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in der Österreichischen Nationalbank hinterlegen, und die Verschiffung der Munition von Marseille nach Veracruz sollte von Österreich überwacht werden. Erst wenn das österreichische Konsulat in Mexiko die Entladung der Munitionslieferung in Veracruz bestätigte, würde Österreich das Golddepot an Mexiko zurückstellen. Bedingungen, die die mexikanische Regierung auf keinen Fall akzeptieren konnte. Bis 1937 hatte das Mexikanische Konsulat in Wien dieses Waffen- und Munitionsgeschäft mit eingefädelt, gemeinsam mit dem Mexikanischen Konsulat in Prag und mit den Vertretern Mexikos im Polnischen Hafen Gdingen (Danzig). Erst am 1. Jänner 1939 wurde das mexikanische Honorarkonsulat in Wien geschlossen, das ab 19. Jänner 1934 von einem Österreicher geleitet wurde, der nach seinem Militärdienst längere Zeit in Buenos Aires gelebt und gearbeitet hatte: Francisco Juän Stein. Seine Berichte, wie besonders aus einem Memorandum des mexikanischen Außenamts vom 20. Juli 1938 hervorgeht, waren ein wesentlicher Bestandteil der genauen Kenntnisse der mexikanischen Diplomatie über die Verflechtungen der österreichischen Wirtschaft mit dem Deutschen Reich. Von Franz Johann (Juän) Stein ist bekannt, daß er am 2. Jänner 1878 in Deutschbrod (in der heutigen Tschechoslowakei) geboren wurde und die Militärakademie in Wien abgeschlossen hatte. Nach dem Ersten Weltkrieg arbeitete er als Topograph und Ingenieur bei der Planung der Eisenbahn in Argentinien (Buenos Aires). Am 1. Februar 1924 tritt er in die Dienste des Mexikanische Generalkonsulat in Wien und wird am 19. Dezember 1931 zum mexikanischen Konsul in Wien ernannt. Für „Österreich“ (Mexiko hat die Existenz von ‚‚Austria“ über die ganze Zeit des Zweiten Weltkrieges anerkannt) war vom 3. März 1937 die mexikanische Botschaft in Paris zuständig, nicht die Botschaft in Berlin, wie man meinen würde. Der mexikanische Botschafter in Frankreich, Tejada Olivares, hatte eben am 3. März 1937 sein Akkreditierungsschreiben für die Republik Österreich überreicht. Der letzte mexikanische Botschafter in Frankreich war Gilberto Bösques, der noch von Marseille aus Visa für Mexiko ausstellte, und der dann mit dem gesamten Personal der mexikanischen Botschaft von den Deutschen gefangen genommen wurde. Das gesamte Personal der Mexikanische Botschaft in Frankreich war bis 1944 in Bad Godesberg interniert, und kam erst über die Intervention des Schwedischen Roten Kreuzes nach Mexiko zurück, im Austausch mit internierten deutschen Nationalsozialisten in Mexiko (Internierungslager ,,Perote“ im mexikanischen Bundesstaat Veracruz). Der ‚Anschluß“ aus mexikanischer Sicht Am 12. März 1938 telegraphierte der mexikanische Diplomat Villa Michel aus der Londoner Botschaft an sein Außenministerium, daß die letzten Vorfälle in Österreich die politische Lage in Europa schwer belasten und das Plebiszit nur ein Vorwand gewesen sei, damit deutsche Truppen einmarschieren hätten können. Schon am nächsten Tag traf eine weitere lakonische Nachricht ein: „Die Krise entwickelt sich zugunsten Deutschlands. Von der Regierung Chamberlains kann keine Aktion erwartet werden.“ Inzwischen informierte der deutsche Gesandte in Mexiko, Freiherr Rüdt von Collenberg, am 15. März den mexikanischen Außenminister über die neue Gesetzeslage nach dem „Anschluß“. Am gleichen Tag traf aus der mexikanischen Gesandtschaft in Portugal ein vier Seiten umfassender Bericht ein mit den Überschriften „‚Theaterdonner in Innsbruck“ (El Golpe de Teatro de Innsbruck) und ‚Die Formel für die Volksabstimmung“ (La Formula del Plebiscito). Der mexikanische Präsident hatte inzwischen entschieden, gegen die Annexion Österreichs formell und auf dem einzig wichtigen diplomatischen Weg, also vor dem Völkerbund, zu protestieren. Am 18. März erhielt Fabela in Genf ‚‚grünes Licht“ für die genaue Formulierung, und am 19. März übergab Fabela dem Generalsekretär des Völkerbundes die diplomatische Note. Noch Tage zuvor hatte man in der mexikanischen Präsidentschaftskanzlei gehofft, auch andere Staaten würden den mexikanischen Protest sekundieren, vor dem 19. März gab es praktisch keine internationalen Reaktionen. Aus dem Tagebuch Fabelas geht hervor, daß sich einzig und allein der kolumbianische Vertreter in Genf, ein Herr Cano, persönlich bereit erklärt hatte, die mexikanische Deklaration zu unterzeichnen. Erst nach dem 19. März kam zaghafte Unterstützung von anderen Mitgliedern des Völkerbundes, von der Spanischen Republik, von der UDSSR, von Delegierten aus China und Chile. Mexiko hörte besonders auf die Stimmen aus den lateinamerikanischen Staaten, ein detaillierte Bericht kam am 21. März 1938 vom mexikanischen Gesandten in Szene aus ‚Denn seine Zeit ist kurz“. Charles Rooner (Pastor Vossevangen) und Albrecht Viktor Blum (Pastor Erle) in der Gefängniszelle. Foto: Demokratische Post Isidro Fabela, mexikanischer Delegierter beim Völkerbund und Autor der Protestnote