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im Literaturhaus Wien Die Österreichische Exilbibliothek wurde 1993 vom Bundesministerium für Unterricht und Kunst als Abteilung der Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur im Literaturhaus eingerichtet. Auslöserin war die 1992 von Alisa Douer und Ursula Seeber konzipierte Fotoausstellung „Die Zeit gibt die Bilder. Schriftsteller, die Österreich zur Heimat hatten“, eine Porträtausstellung zu über 70 Autorinnen und Autoren österreichischer Herkunft — die meisten davon in ihrem Heimatland unbekannt oder in Vergessenheit geraten -, die zum damaligen Zeitpunkt in aller Welt verstreut lebten. Mit einer weiteren Ausstellung ‚‚Wie weit ist Wien“, der ersten Gesamtdarstellung des österreichischen kulturellen Exils in Lateinamerika, wurde 1995 ein zweites Ergebnis der gemeinsamen Arbeit präsentiert, die 1997 in einer Ausstellung über das österreichische Exil in Australien und Neuseeland fortgesetzt wird. Die Ausstellungen werden auch als Wanderausstellungen des österreichischen Außenministeriums verliehen. Eingebunden in einen langjährigen Exil-Arbeitsschwerpunkt der Dokumentationsstelle, begann die Österreichische Exilbibliothek 1993 mit dem systematischen Aufbau einer interdisziplinär orientierten Sammlung zum österreichischen Exil. Sie dokumentiert Leben, Werk und Wirkung der österreichischen Kulturschaffenden in Exil und Emigration seit 1933: jener Künstlerinnen und Künstler, die innerhalb der jeweiligen historischen Grenzen Österreichs geboren wurden bzw. dem österreichischen Kulturkreis zuzurechnen sind oder ihren Lebensmittelpunkt hier haben oder hatten. Die Österreichische Exilbibliothek versteht sich als Forschungs- und Dokumentationsstelle, die Material über das österreichische Exils sammelt und öffentlich zugänglich macht, als Anlaufstelle für die Kulturschaffenden selbst und als Partnerin für Institutionen und Forschende, die über österreichische Exilliteratur arbeiten oder an Exilliteratur interessiert sind. Der Schwerpunkt der Sammeltätigkeit liegt auf der sogenannten „‚Schönen Literatur“, berücksichtigt werden aber auch Bereiche wie Theater, Publizistik, Film, Kulturphilosophie, Verlagswesen oder Geisteswissenschaften, daneben nach Maßgabe der Mittel Publikationen zu den anderen Kunstsparten wie Fotografie und Architektur, bildende und angewandte Kunst, Musik. BIBLIOTHEK: Die Bibliothek der Werke österreichischer Schriftstellerinnen und Schriftsteller in Exil und Emigration, die seit 1933 außerhalb Deutschlands, seit 1938 auch außerhalb Österreichs in Originalausgaben erschienen sind, wird ergänzt durch deren Neuauflagen, Neuausgaben und Übersetzungen, gesammelt werden weiters von österreichischen Emigranten illustrierte oder übersetzte Werke, die Produktion von Exılverlagen, an denen Österreicher und Österreicherinnen mitgearbeitet haben, und Exilzeitschriften. Der Bestand umfaßt derzeit über 4.000 Titel an Primärund Sekundärliteratur. PRESSEDOKUMENTATION, HANDSCHRIFTEN und ANDERE SAMMLUNGEN: Erwerb und Bearbeitung einschlägiger Sammlungen, Bibliotheken und Nachlässe erfolgt dann, wenn die Österreichische Exilbibliothek als Standort gewünscht wird bzw. nach Maßgabe der Mittel. Derzeit sind Materialien wie Zeitungsausschnitte, Plakate, Programmhefte, Kataloge und Autografen zu etwa 1.100 Künstlerinnen und Künstlern verfügbar, an größeren Einzelbeständen sind seit 1993 zu nennen: die Bibliothek und das Redaktionsarchiv der „Israel Nachrichten“ der Journalistin und Publizistin Alice Schwarz-Gardos, die Bibliothek Jakov Lind und die Bibliothek