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Alice Mavrogordato Neues von Alice Mavrogordato In der österreichischen Botschaftin Washington, DC, wurde vom 4. bis zum 30. April 1997 eine kleine Retrospektive der in Österreich geborenen und vor Hitler nach Großbritannien geflüchteten Malerin Alice Mavrogordato gezeigt. Seit 1951 lebt sie in den USA und setzte dort ihre künstlerische Ausbildung mit Kenneth Noland und Morris Louis beim », Workshop Center for the Arts“ fort. 1957 beteiligte sie sich mit ihren Arbeiten an einer Kollektivausstellung ,, New Faces‘ gemeinsam mit Tom Towning u.a. in der Franz Bader Gallery. Charakteristisch für ihre frühen Bilder war die Farbenpracht und die Technik der Farbflecken wie sie die Washington Farbschule bevorzugte. 1959 war sie Gründungsmitglied der Origo Gallery gemeinsam mit Tom Downing, Howard Mehring, Lowell Nesbitt, Elisabeth Pajak u.a. in Washington. In den späten 70er Jahren löste sie sich etwas von der Technik der Farbschule, die den Widerhall von farbigen Wassertropfen imaginierte. Neue Techniken erweiterten ihre Bildsprache, und in dem aufleuchtenden Gefühlsausdruck wurden reale Vorstellungen sichtbar. Neben zahlreichen Ausstellungen in Washington, Kensington (Maryland), McLean (Virginia), Bethesda (Maryland) waren 1995 in einer würdigen Ausstellung Bilder von Alice Mavrogordato im Palais Palffy im Rahmen des Internationalen Symposiums ,,Frauen im Exil‘ zu sehen. J.W. Mahoney schreibt im Vorwort zum von der Österreichischen Botschaft her8 1936 jedenfalls gerät die Psychoanalyse zur wertfreien Wissenschaft, fortan werden politische Ereignisse nur mehr privat diskutiert oder schriftlich mitgeteilt, wie etwa in den Rundbriefen der Gruppe um Otto Fenichel.> ,,Die Psychoanalytiker“, schrieb Marie Langer, „spielten es besser als alle anderen: dieses heikle Spiel der Verleugnung.“° So persönlich schmerzhaft der Abbruch ihrer Analyse auch war, er macht ihr schlagartig bewußt, daß die von Freud geforderte Neutralität des Analytikers sich spätestens dann als Schein erweist, sobald dieser selbst zur moralischen oder sozialen Stellungnahme gezwungen ist. Nicht nur das Ziel der Behandlung, sondern ebenso auch die Auswahl des zu deutenden Materials sind stets auch von der Ideologie des Analytikers beeinflußt. Die vielzitierte Neutralität wird zum zentralen Thema Marie Langers. „In den meisten Fällen“, sagte sie bei ihrem Referat in Wien, „hängt es nämlich von der Ideologie des Analytikers ab, ob die Handlungen eines Patienten als ‘Aktivität’ (gut) oder als ‘Ausagieren’ (schlecht) analysiert werden“ , Im Frühjahr 1936 wird Marie Langer, die mittlerweile in einer Gruppe „Ärzte für den Frieden“ aktiv ist, schließlich selber verhaftet und für kurze Zeit inhaftiert. Danach war jede weitere politische Betätigung lebensgefährlich. Als der Spanische Bürgerkrieg ausbricht, entschließt sie sich zur Flucht. „Ich wollte“, schreibt sie später, „nicht länger meinen eigenen Nabel betrachten, wenn die Welt zu brennen beginnt.“ An der Seite der Internationalen Brigaden arbeitet sie gemeinsam mit ihrem Mann als Anästhesistin und Chirurgin. Vertreibung, Flucht und Exil prägen das Leben Marie Langers in entscheidender Weise: ‚Was hätte ich denn tun sollen, als zu fliehen und irgendwo neu anzufangen?“, bemerkte sie einmal lapidar in einem Interview. Wie nur wenige Exilierte schafft sie es — wohl auch dank ihres „praktischen“ Berufes als Ärztin und Psychoanalytikerin — die Chancen, die ihr die Emigration bietet, zu ergreifen. 1942 hatte sie, auf der Flucht vor den Nazis, nach einer Odyssee über Frankreich, der Tschechoslowakei und Urugay schließlich Argentinien erreicht und sich mit ihrer Familie in Buenos Aires niedergelassen. Und anders als den meisten exilierten Ehefrauen, gelingt es ihr, in ihrem Beruf zu reüssieren, während ihr Mann, Max Langer zunächst in einer Textilfabrik zu jobben beginnt. Unter den Bedingungen der faschistischen Diktatur Perons, zieht sich Marie Langer aus dem aktiven politischen Leben zurück und widmet sich mit ganzer Energie ihrer Arbeit als Analytikerin. Buenos Aires ist damals ein Zentrum der Psychoanalyse und wesentliche Impulse, etwa im Bereich der psychosomatischen Medizin oder der Anwendung analytischer Kenntnisse auf die Gruppentechnik, nehmen von hier ihren Ausgang. Von Beginn an ist die bildhübsche zweiunddreißigjährige Ärztin eine Ausnahmeerscheinung: sie ist nicht nur die einzige Frau im Kreise ihrer Kollegen, sondern zugleich auch eine besondere Autorität, umgeben von der Aura Freuds, auch wenn sie dem Meister nie persönlich begegnet war. Gemeinsam mit anderen Analytikern gründet sie zu Beginn der vierziger Jahre die Argentinsche Psychoanalytische Vereinigung und ist als Lehranalytikerin in der Ausbildung tätig. Theoretisch stützt sich Marie Langer — wie viele ihrer argentinischen Kollegen - auf die Schriften der Kinderanalytikerin Melanie Klein, vor allem auf deren Konzept der psychosexuellen Entwicklung des Mädchens, das ihr weit schlüssiger als Freuds „‚phallischer Fetischismus“ erscheint. 1951 publiziert sie — gerade selbst Mutter geworden - „Maternidad y Sexo“, eine Arbeit zur weiblichen Psychosomatik, in der sie, anhand ihrer reichen klinischen Erfahrung Hypothesen entwickelt, die den Zusammenhang zwischen seelischen Konflikten und körperlichen Reaktionen von Frauen zu erklären versuchen. Nachträglich merkt sie an, daß es ihr darin nicht befriedigend gelungen sei, die „‚persönliche und soziale Gleichung“, die die Störungen der weiblichen Fruchtbarkeit bedingen, aufzulösen.® Doch ist der allgemeine Teil des Buches heute auch weitgehend überholt, die einzelnen Fallgeschichten sind freilich nach wie vor gültig: die Geschichten dieser vielen Frauen und ihrer zahlreichen seelischen Dramen, deren Spuren sich als Krankheitssymptome in ihren Körpern niedergeschlagen haben und deren verborgenen Sinn die Autorin zu ergründen sucht. Als Ende der sechziger Jahre in Europa Studenten gegen die Vietnampolitik der USA protestierend durch die Straßen ziehen und in Lateinamerika und Argentinien revolutionäre Bewegungen sich gegen die Miltärregimes zu erheben beginnen, erfolgt die Rückkehr in die Politik. Marie Langer bereist die Sowjetunion, nimmt 1969 am Weltkongress der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung in