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Es ging also um die berufliche Existenz des Verlegers Otto Müller. Aus dem Gestapogefängnis heraus schrieb Otto Müller eine 19seitige, engstbeschriebene Stellungnahme und legte insgesamt 14 Dokumente bei, die ihn den NS-Behörden gegenüber entlasten sollten. Seine Darstellung ist nicht nur eine penible Zusammenfassung aller nur erdenklichen Argumente gegen die geplante Vernichtung seiner Verlegerexistenz, sondern zugleich ein aufschlußreiches Dokument über die Verflechtungen und institutionellen und ideologischen Abhängigkeiten im Literaturbetrieb der 30er und 40er Jahre. Otto Müller will den Nationalsozialisten gegenüber guten Eindruck machen, indem er mit seiner „gesamtdeutschen” Gesinnung argumentiert, ohne freilich seine katholisch-religiöse Überzeugung aufzugeben. Gerade diese Einheit von „Abendländisch-Christlichem” und ,,Gesamtdeutschem” war eine der Säulen des verlegerischen Erfolges während der sogenannten ‚‚vaterländischen Zeit” vor 1938 gewesen. Den neuen nationalsozialistischen Herren und Machthabern ging es nicht nur um Ideologisches, sondern jedenfalls auch, vielleicht sogar vordringlich um die Aneignung der Verlags-Wertbestände. An die Reichsschriftumskammer Abteilung III /Buchhandel Leipzig C 1 Deutsches Buchhändlerhaus 27. Juni 1940 ... Es ist heute, zwei Jahre nach der Heimkehr der Ostmark nicht ganz leicht, sich über die verlegerische Arbeit vor dem Anschluss ein gerechtes, zutreffendes Urteil zu bilden. Ich will hier nicht mein eigener Anwalt sein, sondern Ihnen nahe legen, sich eine Beurteilung meiner Arbeit und meiner Haltung von Männern geben zu lassen, mit denen mich jahrelange Zusammenarbeit und Freundschaft verbindet und denen auch Sie Ihr Vertrauen nicht entziehen können. Es ist der als „Wiener Freundeskreis“ bezeichnete Zusammenschluss von Persönlichkeiten, denen die Verwirklichung gesamtdeutscher Ziele und Aufgaben erste und innerste Lebensaufgabe ist. Der verstorbene Minister Wilhelm Wolf vermag leider nicht mehr zu sprechen; dass seine Witwe als Vermächtnis ihres Mannes sein letztes Werk „Hundert Jahre Oesterreich“ meinem Verlag anvertraute und damit die Verbundenheit ihres Mannes mit mir zum Ausdruck brachte, wollen Sie sich von ihr selbst bestätigen lassen (Adresse: Frau Bertha Wolf. Wien I. Hofburg, Marschallstiege IV/40). Nicht versagen wird Ihnen ein solches Urteil Minister GlaiseHorstenau (Wien XII. Grünbergstr. 9), Univ.Dozent Pg. Dr. Taras v. Borodajkewycz, Referent im S.D. Wien (Wien 56, Münzwardeingasse 7). Pg. Schriftleiter Dr. Böhm (Wien 117, Nusswaldgasse 12), der zusammen mit Dr. Borodajkewycz Anreger und Initiator zu dem von Srbik-Nadler von mir herausgegebenen Sammelwerk „Oesterreich. Erbe und Sendung im deutschen Raum“ ist. Gerade dieses Werk löste gegen mich als Verleger eine offene Kampagne aus mit dem Ziel, mich als ‚„‚naziverdächtiger Reichsdeutscher“ als untragbar für Oesterreich auszuweisen. Der damalige Kulturreferent der Deutschen Gesandtschaft Wien, Haeften, mit dem ich in ständiger Fühlungnahme stand, vermag gerade darüber Sie Interessierendes auszusagen, aber darüber hinaus auch über den Verlag und mich selbst ein gültigeres Urteil zu geben als jenes, das man mit vorgefasstem Ergebnis Ihnen jetzt über mich zuleitete. Wenn ich den dem gesamtdeutschen Gedanken dienenden Teil der Verlagsarbeit hervorgehoben habe, dann sollten die anderen Arbeitsbereiche, vorab die des religiösen Schrifttums, nicht zurückgedrängt werden. Gerade als Leiter