6 Vgl. Anm. 4.
7 Jakov Lind: Selbstporträt. Frankfurt: Fi¬
scher 1970.
8 Erika Wantoch: Versteckt im eigenen Ge¬
hirn. In: Profil 26, 29.6. 1981.
9 Silke Hassler: Was der Magen verträgt. Ein
Gespräch mit Jakov Lind. In: Die Presse (Spek¬
trum), 7./8.1.1995.
10 Vgl. Anm. 4.
11 Vgl. Anm. 4.
12 Vgl. Anm. 8.
13 Jakov Lind: Eine Seele aus Holz. Erzählun¬
gen. Neuwied: Luchterhand 1962.
14 Jakov Lind: Eine bessere Welt. In fünfzehn
Kapiteln. Berlin. Wagenbach 1966.
15 Jakov Lind: Über Deutsch gesprochen. In:
Deutsche Bücher 2, 1975.
16 Jakov Lind: Interview mit mir selbst. (Un¬
veröffentlichtes Mauskript).
17 Vgl. Anm. 14.
18 Vgl. Anm. 15.
19 Dieter Schmidt: Die Ansichten eines Provo¬
kateurs.In: Deutsche Post 8, 1964.
20 Vgl. Anm. 15.
21 Unveröffentlichtes Gedicht: ‚„‚Khasarische
Melodie“.
22 Jakov Lind: Reisen zu den Enu. Wien, Ber¬
lin: Medusa 1983.
23 Jakov Lind: Anna Laub. Neuwied: Luchter¬
hand 1965.
24 Jakov Lind: Die Heiden. Neuwied: Luchter¬
hand 1965.
25 Jakov Lind: Nahaufnahme. Frankfurt: Fi¬
scher 1972.
26 Vgl. Anm. 15.
27 Vgl. Anm. 26.
28 Jakov Lind: Deutsche Geschichte zwischen
halbneun und halbfünf. Einige Seiten Frank¬
furter Tagebuch. In: Die Welt, 4.4.1964.
29 Jakov Lind: Brief aus London.
30 Jakov Lind: Meditationen aus der Perspek¬
tive eines Outsiders. In: Ich lebe nicht in der
Bundesrepublik, hrsg. v. Hermann Kesten.
München: List 1964, S. 98-101.
31 Jakov Lind: Tagebuchnotizen zu einem
Film. In: Brennpoint Österreich, hrsg. v. Man¬
fred Wagner. Wien: Europaverlag 1976, S. 41¬
51.
Am 25. Oktober 1994 fand im Jüdischen
Museum der Stadt Wien eine Ehrung Paul
Grüningers (vgl. MdZ Nr.4/1993, 5.10f.)
statt. Außer Ruth Roduner-Grüninger, der
Tochter Paul Grüningers, sprachen Stefan
Keller, Verfasser des Buches ,,Griiningers
Fall“, und Konstantin Kaiser. Paul Gross,
Präsident der Israelitischen Kultusgemein¬
de, verlieh Grüninger posthum die Ehren¬
medaille der jüdischen Gemeinden in
Österreich. Die Veranstaltung kam auf In¬
itiative Sophie Habers, die 1938 von Paul
Grüninger gerettet worden war, zustande.
weile und Ekel“ und erfährt es als für ihn „verschlossen durch Grenzen, Visa,
Arbeitserlaubnis, Geld, Wohnung.“
Wien blieb die einzige Stadt, wo man nicht leben ließ; ob es mir nun paßte oder nicht,
und ob man freiwillig oder nicht, lebte in dieser schalldichten Gummizelle einer
Verriicktenanstalt, in. der schließlich jeder allein und bettelarm landet, um seine Strafe,
die ihn am Tage des Jüngsten Gerichtes erwartet, zu überlegen. Eine Stadt, die ihre
materiellen Mängel zu spirituellen Offenbarungen erhebt, ist eine mystische Stadt, die
mit mienalisuher Grausamkeit belehrt, daß es weder eine Hoffnung noch eine Zukunft
gibt."
