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einer enormen Korrespondenz in und aus allen Richtungen, und Heinrich Gronewald als Sekretär der Organisation. Gronewald war auch Lehrer an der Pestalozzi-Schule, lehrte noch an einer weiteren Schule und war Korrespondent der Overseas News Agency (ONA), einer nordamerikanischen Nachrichtenagentur. Außerdem redigierte Gronewald einen Informationsdienst für die lateinamerikanische Presse, den DAD herausgab. Er war ein sehr wichtiger Mann fiir ,, Das Andere Deutschland“ , dessen Ziele und Interessen er auf ausgedehnten Reisen während der langen Schulferien vertrat. August Siemsen war das geistige Haupt, das organisatorische war Gronewald, den ich als Mensch und Freund in hervorragender Erinnerung habe. Neben diesen beiden herausragenden Akteuren gab es eine Reihe weiterer fester Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, zu denen ich mich als enger Vertrauter meines Vaters auch zählen darf. Darüber hinaus gab es sehr viele Leute, die unsere Arbeit von Zeit zu Zeit unterstützten und Beiträge für die Zeitschrift schrieben. Diese kamen aus Argentinien, aus anderen südamerikanischen Ländern und auch aus London und New York. „Das Andere Deutschland“ als Sammelbecken aller linken und antifaschistischen Kräfte bestand bis zum deutsch-sowjetischen Abkommen, dem sogenannten Hitler-Stalin-Pakt im August 1939. Damals stellten die sogenannten Kommunisten das Ansinnen, wir müßten nun die Agitation gegen Hitler einstellen und vorrangig den britischen und US-amerikanischen Imperialismus bekämpfen. Das war natürlich ein Wahnsinn. Wir waren Emigranten, antifaschistische Emigranten. Unsere Hauptaufgabe war es, den antifaschistischen Kampf zu unterstützen, soweit wir das aus der Entfernung konnten. Wir haben unsere Bedeutung nie überschätzt. Wir wußten natürlich, daß die USA und Großbritannien imperialistische Länder waren, aber sie waren in der AntiHitler-Koalition und damit potentielle Verbündete. Jedenfalls haben wir dieser Forderung der Parteikommunisten nicht stattgegeben und den Kampf gegen Hitler weiterhin als unsere Hauptaufgabe betrachtet. Es war übrigens keineswegs so, daß wir das deutsch-sowjetische Abkommen in Bausch und Bogen abgelehnt oder gar die Sowjetunion des Verrats bezichtigt hätten. Wir betrachteten damals diesen berüchtigten Hitler-Stalin-Pakt als die logische Antwort der Sowjetunion auf die Politik von München. Diese Politik war letzten Endes der Versuch Großbritanniens und Frankreichs, Deutschland gewähren zu lassen und die Nazis in Richtung Sowjetunion zu orientieren. Deutschland sollte die Sowjetunion besiegen, also die „‚bolschewistische Gefahr“ liquidieren, und dabei seinerseits so geschwächt werden, daß es nach diesem Krieg innerhalb der imperialistischen oder kapitalistischen Welt keine ernsthafte Konkurrenz mehr darstellen würde. Für uns war das Abkommen mit Nazideutschland die sowjetische Reaktion auf diese Politik der herrschenden Kreise Frankreichs und Englands, die durch Chamberlain und Daladier repräsentiert wurden. Ein verhängnisvoller Irrtum, wie sich später herausstellte, denn der Stalinismus hat ja den Pakt mit Hitler zur Aufteilung Europas durchaus ernst genommen. Trotz der sehr differenzierten und keineswegs antisowjetischen Position August Siemsens ging damals die Koalition des DAD zu Bruch, weil die Kommunisten sie verließen. Sie waren innerhalb der Emigrantenszene in Argentinien eine kleine sektiererische Minderheit und bedienten sich äußerst makabrer Methoden der Verwirrung und