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Elfriede Engelmayer gebrannt“ Als am 10. Mai 1933 in deutschen Städten Bücher verbrannt wurden, ging auch die Anthologie des Malik-Verlags Dreißig neue Erzähler des neuen Deutschland in Flammen auf. Herausgegeben und eingeleitet von Wieland Herzfelde, wurde das Buch „unfreiwillig, zum letzten literarischen Dokument im Kampf um ein breites antifaschistisches Bündnis sozialistischer und bürgerlicher Schriftsteller am Vorabend des Faschismus in Deutschland.“ ! Wieland Herzfelde hatte 1917 mit seinem Bruder John Heartfield und einigen anderen in Berlin den Malik-Verlag gegründet, der während der Zeit der Weimarer Republik und auch noch danach eine hervorragende Vermittlerrolle für deutsche und internationale sozialistische Literatur einnahm. Über Malik gewannen deutschsprachige Leser Zugang zu den Werken Gorkis, Ilja Ehrenburgs, Isaak Babels, Majakowskis und Sergej Tretjakows. Im Malik-Verlag erschien auch die Gesamtausgabe der Werke Tolstois. Die 1929 edierte Anthologie Dreißig neue Erzähler des neuen Rußland wurde ein solcher Erfolg, daß sie bis 1931 in mehreren Auflagen, stets leicht verändert, herauskam. Wie Herzfelde in der Einleitung zu Dreißig neue Erzähler des neuen Deutschland schreibt, hatte für den Band der russischen Erzähler die Revolution selbst die Auslese getroffen. Die Kriterien, nach denen aus über tausend Einsendungen die Beiträge für die Anthologie der deutschsprachigen Erzähler ausgewählt werden sollten, mußten andere sein. Vor dem Hintergrund des drohenden Faschismus sollten die Erzählungen den ,, Willen zur Veränderung der Welt wecken oder vertiefen“ ?. „Dabei erhebt die Sammlung“, wie Herzfelde schreibt, „durchaus den Anspruch, künstlerisch gewertet zu werden. Denn ebensowenig wie Inhalt und Form lassen sich Wille und Wirkung voneinander trennen. Reagiert der Leser im Sinn des Autors und ist die Absicht des Autors zu bejahen, so liegt eine künstlerische Leistung vor. Und zwar nur dann. (...) Gewiß, es gibt auch viele Tendenzen, doch nur eine ist bejahenswert, die Tendenz des Lebens, und das ist heute: die soziale Revolution.“ Da der Sozialismus die Staatsgrenzen, nicht aber die Sprachgrenzen aufhebe, fänden sich ih der Anthologie der deutschen Erzähler unter anderem auch Österreicher. Es sind vier, die noch auf dem Territorium der österreichisch-ungarischen Monarchie geboren wurden: Ernst Fischer, Andreas Latzko, Veza Magd und Franz Carl Weißkopf. Zumindest zwei von ihnen, Ernst Fischer und Veza Magd, optierten nach dem Zusammenbruch der Monarchie für die Republik Österreich. Von Ernst Fischer, uns heute bekannt als einer der geistigen Väter des Prager Frühling existiert eine noch immer nicht abgeschlossene Gesamtausgabe seiner Schriften im Sendler-, bzw. Vervuert-Verlag, die ihn uns als einen unorthodoxen vielseitigen Denker von großer Sprachgewalt zeigt. In der Malik-Anthologie ist Fischer mit der Erzählung „Der große Tag des Blasius Schoberlechner“ vertreten, die in dem Psychogramm eines Täters, des Polizeibeamten Schoberlechner, die Ereignisse des 15. Juli 1927 in Wien kommentiert. Anhand dieses atemberaubenden Textes ließe sich die Frage nach den Beziehungen zwischen Literatur und Politik im Österreich der 1. Republik neu stellen. Leider wurde er meines Wissens in der Literaturkritik über diese Zeit nie berücksichtigt*, obwohl er im 1. Band der Gesamtausgabe Kultur Literatur und Politik’ und auch im Reprint der MalikAnthologie von 1983 aufscheint. Als Barbel Schrader, die Verfasserin des Vorworts zur DDR-Neuauflage von DreiPig neue Erzähler des neuen Deutschland, die Lebensdaten der Autoren suchte, konnte sie keine Informationen zu Veza Magd finden. Diese hatte, nicht zuletzt durch die selbstironische Art, in der sie ihre Kurzbiographie fiir die Anthologie abfaBte, selbst mögliche Spuren verwischt. Es hätte da 25 schon fast kriminalistischen Spürsinns bedurft, das Geheimnis ihrer Identität zu lüften, und Ernst Fischers Autobiographie Erinnerungen und Reflexionen® von 1970 war wohl in der damaligen DDR nach seiner Erklärung zur Persona non grata kaum zugänglich. Die Erzählung ‚‚Geduld bringt Rosen“ , die Veza Magd an den Malik-Verlag geschickt hatte, war schon zwischen dem 14.8. und 22.8. 1932 in der Wiener Arbeiter-Zeitung unter demselben Pseudonym in Fortsetzungen gedruckt worden, und Ernst Fischer, mit Veza Magd befreundet, mag sie selber auf das Projekt der Anthologie hingewiesen haben. “Geduld bringt Rosen“ stellt nicht ihr literarisches Debüt dar. Am 29.6. 1932 war in der Arbeiter-Zeitung schon die Erzählung „Der Sieger“ unter dem Pseudonym Veza Magd veröffentlicht worden. Die Leser der Malik-Anthologie konnten dem biographischen Anhang entnehmen, daß Veza Magd 1897 in Wien geboren war, als Lehrerin gearbeitet hatte und sich durch Stundengeben und Übersetzungen durchschlug. Sie erwähnt einen Kaspar Hauser-Roman (der verschollen ist) und den Roman Die Genießer, der in der Arbeiter-Zeitung erscheinen sollte, aber gleichfalls verloren ging. Die Erzählung ‚‚Geduld bringt Rosen“ muß den Kriterien Wieland Herzfeldes entsprochen haben, der als Motto seinem Vorwort ein Zitat Upton Sinclairs voranstellt: ,,Die Ideale der revolutionären Arbeiterschaft sind mit denen des wirklich schöpferischen Künstlers identisch.“ “Geduld bringt Rosen“ findet sich unter den Texten des ersten Themenkreises, der von der „sozialen ’Ordnung’ zerbrochene Existenzen“” schildert: die reiche Familie Prokop, bestehend aus Mutter, Tochter Tamara, Sohn Bobby und einer verwaisten Nichte namens Ljubka, flieht vor dem Sturm der russischen Revolution in den Westen und läßt sich standesgemäß in Wien nieder, wo sie eine prächtige Etagenwohnung mit allem Komfort beziehen kann, nachdem sie die nach Wertgegenständen suchenden Grenzbeamten übertölpelt hat. Daß das mittellose Waisenkind dabei bewußt durch diesen Plan in Todesgefahr gebracht wurde, bestimmt schon vom Beginn der Erzählung an den Stellenwert dieses einzigen Lebewesens in der Familie, das nur als billige Arbeitskraft für die Prokops von Interesse ist. Während die Mutter allmählich die Leitung der Familie ihrer geldbesessenen Tochter überläßt,