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wurden. Angemerkt: Der unbestallte Rest der radikalsten Entnazifizierung ist teils staatsfremd, tot oder pensioniert. Einige erhielten aus der Stadtkasse ihre Wiedergutmachung: 206 ÖS, bezahlt für die Zwangsarbeit, die vierwöchig im Sommer 1945 auf Befehl der US-Militärregierung geleistet wird — fürs Schuttwegräumen als Sühne. Währenddessen arbeitet tiefgründig ein fundamentaler Prozeß: die zweite Republik mit ihren rehabilitierten Tätern, nicht aber mit den 1938 vertriebenen Österreichern aufzubauen. In einer vertraulichen Liste, welche die Rubriken Name, Datum und Ort der Geburt, Heimatrecht, Anschrift, Ausbürgerung, Widerruf und Bemerkungen führt, sind die vor 1938 aus- und nach 1948 wieder eingebürgerten Illegalen vermerkt. Der Bürokratie passiert jedoch ein Mißgeschick, das die Brisanz des Dokuments erst bewußt macht: Zwei Juden rutschen versehentlich in die Liste, bleiben freilich uneingebürgert. Im Vernichtungskrieg will Reichsführer SS wissen, ob über Hinrichtungsplätzen schwarze Raben kreisen oder sich dort niederlassen. Das haben sie. Doch wie soll ich dem Phänomen begegnen? Da lese ich in einer gottbehüteten Weihnachtsausgabe Anno 1949: Wer über Gott und das Gebet Spott treibt, oder wer in Gott höchstens ein Es, jedoch keine Person, kein Du erfährt, der darf sich nicht wundern, wenn er die Abwertung seines Wesens am eigenen Leibe zu spüren bekommt und eines Tages in die Gaskammer gesteckt wird.” - Na und? konterte launig Professor Ernst Hanisch, als ich die Rabengeschichte im ORF-Publikumsstudio vorlas. Als einige Juden, voran Simon Wiesenthal, im April 1951 gegen die Premiere des jüngsten Filmes des Pogrom-Regisseurs Veit Harlan protestieren, mobilisiert die nämliche gottbehütete Salzburger Presse ihre Antisemiten, die mit Polizeischutz ihre Opfer prügelnd bis zum Haus der Kultusgemeinde verfolgen und grölen: Kommt’s außa ihr Saujuden! Blutige Schädel und Kraftsprüche machen kein Glanzbild vom Wiederaufbau. Dessen unfrommer Gegner wird allerdings ins Bild gerückt, wobei fälschlicherweise Wiesenthals Protestgruppe als kommunistischer OktoberStreikmacher aus dem musealen ,,Begleitbuch“ in mein Gesicht sticht”, her- und hingerichtet im Verein mit dem Salzburger Wehrgeschichtlichen Museum: von der Zerstörung Salzburgs bis zu den Anfängen des österreichischen Bundesheeres, der B-Gendarmerie, die das Wehret-den-Anfängen der sinistren Feinde abzuwehren hat. Da die endliche Befreiung und Unabhängigkeit Österreichs von ihren in- und ausländischen Gegnern blockiert zu werden scheint, beschließen im März 1954 die Landtagsparteien ÖVP+SPÖ+VdU unisono die Abschaffung des Befreiungstages. Unbeirrt gedenkt Rigobert Funke, Präsident der Österreichisch-Sowjetischen Gesellschaft, den alliierten Kämpfern, die bei der Befreiung Österreichs von der faschistischen Tyrannei Opfer gebracht haben. Der honorige Funke, der seit der Befreiung als Direktor des Museums Carolino Augusteum wirken darf, wird bald nach seiner Dankrede von einem ehemaligen SS-Mann und Glasenbacher abgelöst. Ausgefunkt, meldet lapidar Die Neue Front, Organ des Verbandes der Unabhängigen (VdU, später FPÖ). Hugbert — Otilo — Tassilo heißen die bajuwarischen Namensund Freiheitsspender, die Salzburger StraBen seit dem Abzug der alliierten Bomber zieren.* Dem Gedenken der Opfer für Freiheit und Menschenwürde, lautet die Inschrift auf dem summarischen Mahnmal für die Opfer des NS-Terrors, das seit 1956 auf dem Kommunalfriedhof steht und das ein Kranz mit blauer Schleife schmückt. Die Grammatik entlarvt die Täter: Dem Gedenken der Opfer der Nationalen und Freiheitlichen. Nur kein Gseres, räsoniere ich schlußendlich, zeigt ihnen den Vogel. Fotos aus dem Besitz der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg. Das oberste Bild zeigt Simon Wiesenthal an der Spitze der Demonstration im April 1951 in Salzburg gegen die Vorführung eines Films des ‚Jud Süß“-Regisseurs Veit Harlan. Harlan war kurz zuvor von der Anklage wegen Beihilfe zum Verbrechen gegen die Menschlichkeit freigesprochen worden, die gegen ihn vor allem wegen des antisemitischen Hetzfilmes ‚Jud Süß“ erhoben worden war. Das zweite Bild zeigt den Polizeieinsatz gegen die Demonstration von Überlebenden der Vernichtungslager und Widerstandskämpfern. Das dritte Bild zeigt einen der Teilnehmer an der Demonstration, einen jüdischen Religionslehrer, nach dem Polizeieinsatz. 13