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„Frauen im Exil“ Die Erforschung des Exils der Jahre 1934 - 1945 hat in Österreich verhältnismäßig spät eingesetzt. „‚Österreicher im Exil“ war 1975, vor zwanzig Jahren, das erste größere Symposium. Damals war kaum eine Wissenschaftlerin oder ein Wissenschaftler aus Österreich imstande, über eine literarische oder politische Figur des Exils zu referieren. Erst seit Beginn der 80er Jahre hat sich die Situation geändert. Eine Geschichte des österreichischen Exils und der österreichischen Exilliteratur ist freilich immer noch nicht geschrieben, die große Exil-Ausstellung hat auch nie stattgefunden, und einen Reprint einer österreichischen Exilzeitschrift wird man vergebens anfordern. Angesichts der nicht und nicht zu schließenden Forschungslücken ist offenbar niemandem aufgefallen, daß von den Frauen im Exil nie die Rede war. Das Symposium ,,Frauen im Exil“, 19.-22. Oktober 1995 (das Programm war MdZ Nr.2/1995 beigelegt), ist eine österreichische Premiere. In der Geistesgeschichte ist bekanntlich das Vergessen zuhaus — und der Kampf mit ihm. Im Kampf wird zwischen wichtig und unwichtig unterschieden, nicht nur nach ästhetischen, sondern auch nach geschlechtsspezifischen Kriterien. Die Kriegsberichterstattung zeigt uns Flüchtlingsscharen: Frauen und Kinder; in den Büschen, in den Flugzeugen sitzen Soldaten, und bei den Friedensverhandlungen Anzüge. Es ist wichtig, daß die Frauen um ihre kulturellen und politischen Traditionen wissen — sie sind Voraussetzungen für einen gegenwärtigen Zusammenschluß. Siglinde Bolbecher, Renate Göllner, Veronika Schallhart, Beate Schmeichel-Falkenberg, die das Symposium ‚Frauen im Exil“ vorbereiteten, haben ein wahrhaft interdisziplinäres Programm konzipiert, in dem der Frage nachgegangen wird: Wie wurden die emanzipativen Ansätze der 20er und 30er Jahren von den ins Exil gejagten Frauen bewahrt, weitergeführt, fortgeträumt? Nicht sollen den berühmten „Männerbüsten“ weibliche Pendants entgegengesetzt werden — im Mittelpunkt steht vielmehr die Darstellung und Analyse weiblicher Lebenszusammenhänge, geprägt durch rassistische Verfolgung und Vernichtung, durch Widerstand und Exil. Das Exil wird im Zusammenhang betrachtet, nicht nach Berufsgruppen sortiert. Es genügt auch nicht, Sekundärliteratur zu produzieren. Daher die das Symposium begleitenden Veranstaltungen, in denen sich verschiedene Kunstgattungen, Malerei, Ballett, Literatur, treffen, wie auch in dieser Nummer der MdZ. Österreichische Schriftstellerinnen, in der NS-Zeit verfolgt, vertrieben, ermordet: Helen(e) Adolf, Paula Arnold, Franzi Ascher-Nash, Eva Aschner, Anna Helene Askanasy, Grete Auer, Rose Ausländer, Ilsa Barea, Vicky Baum, Maria Berl-Lee, Elsa Bernstein, Lola Blonder, Klara Blum, Ida Bock-Stieber, Netti Boleslav, Käthe Braun-Prager, Edith Bruck, Veza Canetti, Tilla Durieux, Bertha EcksteinDiener, Bettina Ehrlich, Ruth Selke Eissler, Nelly Engel, Else Feldmann, Anneliese Felsenstein, Hanne Fischer, Martha Florian, Elisabeth Freundlich, Marie Frischauf, Grete Frischer, Hanna Fuchs, Kitty Gans, Anna Gmeyner, Mimi Grossberg, Lili Grün, Alice Gurschner, Henriette Haill, Irene Harand, Mela Hartwig, Alice Herdan-Zuckmayer, Stella Hershan, Alice Hirschfeld, Ilse Ester Hoffe, Gerda Hoffer, Else Hofmann, Martha Hofmann, Grete Horowitz, Elisabeth (von) Janstein, Else Jerusalem, Ina Jun-Broda, Martha Karlweis, Hedwig Katscher, Gina Kaus, Hedy Kempny, Ruth Klüger, Alma Johanna Koenig, Margarete Kollisch, Lili (Lilly) Körber, Ruth Körner, Berta Kraus-Rosen, Anna Krommer, Rusia Lampel, Maria Lazar, Auguste Lazar, Joe Lederer, Käthe Leichter, Maria Leitner, Maria Ley(-Piscator), Lina Loos, Anna Lothringer, Alma Mahler-Werfel, Grete Manschinger, Ruth von Mayenburg, Selma Meerbaum-Eisinger, Thekla Merwin, Erika Mitterer, Hilda Monte, Livia Neumann(-Szekely), Hertha Pauli, Margarete Petrides, Paula von Preradovic, Eva Priester, Tamar Radzyner, Stella Rotenberg, Helene Scheu-Riess, Alice Schwarz(-Gardos), Anna Sebastian, Annemarie Selinko, Rose Silberer, Hilde Spiel, Leonie Spitzer, Ruth Tassoni, Adrienne Thomas, Gertrude Urzidil, Salka Viertel, Susanne Wantoch, Julie Wassermann-Speyer, Ilse Weber, Margarete Weiskopf, Marie Weiss, Martina Wied, Hedda Zinner, Bertha Zuckerkandl, Hermynia Zur Mühlen, Friderike Zweig... INHALT Siglinde Bolbecher: Einen Untergang lang 5.3 Lina Loos: Wir Frauen S.5 Lisa Fittko: Brief aus Chicago S.6 Interview mit Lisa Fittko S. 6 Trude Waehner: Bilder und Dokumente 5.7 Marianne Kröger: Etta Federn- Schreiben als geistige Überlebensarbeit S.9 Veronika Schallhart: Besuch mit Bildern Alice Blum Mavrogordato S.13 Alice Penkala: Der Nußbaum meines Urgroßvaters S.14 Krista Scheuer-Weyl über Alice Penkala 5.14 Elisabeth Freundlich: Die im Lande blieben 8.16 Susanne Alge: Ein Salut für Elisabeth Freundlich S.16 Elisabeth Freundlich: Die Vernunft der Tater S.19 Doris Ingrisch: Frauen im Exil: persönliche und historische Notizen über einen Zugang S.19 Jarmila Weißenböck: Hommage an Hilde Holger S.21 Konstantin Kaiser: Anna Krommers Korrespondenz mit Theodor Kramer S.24 Susanne Kalmus: Ein Nachmittag des Mädchens Mona S.26 Stella Hershan: Das Geheimnis der Sachertorte geliiftet S.31 Eva Brück: Hintergründe §.32 Angelika Jensen: Sei stark und mutig — Die Bewegung Haschomer Hazair in Österreich 1903 bis 1943 S.34 Gedichte von Stella Rotenberg (S.1), Irene Neuwerth (S.4), Zitat aus einem Gedicht von Elfriede Gerstl (S.13), Theodor Kramer (S.24) Notizen, Berichte: Plädoyer für ein nicht gespieltes Stück (Barbara von der Lühe, 5.33), Österreichische Exilbibliothek im Literaturhaus Wien (U. Seeber, S.37), Carl Mayer-Drehbuchwettbewerb (S.44) Rezensionen über Bücher von Ruth Klüger (K.K., 5.38), Hans Veigl (P. Roessler, 5.39), H. O. Leichter (M. Wolfsberger, 5.40), Andre Stein (V. Vertlib, 5.40), Sabine Plakolm-Forsthuber (A. d’Auzers, S.41), George Weidenfeld (K.K., S.43); Buchzugünge 5.42