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österreichischen Theaterenthusiasten. Nach dem Tod von Ernst Robitschek lebte Luise Robitschek (Rooner) geistig umnachtet und völlig verarmt in einem Gartenhäuschen eines befreundeten Hochschullehrers, wo sie um 1970 (genauere Angaben sind noch nicht erhoben) verstarb. Die lateinamerikanische Erstaufführung der „Dreigroschenoper“ und eine vielfach besprochene ,, Wozzeck“ -Inszenierung zählten zu den Hauptleistungen im Exilttheater, wie so oft gestaltete der Österreicher Kurt Berci die Bühnenbilder, der Schauspieler Victor Blum (Josefstadt) und die deutsche Emigrantin Steffanie Spira wirkten in den Hauptrollen. Ebenso wurde vom Heine-Klub das Drama „Denn seine Zeit ist kurz“ von Ferdinand Bruckner, dem österreichischen Dramatiker im amerikanischen Exil, in Mexiko erstmals aufgeführt. Steffanie Spira und Victor Blum glänzten wieder in den Hauptrollen. Am 15. Dezember 1943 berichtete die Exilzeitschrift „Demokratische Post“, die von konservativen Emigranten und der alten deutschen Kolonie verächtlich „Demokratische Pest“ genannt wurde, über die erste Hauptrolle von Charles Rooner (Ernst Robitschek) im mexikanischen Film. „‚Dofia Barbara“ zählt zu den Filmklassikern in Mexiko, und Rooner spielte neben den mexikanischen Stars Maria Felix und Julian Soler. In einem Interview beschrieb Rooner seine Rolle so: Diesmal spielte ich keinen Nazi, wie in früheren mexikanischen Filmen, ich stelle in, ‚Doha Barbara’ einen internationalen Abenteurer dar. Nach meiner Auffassung gehört dieser Film, der nach einem berühmten Roman von Romulo Gallego gedreht wurde, zur mexikanischen Spitzenproduktion. Ich glaube, daß ‚Dona Barbara’ der bisher bedeutendste psychologische Film ist, der hier gedreht wurde. Surrealismus und Exil - der Kosmopolit Wolfgang Paalen aus Wien Isidro Fabela, der intellektuelle Autor des mexikanischen Protests, und das gehört zu den zahlreichen Facetten des mexikanischen Diplomaten und Intellektuellen, hatte im Frühjahr 1938 den „Vater aller Surrealisten“ Andre Breton persönlich eingeladen, an der mexikanischen Universität Vorlesungen über Kunst und Poesie zu halten, vor allem aber, um mit den Künstlern und mit den Intellektuellen Mexikos Kontakt aufzunehmen, um damit auch die isolierte mexikanische Kunstszene ins internationale Licht zu rücken. Mit dem Auruf „Al Püblico de America Latina“ Iuden im Sommer 1938 die bedeutendsten mexikanischen Künstler zu den Vorträgen Bretons in ,,Bellas Artes“, unter ihnen der weltbekannte Photograph Manuel A. Bravo, der Komponist Carlos Chävez, die noch unbekannte Malerin und zweite Frau Diego Riveras, Frida Kahlo, die Schriftsteller Salvador Novo, Carlos Pellicer, Diego Rivera selbst und der Maler Tamayo. Der in Wien geborene Wolfgang Paalen (1905-1959) gehörte in seiner Pariser Zeit (1936-1939) zum engsten Kreis der Surrealisten um Andre Breton und genoß die Bewunderung von heute so bekannten Malern wie Max Ernst, Paul Klee, Wassily Kandinsky. Noch im Jänner 1938 widmete Andr& Breton seinem Freund Wolfgang Paalen eine Einzelausstellung in der Pariser Galerie Renou et Colle. Dem aus einem reichen jüdischen Haus stammenden Paalen war im Frühjahr 1939 bewußt, daß seine Zukunft nicht mehr in Europa liegen konnte. Mit seiner Frau Alice Rahon und der lebenslangen Freundin, der Schweizer Industriellentochter und Photographin Eva Sulzer verläßt er Frankreich. Kurz nachdem Paalen in Mexiko eingetroffen war, er und seine Frau folgten einer Einladung von Diego Rivera und Frida Kahlo, organisierte er gemeinsam mit dem Peruanischen Dichter C&sar Moro und unterstützt von Andre Breton (noch aus Frankreich) die erste lateinamerikanische Ausstellung des Surrealismus: Exposiciön Internacionael del Surrealismo, die im Jänner und Februar 1940 in der Galeria Arte Mexicano eine „Heimat“ hatte, und für wenige Wochen ein Beweis für die Kraft der modernen Kunst gegen Faschismus und Rassismus war. Paalens organisatorisches Talent brachte im Jahr 1940 eine Ausstellung zuwege, die — wie so viele Leistungen im Exil - bis heute in Österreich ohne Beachtung blieb. Folgende Künstler stellten ihr Werk aus: Hans Arp, Hans Bellmer, Denise Ballon, Victor Brauner, Manuel Alvärez Bravo, Serge Brignoni, Graciela Aranis-Brignoni, Giorgio de Chirico, Salvador Dali, Paul Delvauy, Oscar Dominguez, Marcel Duchamp, Max Ernst, Alberto Giacometti, Frida Kahlo, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Rene Magritte, André Masson, Matta Echaurren, Joän Mirö, Henry Moore, César Moro, Meret Oppenheim, Alice Rahon, Wolfgang Paalen, Roland Penrose, Francis Picabia, Pablo Picasso, Man Ray, Remedios, Diego Rivera, Kurt Seligmann, Eva Sulzer, Yves Tanguy, Raoul Ubac; und die jungen, damals weitgehend unbekannten mexikanischen Maler, wie Agustin Lazo, Anmerkungen Chr. Kloyber 1 Javier Lépez Moreno: Gestion en europa. Radiograffa de una crisis mundial, México 1974, 100 2 Drama, 1934; 115 Minuten, Regie: Jack Conway, Howard Hawks. 3 Eugen Relgis: Doce Capitales, Peregrinaciones Europeas. Ed. Humanidad, Montevideo 1960, 125 4 Enrique Krauze: Läzaro Cärdenas. General misionero. Mexico D.F., 1987, 148-207 5 Boletin del Archivo General de la Naciön, 1938 6 Akt im mexikanischen Außenministerium SRE-III 7 Rodolfo Usigli: El gesticulador y obras de teatro. Lectura Mexicanas, Fondo de Cultura, 1983, 177 8 Staatsarchiv Mexiko, Akt 549.2/18 9 Vel.: Ernst Toller: Rede auf dem PenklubKongress. In: Die neue Weltbühne 1 (1933) 24. 741-744 10 Bruno Frei: Austria Libre 3 (1944) 4 (März), 8 Der surrealistische Maler Wolfgang Paalen in seinem Atelier in der Nähe von Ciudad de Mexico.