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SED (ZPKK) auf Nachfrage, wie er sich gegenüber dem Besucher aus Wien verhalten solle, den Rat bekommen, „nicht mit ihm zu sprechen“. " Inzwischen lagen dort der Denunziationsbericht von Mario Montagnana aus Italien und andere Materialien vor, bei denen der nach seiner Rückkehr aus Mexiko zum Generalsekretär der KP des Freistaates Triest avancierte Carlos Contreras, der sich nun wieder Vittorio Vidali nannte, Pate gestanden hatte. Paul Merker war 1950 aus der SED ausgeschlossen, aller Ämter enthoben und nach Luckenwalde verbannt worden. Ludwig Renn, gemaßregelt, hatte Dresden verlassen müssen und lebte nach einem geheim gehaltenen Selbstmordversuch nahezu mittellos in Berlin. Aus der Presse hatte Leo Katz bereits 1950 entnommen, daß Rudolf Feistmann an einer Fleischvergiftung gestorben war. Diese Lüge verdeckte, daß er sich vor einem Verhör durch die ZPKK das Leben genommen hatte. Nur Walter Janka, 1951 stellvertretender Leiter des Aufbau-Verlages, scheint Leo Katz offiziell empfangen zu haben. In dem mit dem Aufbau-Verlag in Personalunion verbundenen Editionshaus Rütten & Loening erschien 1954 ,,Die Welt des Columbus“, ein Schliisselbuch zum Verstindnis der Gedanken seines Autors während der 1952/1953 von Stalin inszenierten antijüdischen Kampagne. Privat traf sich Leo Katz 1951 mit Leo Zuckermann und dessen Familie. Der Jurist war nicht mehr Kanzleichef bei Pieck und hatte seine Funktion als Staatssekretär verloren. Doch er wohnte noch in dem ihm überlassenen Haus in der Pankower Wahnschaffestraße und arbeitete als Reden- und Gesetzentwurfschreiber für den SED-Generalsekretär Walter Ulbricht, der ihm sogar eine Professur an der Verwaltungsakademie ,, Walter Ulbricht“ in Potsdam-Babelsberg in Aussicht gestellt hatte. Er machte sich und seinem Schlafgast aus Wien etwas vor, wenn er glaubte, der Kelch direkter Verfolgung wiirde an ihm vorübergehen. Tatsächlich war er bereits vom KGB gegenüber dem MES ,,als zweifelhafte und schwankende Person charakterisiert“ worden, worauf man ihn „einer Agententätigkeit verdächtig“ hielt und die Telefonund Postüberwachung anordnete.'® Als Leo Katz am 10. Oktober 1951 an Lydia, Leo Zukkermanns Frau und Gastgeberin vom Sommer, aus Wien schrieb, las die Geheimpolizei den Brief mit: Liebe Lydia! Ich habe von meinem Freund aus New York die Nachricht erhalten, daß er am 30. September an Deine Adresse einen Prestotopf geschickt hat. Ich wäre Dir sehr dankbar, wenn Du mir schreiben wolltest, ob er angekommen ist. Das Erscheinen meines Buches hat eine Verspätung erfahren. Es kommt erst am 15. Oktober heraus. Ihr dürftet gleichzeitig mit diesem Brief oder zwei Tage später direkt vom Verlag ein Exemplar erhalten. Ich habe schon lange von Euch nichts gehört. Könnte nicht einer von Euch, für Dich wäre es wohlleichter, einen Besuch hierher machen? Wir haben jetzt noch ein Zimmer dazu bekommen, und es wäre daher sehr bequem, bei uns zu wohnen. Es würde uns sehr freuen. Ich bin in den nächsten 36 Tagen mit der Korrektur unddem Umschreiben des neuen Kinderbuches fertig. Wenn die Sache soweit ist, daß es diskutiert werden soll, komme ich nach Berlin. Ich nehme an, es wird im