des aus Moskau nach Wien zurückgekehrten Sprachwissenschaftlers und Übersetzers Boris Brainin, die aus Kalifornien eingegangene Sammlung der Autoren Joseph Fabry/Max Knight, der Teilnachlaß des Schriftstellers Frederick Brainin (New York), die Sammlung Herbert Steiner (Wien) mit zahlreichen Dokumenten aus dem Exil in Großbritannien oder die Handschriftensammlung der nach Ägypten emigrierten Kunsthistorikerin und Autorin Hilde Zaloscer. Die bestehende Zeitungsausschnittsammlung zum Thema wird durch laufende Auswertung der Tagespresse und einschlägiger Periodika wie „Aufbau“ oder „MB“ erweitert. BILDARCHIV: Das im Zuge der Ausstellung „Die Zeit gibt die Bilder‘ angelegte Fotoarchiv des österreichischen Exils von Alisa Douer umfaßt derzeit Porträts von etwa 400 Kulturschaffenden (je zwei Sujets pro Person) und hat in ihrem Umfang und ihrer ästhetischen Geschlossenheit Seltenheitswert. Die Porträtsammlung wird ergänzt von Fotos zu Sachthemen wie Theater, Geschichte, Emigrationsländer, Verlagswesen etc. Im Rahmen des fortlaufenden gleichnamigen Projekts „Die Zeit gibt die Bilder“ besucht, fotografiert und interviewt Alisa Douer emigrierte Künstlerinnen und Künstler österreichischer Herkunft. Neben einer TONBAND- und VIDEO-Sammlung österreichischer Exilautorinnen und -autoren von knapp 50 Einheiten betreut die Österreichische Exilbibliothek eine DATENBANK zur Österreichischen Kultur im Exil (derzeit 4.900 Datensätze), die neben bio-bibliografischen Grunddaten der Personen auch weiterführende Hinweise wie Nachlaßstandort, Urheberrecht oder Quellen verzeichnet. Bei den Recherchen in den Emigrationsländern und bei noch lebenden Exilanten selbst, in Archiven und Bibliotheken und bei der Auswertung der Handbücher und Quellen richten wir besonderes Augenmerk auf die oft im verborgenen überlieferten Lebensdaten, Biografien und künstlerischen Leistungen der Frauen im Exil. Der Frauenanteil beträgt in der Datenbank der Exilbibliothek rund 25 Prozent. In den beiden Publikationen „Die Zeit gibt Bilder“ (1992) und ,, Wie weit ist Wien“ (1995) der Exilbibliothek sind 26 bzw. 22 Prozent der biografischen Artikel Frauen gewidmet. Zum Vergleich: der Anteil von Frauen im ,,Biographischen Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933“ betragt 10 Prozent, wie Veronika Schallhart vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes ermittelte. AUSSTELLUNGEN und VERANSTALTUNGEN: Die Infrastruktur des Literaturhauses ermöglicht Lesungen, Diskussionsrunden und Buchpräsentationen zum Thema. Eine Veranstaltungsreihe ‚Die Zeit gibt die Bilder“ und laufende Ausstellungen mit Dokumenten aus der Österreichischen Exilbibliothek ergänzen die Arbeit des Archivs. Die Österreichischen Exilbibliothek kann zu den angegeben Öffnungszeiten unbürokratisch benützt werden, wir nehmen auch gern telefonische und schriftliche Anfragen entgegen. Kontakt: Dr. Ursula Seeber ÖSTERREICHISCHE EXILBIBLIOTHEK IM LITERATURHAUS Seidengasse 13, A-1070 Wien, Tel. +43/1/526 20 44-20, Fax +43/1/526 20 44-30 ÖFFNUNGSZEITEN: Mo, Mi, 9-17 Uhr; Di, Fr 9-13 Uhr und nach Vereinbarung Die Zeit gibt die Bilder. Schriftsteller, die Österreich zur Heimat hatten. Fotografiert von Alisa Douer. Hrsg. von Ursula Seeber in Zusammenarbeit mit Evelyne Polt-Heinzl. Wien: Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur 1992. 159 S. (ZIRKULAR. Sondernummer 30). (vergriffen) Wie weit ist Wien. Lateinamerika als Exil für österreichische Schriftsteller und Künstler. Hrsg. von Alisa Douer und Ursula Seeber. Mitarbeit Edith Blaschitz. Wien: Picus Verlag 1995. 312 S. OS 360.-. 37