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Erwin Chvojka, geboren am 16, Februar 1924 in Wien, hatte während der NS-Zeit Studienverbot, studierte dann Germanistik, Anglistik und Geschichte an der Universität Wien (Abschluß mit dem Magister der Philosophie); seit 1953 Lehrer an Mittelschulen. Mit Theodor Kramer bereits in intensiver Korrespondenz, als dieser noch im englischen Exil weilte, wurde er von Kramer 1958 zum Verwalter und Herausgeber seines Nachlasses bestimmt. Ab 1960 gab Chvojka immer wieder nachgelassene Werke Kramers, bzw. Sammlungen von Kramer-Gedichten heraus. Ab 1971 veröffentlichte Chvojka in Zusammenarbeit mit Franz Göbhart, Hermann Lein und Fritz Weissensteiner etliche Schulbücher für die höheren Schulstufen („Geschichte und Sozialkunde“, ‚Zeitbilder“). 1975-89 war er Direktor eines Bundesgymnasiums in Wien-Ottakring. Er gehörte der Projektgruppe Geschichte, dem Programmbeirat des Theaters der Jugend (Wien) und dem Vorstand der Volkshochschule Ottakring an. U.a. auch Vortagender an der Volkshochschule Wiener Urania, wurde er mit dem Theodor Körner-Preis ausgezeichnet. Erwin Chvojka lebt in Wien. Weitere selbständige Publikationen: Die Welt will ich behalten. Gedichte aus vierzig Jahren (Wien 1984); Wissenschaftliche Bearbeitung des Nachlasses nach dem Dichter Theodor Kramer (im Auftrag des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung, Wien 1987); Die Rückkehr des Nationalismus im Osten Europas (Wien 1994). Herausgeber der Theodor Kramer-Bücher: Einer bezeugtes... (Graz 1960); Lob der Verzweiflung (Wien 1972); Verbannt aus Osterreich (Reprint der Londoner Ausgabe von 1943, 1983); Orgel aus Staub (Miinchen 1983; 2., erweiterte und veränderte Auflage Wien 1991); Gesam18° Theodor Kramer nach seiner ,, Wiedererweckung“ — ein Gespräch mit Erwin Chvojka MdZ: Betrachtest Du die Arbeit des Theodor Kramer-Herausgebers mit dem Erscheinen der Gesammelten Gedichte in drei Bänden 1984 - 1987 für abgeschlossen, oder gibt es noch ganz wesentliche Arbeiten Kramers im Nachlaß, die veröffentlicht werden müssen? Erwin Chvojka (E.C.): Meine Arbeit als Herausgeber des Nachlasses von Theodor Kramer habe ich mit dem Erscheinen der dreibändigen Ausgabe der „‚Gesammelten Gedichte“ nicht abgeschlossen. Abgesehen von einer Überarbeitung des ersten Bandes für eine zweite Auflage publizierte ich nach Abschluß der „großen Ausgabe“ in Abständen fünf weitere Bände mit Gedichten von Theodor Kramer, deren jeder auch eine Anzahl von Gedichten enthält, die in den ‚„‚Gesammelten Gedichten“ nicht aufscheinen. Da eine Ergänzung der ‚großen Ausgabe“ durch einen vierten Band nicht zu erwarten ist, erachte ich diese Strategie als die einzige Möglichkeit, meiner Verantwortung Theodor Kramer gegenüber zu genügen und seine Gedichte zu den Menschen zu bringen. Ich werde diese Strategie fortsetzen. MdZ: Wie war der Erfolg der ,‚Gesammelten Gedichte“ - wurden sie angenommen, hat sich dadurch etwas an der Rezeption Kramers im deutschen Sprachraum wesentlich verändert? E.C.: Der Erfolg der ‚‚Gesammelten Gedichte“ war, besonders wenn man Umfang und Preis bedenkt, groß und eindrucksvoll und tru g zu einer bemerkenswerten Verstärkung der Kramerrezeption im deutschen Sprachraum bei, und das auf mehreren Ebenen: schon der erste Band kam auf die Bestenliste der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Darmstadt, und stand monatelang auf den Bestenlisten des Stidwestfunks. Als ,, Wiedererweckung Kramers“ wurden die Bände in ausführlichen Würdigungen durch namhafte Rezensenten in fast allen großen deutschsprachigen Zeitschriften und Zeitungen gewertet. Vielfältig war die Wirksamkeit der Bände als Grundlage für zahlreiche Vertonungen, die in das Programm vieler Gruppen in Ost und West aufgenommen und durch Übertragungen auf Schallplatten und Musikkassetten darüber hinaus erreichbar gemacht wurden, sowie durch die sich ergebende Sekundarverbreitung infolge einer gesteigerten Aufnahme in Anthologien und über den deutschen Sprachraum hinaus durch darauf fußende Übersetzungen in andere Sprachen. Nicht zuletzt bildete die Ausgabe die Basis für zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten, die vorher nicht hätten unternommen werden können. MdZ: Welche sind Deine wissenschaftlichen Vorhaben in Bezug auf Theodor Kramer und seinen Nachlaß? E.C.: Ich bin dabei, eine Biobibliographie zum Werk und zur Rezeption Theodor Kramers zu erarbeiten. MdZ: Bist Du in letzter Zeit in Deiner Arbeit auf Schwierigkeiten oder Widerstände gestoßen? E.C.: Leider hat die Besitzübertragung des Europaverlages, der bisherigen Heimstätte Kramers, eine Änderung der Einstellung zu Kramers Werk gebracht. Der Verlag will sowohl die ,,Gesammelten Gedichte“, von deren zweitem Band nur mehr geringe Reste verfiigbar sind, wie auch die ,,kleine“ Ausgabe der ,,Orgel aus Staub“ nicht nachdrucken und auslaufen lassen. Auch mein Hinweis auf das kommende Theodor Kramer-Jahr konnte keine Anderung der Einstellung bewirken. Andererseits wird durch die mir vom Europaverlag bisher regelmäßig gegebene Möglichkeit, weitere themenbezogene Bände mit Kramer-Gedichten in „Geschenkausstattung“ (Liebesgedichte: „Laß still bei dir mich liegen...“, Herbstgedichte: ,,Spates Lied“) die Gelegenheit gegeben, neue Leserkreise zu erreichen. MdZ: Welche Initiativen müssen Deiner Ansicht nach ergriffen werden, um das Werk Theodor Kramers noch weiter bekannt zu machen? Wo liegen die Schwächen und Lücken der bisherigen Bemühungen um Kramer? E.C.: Durch eine bessere Organisation des Vertriebs hätte der Absatz der Bände schon seit Jahren gesteigert werden können. Eine verstärkte Breitenwirkung, die in einer Art „Umwegrentabilität“ einen weiteren Kreis des Publikums auf Kramer und sein Werk hinweisen könnte, schiene mir durch zusätzliche Initiativen gegeben. Ich selbst bin dabei aus meiner Verantwortung gegenüber Kramer heraus durch die Anregung, in Wien eine Verkehrsfläche nach ihm zu benennen und, mit Unterstützung