eines Österreichischen Verlages war mir die Vereinigung des Arbeitsbereiches grossdeutscher Aufgaben mit jenem eines religiösen Schrifttums eine innere Forderung, unbekümmert um die oberflächliche Beurteilung Aussenstehender. Den Schuschnigg-Leuten Oesterreichs war ich der deutschen Aufgaben und Haltung wegen der auszuweisende „Nazi“, den politisch versippten Klerikalen meiner Bemühungen wegen um ein lebendiges, wesenhaft religiöses Schrifttum, das den traditionellen Rahmen einer im Wesen unreligiösen Verkalkung auf diesem Gebiet zu sprengen trachtet, ein Ketzer, und den Vertretern der Weltanschauung Rosenbergs im Reich, vom Schlag eines Will Vesper, ein ,,schwarzer Hund“, der ,,Gift fiir den Nationalsozialismus über die Grenze schmuggelt“. — Lassen Sie sich die richtige Wertung von jenen Herren sagen, die ich anführte. Vorweg nehmen möchte ich aber meine eigene Behauptung, dass meine verlegerische Arbeit um die Verwirklichung grossdeutschen Gedankengutes in Österreich, um das Bewusstwerden der geistigen Zusammengehörigkeit beider Brudervölker, einen wesentlicheren Beitrag hierzu darstellt und einen stärkeren persönlichen Einsatz erforderte, als der mancher Illegalen, die damals nur unter strengstem Siegel‘der Verschwiegenheit ihre Mitgliedschaft erklärten, ansonst aber fest das Abzeichen der Vaterländischen Front trugen und sich dort aktiv betätigten, heute aber, da es keine Gefahr mehr bedeutet, sich nicht wichtig genug Abschrift des Schutzhaftbefehls gegen Otto Müller Schutzhaftbefehl der Geheimen Staatspolizei, Salzburg. Zeichen ITV/C 2, Haftnummer 8.267 Betrifft: Otto Müller, Verleger, Salzburg, Nonnberggasse 11 Grund: Die Verhaftung erfolgte, weil er die verbotenen Druckschriften des aufgelösten ,,seraphischen Liebeswerkes“ versandt hat und in den Verkehr gebracht hat. Das Verhalten ist geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung zu den Anordnungen des Staates zu erschüttern und gibt ausserdem, unter Berücksichtigung der staatspolitischen Gesinnung des Genannten zu der Befürchtung Anlass, dass er in Freiheit seine Tätigkeit fortsetzt. Gezeichnet: i.A.Heydrich. Gelt, das verfprecht ihr uns Glückwunfchbringern ? Denn „an Gottes Segen ift alles gelegen!" haben ung fehon fahren wollen wir gewiß in Ehren halten. 3u den vielen fchönen Sejten, die das neue Jahr ung wieder bringt, feht euch gut an, was ihr in diefem Rae lender dazu verzeichnet findet. Wie die Blumen und Bögel, wie die großen Berge und die munteren Bädfein unferer herrlichen deutfchen Heimat und mehr noc) als diefe alle gufammen, wollen biefe Fefte uns erzählen vom Gott Bater, bem Schöpfer aller Dinge. Freilic) Hirt all diefes Walten Gottes nur derjenige von euch, der ein ftreues Herz und feine Ohren dafür hat. Darum raten wir euch: gebt fein acht, wenn in der Kinder= ; andacht oder bei der hi. Meffe, oder beim Religionsunter> richt vom lieben Gott die Rebe ift. Horcht felbft, wenn ihr an einem Gotteshaus vorbeikommt, was Iefus in eurem Herzen zu euch) fpricht. — ,,Sefus, ich grüße Dich! Segne mich!" fagen die Kinder in unferer Heimat, wenn fie an der Kirche vorbeikommen. Und ic; glaube, darum haben fie aud) das ganze Jahr fo frohe, helle Augen. Dak es auch euch allen fo geht, daß nicht nur eure Aus gen fpigbiibifd) fadjen, fo wie die von Puck und Muck, fondern auch euer. Herz fröhlich, ift und "keine dunklen. Schatten kennt, dab ihe in Treue euren Eltern ergeben bleibt, aber auch unferem. saterland in Ichmerer Zeit und feinem Führer, bas_ift unfer_ Neyiahramunid. 39