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Anmerkungen G. Sultano 1 Völkischer Beobachter Wien, 26. 4. 1938, S. 2. 2 Anonymer Brief an Bürckel, 27. 4. 1938. Bürckel Materie (BM), Karton 173, Archiv der Republik (AdR). (Alle Zitate aus diesem Aktenbestand wurden buchstabengetreu übernommen). 3 Deutschland-Berichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SOPADE), 5. Jg. 1938, Nr. 7 (Juli 1938), Reprintausgabe, Salzhausen-Frankfurt/M. 1980, S. 732 ff. Zit. nach: Hans Witek: ,, Arisierungen“ (Wiener Ausgabe), politik 1938 — 1940. S. 199. In: Emmerich Talos/ Ernst Hanisch/Wolfgang Neugebauer (Hg.), NS-Herrschaft in Osterreich 1938 — 1945. Wien 1988. 4 Anonymer Brief, 5. 5. 1938. BM, Karton 173, AdR. 5 Völkischer Beobachter, 26. 4. 1938. S. 2. Zit. nach: Gerhard Botz: WIEN vom Anschluß zum Krieg. Nationalsozialistische Machtübernahme und politisch-soziale Umgestaltung am Beispiel der Stadt Wien 1938/39. Wien/Miinchen 1978. S. 248. 6 Bericht Bürckels an Göring, Beilage zum Schreiben vom 18. 11.1938. Zit. nach: Helmut Genschel: Die Verdrängung der Juden aus der Wirtschaft im Dritten Reich. In: Göttinger Bausteine zur Geschichtswissenschaft. Göttingen/Berlin/Frankfurt/Zürich 1966. Bd. 38. S. 162. 7 Vegi. Botz: WIEN. S. 328. 8 Anonymer Brief, 23. 6. 1938. BM, Karton 173, AdR. 9 Anonymes Schreiben, 21. 7. 1938. BM, Karton 174, AdR. 10 Vgl. Vermögensverkehrsstelle an Zentralbüro des Reichsleiters, 5. 6. 1942. Reichsstatthalterei Wien, Karton 15, AdR. 11 Anonymer Brief, eingegangen am 30. 4. 1938. BM, Karton 173, AdR. 12 Anonymer Brief „(Jude)“, 5.5. 1938. BM, Karton 173, AdR. 13 Vgl. Michaela Ronzoni: Die Lebensverhältnisse der jüdischen Bevölkerung in Österreich zwischen Herbst 1938 und Friihjahr 1939. Diplomarb. Wien 1985. S. 89. 14 Herbert Rosenkranz: Verfolgung und Selbstbehauptung. Die Juden in Österreich 1938 — 1945. Wien 1978. S. 40. Zit. nach: Ronzoni: Lebensverhältnisse, S. 89. 15 Bekanntmachungen des Gauleiters und Reichskommissars Bürckel, 28. 6. 1938. BM, Karton 5/12, AdR. 16 Vgl. Keesings Archiv der Gegenwart. Heinrich Siegler (Hg. von Jg. 9-14). Wien 1931. 3. 7. 1938, S. 3623. 17 Ebd., 31. 8. 1938, S. 3699. 18 Bekanntmachungen Biirckels, 28. 6. 1938. 19 Rosenkranz: Verfolgung, S. 67. Zit. nach: Ronzoni: Lebensverhältnisse, S. 65. 20 Vgl. Anonymes Schreiben, 23. 7. 1938. BM, Karton 174, AdR. 21 Der ,,Gauwirtschaftsberater“ von Wien, Rafelsberger, zihlte 300.000 Wiener Juden und ,,Judenmischlinge“, die nach den ,,Niirnberger Gesetzen“ als Juden galten. Vgl. Die Wirtschaft des Gaues Wien, Februar/März 1939, S. 7 f. BM, Karton 86/170, AdR. 22 Laut freundlicher Mitteilung des „„Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes“ haben ca. 5.000 Juden, inklusive der ,,U-Boote“, das Kriegsende in Wien erlebt. 10 die Leute sind alle brotlos und noch dazu müssen sie ihre Wohnungen verlassen, sie werden ganz einfach gezwungen auszuziehen [...] Was für Gewinne die „‚Ariseure‘ erzielen konnten, veranschaulicht das Beispiel der Strumpf- und Wirkwarenfabrik ,, Donau-Strumpf*. Sie wurde im August 1939 an den „‚Arier“ Franz Schimon verkauft, der frühere Besitzer Friedrich Hermann „Israel“ Hirschler erhielt RM 11.000,- dafür. Schimon veräußerte „DonauStrumpf“ noch im selben Jahr um RM 70.000,- an Richard Steppischnigg, der sie Mitte 1941 bereits um RM 150.000,- abgeben wollte.!° In ihrer Not wenden sich viele Juden an den ,,Reichskommissar*. Im April fragt ein ,, Betroffener“ bei Biirckel an, ob er davon wisse, ,,daB am vergangenen Samstag Inhaber der jüdischen Geschäfte und jüdische Passanten vor den Geschäften in Habtachtstellung mit einer Tafel ‘Arier, kauft nicht bei Juden!’ bis zur Geschäftssperre stehen mußten?“!' Juden sind in dieser Zeit mannigfaltigen Schrecken ausgesetzt: Neben Kundenboykott, Raub und Diebstahl tritt nicht selten Verunglimpfung oder Erniedrigung. Wie geschah dies: zuerst musste vor einer gröhlenden Menge behakenkreuzten Mob’s Judas Ausgeburt fröhlich von ermahnenden Hieben begleitet tanzen und turnen, alsdann den doch von ihr verschuldeten Dreck und Schmutz auf der Strasse und im Lokal fein säuberlich aufwaschen, alsdann Scheisse der lieben Leibstandarten-Jungs mit eigener Hand in der Klomuschel berühren und dann mit blosser Hand aufwaschen dann mit blosser Hand Spucknäpfe auswaschen, Pfeffer und Salz-Gemische mit ein wenig Wasser heruntersaufen, dann durften diese viehischen Judenweiber sich von den lieben guten Jungs abfilzen lassen, dann wurden den männlichen Judentiere nach fröhlicher Schlagbehandlung auf Stühle gesetzt und ein wenig allerdings bloss an den Haaren beschnitten, damit nach geistvollen Ausspruch eines der Hitlerjiinglings ,, ihr verfluchtes Judenpack auch auf dem Kopf die Strasse nach Jerusalem tragt“ .'? Im Februar 1938 steigt die Selbstmordrate der Wiener Juden innerhalb eines Monats von vier auf 79.'? Die Zeitungen bringen die Todesanzeigen ganzer Familien. Goebbels bespöttelt öffentlich während einer Ansprache in der Wiener Nordwestbahnhalle Meldungen der internationalen Presse, nach denen sich in Wien [...] täglich ein paar tausend Juden erhängen, erschießen oder vergiften. Es ist nicht an dem. Es sind in Wien augenblicklich nicht mehr Selbstmorde zu verzeichnen als früher, nur mit dem Unterschied: Früher haben sich die Deutschen erschossen, und jetzt sind auch Juden darunter. i Und Biirckel meldet hohnisch: ,,In Wien hat sich ungefähr die doppelte Zahl von Juden das Leben genommen, als es in Wien selbst gibt.“ !5 Die Juden als „übernationale Rasse“ haben für ihn Qualitäten, die sie von der Teilnahme am deutschen wirtschaftlichen und kulturellen Leben ausschließen.'® Wir Nationalsozialisten sind ja nicht schuld daran, daß in der Stadt Wien etwa 3000 jüdische Rechtsanwälte und Richter jahrzehntelang das Recht verdrehen und beugen konnten. Wir haben es nicht zu verantworten, daß in Wien nahezu 60.000 jüdische Händler und Geldwechsler ihre Geschäfte treiben, als Landplage über das Volk herfallen und es ausbeuten konnten, uns gleichzeitig so viele wertvolle deutsche Menschen durch ihre üblen Geschäftspraktiken aus Brot und Beruf verdrängten. |...] Eine Unzahl der Juden sind noch zuviel da usw. Wir haben noch alle Hände voll zu tun.'" Sehr schnell werden die Enteignungen durch die staatliche Wirtschaftspolitik geregelt, es kommt zur „legalen“, von oben kontrollierten ,,Arisierung“. Biirckel veranlaßt Ende Juni die Überprüfung sämtlicher Beschlagnahmungen und gibt „hierzu bekannt, dass in der Folge noch mehr als bisher das geringste Vergehen eines Komissars, der Treuhänder zu sein hat, mit der allerhärtesten Strafe bedacht wird“.'® Am 2. 7. 1938 veröffentlicht Das kleine Volksblatt die Neuregelung des „Kommissarwesens“ unter der Schlagzeile ‚‚Gauleiter Bürckel greift durch - Zwölf ungetreue Kommissare nach Dachau gebracht" '9 Eine verschwindend geringe Zahl in Anbetracht der herrschenden Zustände. Im selben Sommer brachten die Nationalsozialisten vor der Oper zwei große Tafeln an, sie trugen die Aufschrift „Judentum ist Verbrechertum"?®. Ein Vierteljahr zuvor befand sich in Wien die größte jüdische Gemeinde im „Deutschen Reich“, mehr als 9 Prozent der Bevölkerung waren Juden (ca. 170.000).! Im Dezember 1944 lebten nach Angaben des „„Ältesten Rates der Juden in Wien“ nur noch 5.799. Bis zum Frühjahr 1945 folgten weitere Deportationen.””