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1916 bis 1920 während der Zwanziger Jahre inreduziertem Ausmaß weiter, um angesichts der wachsenden Gefahr des Faschismus und Nationalsozialismus in den dreißiger Jahren wieder zu einer bedeutungsvollen und mitgliederstarken Jugendorganisation zu werden. Nach dem sogenannten Anschluß 1938 wurde der ”Haschomer Hazair” kurzfristig aufgelöst, bereits im Mai aber unter der Bedingung der forcierten Auswanderung seiner Mitglieder wieder zugelassen. Er gewann nun zunehmend für solche Jugendliche an Bedeutung, die überhaupt nicht zionistisch vorgebildet waren und durch die Mitgliedschaft im ” Haschomer Hazair” eine Möglichkeit für ihre Emigration sahen. Der ” Haschomer Hazair” existierte formell bis 1940 weiter. Seine Geschichte läßt sich schließlich durch einen Zeitzeugen, der heute in Wien lebt, bis zur Deportation und Ermordung der letzten in Wien lebenden Mitglieder 1942/43 verfolgen. Im Jahr 1945 formierte sich in den großen Flüchtlingslagern der ” displaced persons” in Oberösterreich und Salzburg wieder kleine Ortsgruppen des ” Haschomer Hazair”. Die offizielle Gründung nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte im Jahr 1949. Der ” Haschomer Hazair” ist heute die einzige säkulare jüdische Jugendbewegung in Österreich. Derzeit hat er etwa 80 Mitglieder zwischen acht und achtzehn Jahren. Die Jugendbewegung ”Haschomer Hazair” beeinflußte die Kinder und Jugendlichen bereits im Anfangsstadium ihrer Mitgliedschaft so stark, daß sie ihren Lebensmittelpunkt vollkommen in die Jugendgruppe verlagerten. Oft sehr zum Leidwesen ihrer Eltern,.die für sie eine bürgerliche Karriere in einem akademischen Beruf vorgesehen hatten. Die Folge waren vor allem Schulaustritte und kleinere und größere Familientragödien. Eine Frau, ehemaliges Mitglied sagte der Autorin einem Interview in Israel: ”Es hat mich gebaut. Die Bewegung hat mich mehr gebaut wie das Elternheim.” Und gerade diese Aussage ist das Motto fiir das vorliegende Buch. Wie sind die Herkunft, der Charakter, und Entwicklung einer Jugendbewegung, die einen Menschen formt und ihn/sie dazu motiviert, biirgerliche Geborgenheit und - wenn auch - trügerische ökonomische Sicherheit aufzugeben und sich in das Risiko der Übersiedlung in ein weit entferntes unbekanntes und damals noch karges Land zu stürzen? Angelika Jensen, geboren 1961 in Wien, studierte Geschichte in Wien und ist derzeit im Wiener Stadt- und Landesarchiv 36. tätig. Sie ist eine Nichte des Arztes, Schriftstellers und Journalisten Fritz Jensen. Ihr Beitrag beruht auf dem Referat, das sie anläßlich der Präsentation ihres Buches über die Haschomer Hazair am 3. Mai 1995 im Jüdischen Gemeindezentrum Wien hielt. Angelika Jensen: Sei stark und mutig. Chasak we’emaz — 40 Jahre jiidische Jugend in Osterreich am Beispiel der Bewegung Haschomer Hazair 1903 bis 1943. Wien: Picus Verlag 1995. 269 Seiten, 6S 298,-. u... Fay Vos: an © deln m da mas mich. 28 Bas Wrunab. genie. . wae \ Moods, St Ai ee ud Va. L& niga “. 82 srken Wu Ymumdl desk me. ren lesen Voubag ae 8 Gel ool on nen. Vena, a un en, nn yalaı in el Aal in Du N un... van Sound WOR rn RL ud. San, a \ ® : ee a. ote a mn a Yen han vata al : wo & 5 Berichte über Deportationen von Mitgliedern der Haschomer HazairGruppe in Wien 1942; überliefert in dem von der Gruppe geführten Stammbuch. Abbildung entnommen aus Angelika Jensens Buch. Literatur. Ben-Sasson, Haim Hillel (Hrsg.): Geschichte des jüdischen Volkes. Bd IH: Vom 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart (München 1980). Böhm, Adolf: Die zionistische Bewegung. Bd. 2: Die zionistische Bewegung 1918 bis 1925 (Jerusalem 1937). Bunzl, John: Der lange Arm der Erinnerung. Jüdisches Bewußtsein heute (Wien/Köln/Graz 1987). Der jüdische Wille. Zeitschrift des Kartells jüdischer Verbindungen 1 (1918). Doron, Jochaim: Classic Zionism and Modern Anti-Semitism: Parallels and Influences (1883 - 1914). In: Studies in Zionism 8 (1983), S. 169-204. Gaisbauer, Adolf: Davidstern und Doppeladler. Zionismus und Jüdischer Nationalismus in Österreich 1882 - 1918 (=Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 78, Wien/Köln/Graz 1988). Glaser, Hermann: Spießer-Ideologie. Von der Zerstörung des deutschen Geistes im 19. und 20. Jahrhundert und dem Aufstieg des Nationalsozialismus (Frankfurt am Main 1985). Johnston, William M. (Hrsg.): Österreichische Kultur- und Geistesgeschichte. Gesellschaft und Ideen im Donauraum 1848 bis 1938 (Wien/Köln/Weimar 1992). Margalith, Elkana: Die sozialen und intellektuellen Ursprünge der jüdischen Jugendbewegung ” Haschomer Haza’ir”, 1913 bis 1920. In: Archiv für Sozialgeschichte 10 (1970), S.261289. Salten, Felix: Neue Menschen auf alter Erde. Eine Palästinafahrt. Mit einem Vorwort von Alex Carmel (Königstein/Ts. 1986). Schatzker, Chaim: Jüdische Jugend im zweiten Kaiserreich. Sozialisations- und Erziehungsprozesse der jüdischen Jugend in Deutschland 1870-1917 (=Studien zur Erziehungswissenschaft 24, Frankfurt am Main/Bern/New York/Paris 1988). Schubert, Kurt: Das Judentum in Osteuropa. In: Das österreichische Judentum. Voraussetzungen und Geschichte (Wien/München 1982), S.179-188. Wistrich, Robert S.: Sozialdemokratie, Antisemitismus und die Wiener Juden. In: Botz, Gerhard/Oxaal, Ivar/Pollak, Michael (Hrsg.): Eine zerstörte Kultur. Jüdisches Leben und Antisemitismus in Wien seit dem 19. Jahrhundert (Wien 1990), S.169-180. Herta Eisler-Reich Am 3. Oktober 1995 sprachen Gabriele Anderl, Heimo Gruber und Walter Manoschek im Kunsthaus Mürzzuschlag über das Schicksal der Mürzzuschlager Jüdin Herta Eisler-Reich. Sie ist eine von etwa 200 Überlebenden des schrecklichen „Kladovo-Transports‘ , wohnt heute in Jerusalem und ist nie mehr nach Österreich zurückgekommen. Die Schauspielerin Elisabeth Orth las aus Eisler-Reichs Lebenserinnerungen. Berichtigung In MdZ Nr.2/1995 wurden Abbildungen auf den Seiten 39 und 40 vertauscht. Der faksimilierte Text in der schmalen Spalte auf S.39 rechts unten hätte sich S.40, Mitte der schmalen Spalten, befinden sollen, während das Titelblatt des Zwergenkalenders, S.40, schmale Spalte oben, auf die Seite 39 gehört hätte. Die Red. bittet um Entschuldigung.