische Publizistik des DÖW wird erstmals vergeben (an Herbert Exenberger). 1992 „Montage-Resonanzen“ (mit einer Bibliographie der Sekundärliteratur) erscheint, herausgegeben von Dieter Schrage. 1993 Übernimmt Organisation und Forschungsarbeit für eine Ausstellung „verfolgte und vertriebene österreichische Kunst 1938 — 1945“. 1994 12. Februar: Willy Verkauf-Verlon stirbt in Wien an einem Herzinfarkt. Zusammengestellt von Kaiser Hubert Adolph Seine Arbeiten sind überall Rufer und Mahner Ich wurde gebeten, aufgefordert, über Willy Verkauf als bildenden Künstler zu sprechen. Es fällt mir nicht ganz leicht, dies zu tun, wissen wir doch alle sehr viel von ihm. Die bildende Kunst ist die letzte Sparte, die er ergriffen hat, er hat sie, wie wir schon gehört haben, als Zweiundvierzigjähriger begonnen und fünfunddreißig Jahre, bis eben zu seinem Tod, gepflegt. In dieser Zeit sind rund 600 Collagen und 400 Gemälde entstanden, die im Werkverzeichnis registriert sind. Daneben noch eine ganze Menge anderer, kleinerer Arbeiten. Wenn wir diese Zahl nehmen, allein die registrierten, von ihm besonders geschätzten Werke, also über 1000, dann können wir das durch die 35 Jahre dividieren und sehen, wie viel und wie fleißig er geschaffen hat. Und das alles neben seinen anderen Schöpfungen, sei es in der Literatur oder in seiner politischen Arbeit oder in der Verlegertätigkeit. Der Weg, den er beschritten hat, ist ein relativ einfacher, sie haben schon gehört, daß er in der sozialistischen Jugendbewegung Plakate und Anschlagtafeln gemacht hat und damit das erste Mal seine geschickten Hände und sein gutes Auge unter Beweis stellen konnte. Dasselbe tat er dann später als Verleger, wenn er irgendwelche Titel, Umschläge herstellen mußte. Und erst spät, eben mit zweiundvierzig Jahren, hat er versucht, einmal allein, künstlerisch, vollkommen frei von irgendeiner Anwendung, eine Collage zu machen. Die Entwicklung ging nun relativ einfach: zuerst wurde alles geklebt und später kam immer mehr Farbe dazu; die Farbe verdrängte, wenn man das so nennen darf, die Collage allmählich, so daß Gemälde entstanden. Abwechselnd schuf er Collagen und Gemälde. Der Dadaismus spielte für ihn eine ganz besondere Rolle, und ich möchte hierfür, wieder etwas vereinfachend, zwei Gründe nennen: der eine ist, daß die Technik, die im Dada Anwendung findet, sehr ähnlich seiner Arbeitsweise war; viel wichtiger aber, so glaube ich, ist der andere — der geistige Hintergrund, der Wunsch nämlich die alte Gesellschaft, die leeren Formen, den Kapitalismus, abzuschütteln und hin zu einer neuen sozialen Ordnung zu streben. Das hat Willy Verkauf bestimmt mehr als alles andere angesprochen. Er schuf seine Collagen nicht der reinen Optik, der Ästhetik wegen, sondern Artistik und Thema, Inhalt des Dargebotenen sollten gleichwertig sein, wenn nicht sogar das Thematische vor das Künstlerische gestellt werden sollte. Wie können wir das Technische, das Artistische vielleicht ganz kurz charakterisieren? Es mußte aussagekräftig sein, denn er hat ja die bildende Kunst herangezogen, um seine geistige Einstellung, seine Weltanschauung, seine Predigt durch dieses andere Medium vorzutragen. Es war also expressiv, es war abstrahierend, es gab viel Symbolhaftes und darin auch wiederum Surreales. Er wählte die kleinen Teilchen, die man zusammensetzen Konnte, und die garnicht wie ein Gemälde etwas Verbindliches haben, sondern hier dem Menschen nebeneinander verschiedene Fakten vorsetzten. Wenn wir uns dem Thematischen zuwenden, dann wissen wir, daß er ein Mahner sein wollte, daß er ein Rufer sein wollte. Und die Frage ist, gibt es eine solche Tradition in der bildenden Kunst, vielleicht gar in unserer unmittelbaren Heimat? Da möchte ich darauf hinweisen, daß dieses Moralisieren eine „Urwiener“ Eigenschaft ist. Denken sie bitte an die Sittenmalerei des Wiener Biedermeier, nirgends auf der Welt gibt es diese Kunstrichtung; ich darf hier einige Bilder nennen, die, glaube ich, geistig sehr viel mit Willy Verkauf zu tun haben könnten, etwa von Danhauser „Die Testamenteröffnung“, oder „Der reiche Prasser“, oder von Waldmüller „Die erschöpfte Kraft“. Das ist ein Bild, das in doppelter Hinsicht aufmerksam macht: einerseits sagt es: „Beutet die Kraft eines