IV. „Ich bin fremd hier, ich vertrete kein Land“
In diesem Land stinkt es noch immer nach Gas und Pulver und längst verwesten Juden.
Ein Geruch, der sich bis jetzt durch kein Monument übermauern und keinen Schuld¬
spruch beschwören ließ. Die Kuchen des viel verhöhnten Wirtschaftswunders soll man
in Frieden verzehren, nur eins soll man nicht: den Mund dabei aufreißen, damit die
Krümel und das Halbzerkaute nicht die weißen Hemden beschmutzen ... Wenn sie nicht
zufällig im Gefängnis sind, im Krankenhaus oder auf Urlaub, sind die Mörder natürlich
unter uns. Wo sollten sie denn sonst sein?”
Der Abschied vom Kontinent war für Jakov Lind eine ganz bewußte Entscheidung,
er verließ Wien 1954 und ging nach London. Es wäre nicht korrekt, ihn als ‚‚Emi¬
granten“ zu bezeichnen, ,,Kosmopolit“ ware schon viel besser. Er selbst bezeichnet
sich als ,,einer der wenigen oder vielleicht der einzige Österreicher, der englisch
schreibt. Ich bin in London, New York und Mallorca zu Hause und auch in Israel, Wien
und Amsterdam.“
Ich will nicht in Kontinentaleuropa leben, ich besuche es gerne, aber ich will eure
Sorgen nicht haben. Ich will diese ganze Bedrängnis nicht spüren. Ich wollte da einfach
raus. Das hat mir eine ungeheure Freiheit gegeben «30
Seine Beziehung zu Osterreich beschreibt er als ,,Bindung durch Gemiit, Witz und
Sprache“:
Einer wie ich, der Österreich nur hie und da und selten länger als ein paar Tage
alle zwei oder drei Jahre sieht, kann zwar sein Deutsch vergessen, sein Österreichisch
verlernt er nie. Das Land, die Leute, der Staat, die Politik, all das kann einem mit der
Zeit ‘wurscht’ werden. Der Gemütszustand aber, das fast nicht Sagbare, bleibt noch
nach 38 Jahren und geht einfach nicht weg. Ich brauche nur in Schwechat oder am
Westbahnhof auszusteigen oder von Zürich zum Ring zu fahren. Spätestens in der
Mariahilfer Straße geschieht es: Ich brauche mir nur die Leute anzusehen, die sich die
Schaufenster anschauen, und ich bin wieder ganz daheim im Land der Melancholie.
Zum Weinen kein Grund, zum Lachen kein Anlaß."
Ein paar Worte über meinen Vater Paul
Grüninger
Am 6. April 1944 wurde das jüdische Kinderheim im französischen Dorf Izieu auf
Geheiß des Gestapo-Chefs Klaus Barbie durch ein SS-Kommando überfallen. Für alle
Bewohner des Heimes - 44 Kinder im Alter von 4— 17 Jahren und sieben Betreuerinnen
und Betreuer — war das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau die Endstation.
Die zwei- bis dreitausend jüdischen Flüchtlinge, die 1938 nach dem „Anschluß“
Österreichs bei Diepoldsau den Alten Rhein überquerten, um in die Schweiz zu
gelangen, wären dem sicheren Tod ausgeliefert gewesen, hätte Paul Grüninger damals
die Vorschriften aus Bern befolgt und die Leute über die Grenze zurückgewiesen. Oft
spielten sich herzzerreißende Szenen ab, wenn man den sich nach langem, mühsamem
Fluchtweg endlich in Sicherheit glaubenden Menschen mitteilen mußte, daß sie nicht
in unserem Land bleiben könnten. Mein Vater, dem als Polizeihauptmann des Kantons
St. Gallen das Flüchtlingswesen übertragen worden war, brachte es nicht übers Herz,
die Betroffenen ins Elend zu stürzen. Als man in Bern davon erfuhr, wurden schärfere
Vorschriften erlassen. Ab dem 18. August 1938 mußten sämtliche neu ankommenden
Emigranten rücksichtslos zurückgewiesen werden. Es kam dann vor, daß von der