Dezember.!? Als Leo Katz 1954 zum letztenmal nach Berlin kam, traf er Leo Zuckermann nicht mehr an. Der Freund war Ende 1952, kurz nach der Vollstreckung der Todesurteile im Prager Slänsky-Prozeß und der Verhaftung Merkers in Berlin mit seiner Familie den Verfolgern nur knapp entkommen und nach Westberlin und von dort über Frankreich nach Mexiko geflüchtet. „Es gibt jetzt so viele, die der Ketzerei verdächtigt werden, daß man ein übermenschliches Gedächtnis haben müßte, wenn man sich alle Namen merken wollte, die ... als ausgelöscht aus dem Buche des Lebens verkündet werden“ ‚2° schrieb Leo Katz in dem wenige Wochen nach seinem Tode erschienenen Roman „Die Welt des Columbus“. Was von der Sowjetunion unter Stalin ausging, erinnerte ihn an die Inquisition, deren Trager selbst ,,vor der hohen Geistlichkeit nicht halt machen. ,, Diese Menschen kennen keine Riicksichten. Ihnen ist alles, was mit Gemiitsbewegung zusammenhängt, unbegreiflich.‘“ Den Inquisitor von Sevilla läßt er sagen: ,,Wir werden nicht ruhen und rasten, ... bis der Feind in unseren eigenen Reihen gefaßt ist.“ „Wozu machen wir Autodafes?“, fragt der Generalinquisitor und antwortet: „Zur Stärkung der Wankelmütigen“. Die Botschaft, die Leo Katz den Lesern mitgab, entging der Zensur nur dadurch, daß er sie mit der fernen Vergangenheit Spaniens verfremdete. „Eine Epoche aufleben zu lassen, die die einen als Alpdruck empfinden, die anderen als romantisch bezeichnen — das war die Absicht meines Romans“, heißt es im Nachwort. ,,Die Inqnisition stellte keinen Angeklagten einem Zeugen gegenüber. Sie sagte ihm auch niemals, wessen er beschuldigt wurde.“ Das geschah immer erst später. Leo Katz hatte verstanden, in welche Bedrängnis er selbst geraten war: „Aber bei der Inquisition brauchte ja ein Zeuge nicht öffentlich und nicht in Gegenwart des Beschuldigten auszusagen. Der Beschuldigte erfuhr ja nie oder nur selten, wer sein Beschuldiger war.“ Den Pater Pedro läßt er sagen: ,,Ich kann Ihnen verraten, daß es bei diesen Autodafes keinen einzigen starrköpfigen Ketzer geben wird ... glücklich die Generation, die das miterlebt!“ Anmerkungen zu W. Kiefling 1 Vgl. Benedikt Mörl: Leo Katz - sein Leben und seine Sicht des Judentums, Wien 1996 (Diplomarbeit an der Universität Wien). 2 Die Weltbühne, 3. Februar 1931, 191. 3 Bundesarchiv Berlin, ZPA, IV 2/4/117. 4 Prozeß gegen die Leitung des staatsfeindlichen Verschwörerzentrums mit Rudolf Slansky an der Spitze, Prag 1953, 254f. 5 Bundesarchiv, ZPA, IV 74/117. 6 Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstesd der ehemaligen DDR (BStU), UA 192/56. 7 Ebd. 8 Bundesarchiv, ZPA, IV 2/4/112. 9 Ebd. 10 Ebd. 11 Leo Katz: Zwei Ehrengäste. In: Demokratische Post, 15. August 1943. 12 Neues Deutschland, Berlin, 15. Januar 1953. 13 Neues Deutschland, Ausgabe Vorwärts, 6. April 1953. 14 Vgl. P.A. Sudoplatow: Der Handlanger der Macht. Enthüllungen eines KGB-Generals, Diisseldorf/Wien/New York/Moskau 1994, 15 Demokratische Post, 15. Oktober1944. 16 Neues Deutschland, 24. November 1949. 17 BStU, AIM 5059/56. 18 Ebd., AOP 24/53. 19 Ebd. 20 Dieses und die folgenden Zitate aus Leo Katz: Die Welt des Columbus, Berlin 1954, in der Seitenfolge 6, 8, 24, 51, 49, 362, 191, 27.