Unredlichkeit. „Das Andere Deutschland“ war auch nach der Abspaltung der Parteikommunisten die größte Gruppe innerhalb der deutschen politischen Emigration in Argentinien sowie Südamerika und blieb ein Sammelbecken sozialistischer Kräfte unterschiedlicher 24° Ausrichtung. Auch die Verbreitung der Zeitschrift wuchs weiter. In den vierziger Jahren erschien sie in einer Auflage von 4.000 bis 5.000 Exemplaren und war damit die meistgelesene politische Exilzeitung auf dem Kontinent. Einer der Höhepunkte der politischen Arbeit des Anderen Deutschland war der Kongreß der deutschen A ntifaschisten, der vom 29. bis 31. Januar 1943 in Montevideo stattfand. Zu dem Kongreß kamen insgesamt 40 Delegierte, die antifaschistische Emigrantengruppen u.a. aus Argentinien, Bolivien, Brasilien und Uruguay repräsentierten. Von Montevideo aus schickten wir ein Grußschreiben an die sowjetischen Kämpfer von Stalingrad und einen Appell an das deutsche Volk, der über Radio Moskau nach Deutschland übertragen wurde. Es war das erste politische Ereignis seit den Differenzen im Jahr 1939, an dem wieder das gesamte Spektrum der linken Kräfte, also auch die Parteikommunisten, teilnahm. Trotzdem waren die Wogen des Streits mitnichten geglättet. So wurde ein „Politisches Manifest der Deutschen Antifaschisten Südamerikas“ gegen die Stimmen der Parteikommunisten verabschiedet. Sie wollten den vom DAD vorgelegten Entwurf nicht mittragen, weil in ihm die Zerschlagung des NS-Faschismus und die sozialistische Neuordnung Deutschlands und Europas gefordert wurden. Da sich die „Kommunisten“ nach dem Überfall Nazideutschlands auf die Sowjetunion wieder um 180 Grad gedreht hatten, wollten sie nun mit Rücksicht auf die Alliierten und bürgerlichen Bündnispartner keine Aussagen über eine sozialistische Neuordnung Deutschlands machen, sondern das Manifest auf die Forderung der Zerschlagung des NS-Faschismus beschränken. Der von ihnen vorgelegte Entwurf wurde abgelehnt. Nach Kriegsende und der Zerschlagung des Hitlerfaschismus traten im DAD wieder politische Differenzen auf, allerdings mit anderen Vorzeichen und Frontlinien. Es gab jetzt innerhalb des DAD drei Gruppen. Die erste Tendenz war prosowjetisch, ihr wichtigster Repräsentant August Siemsen, bei aller Kritik, die er trotzdem warnend immer wieder zur Geltung brachte. Die zweite Gruppe war antisowjetisch und ganz auf die USA und England orientiert. Dazu gehörten Hans Lehmann und Rudi Levy, der Schwager meiner Ex-Frau Lene. Und schließlich gab es eine Gruppe, die weder in die eine noch in die andere Richtung festgelegt war. Als Hitler noch an der Macht war, gab es eine ganz andere Situation. Da waren wir vor allem und zuallererst einmal alle gegen Hitler. Die Sowjetunion selbst war Teil der Anti-HitlerKoalition, so daß der positive Bezug auf die Sowjetunion unter den Antifaschisten unumstritten war. Nur durch die ,,Kommunisten“ gab es besagte Widersprüche in der Frage, ob man sich in der eigenen Politik bedingungslos der Politik der Sowjetunion unterwerfen sollte. Nach Kriegsende brachen dann die Widersprüche zwischen Sozialdemokraten und linken Sozialisten, die es größtenteils schon in der Weimarer Republik gegeben hatte, wieder auf. Die unabhängigen Sozialisten, die z.B. aus der SAP kamen, orientierten sich damals fast alle in die eine oder andere Richtung, entweder in Richtung der Sozialdemokratie, die das kapitalistische System bejahte, oder eben in Richtung Sowjetunion und eines sozialistischen Deutschlands, das für uns damals in der DDR Wirklichkeit zu werden schien. Nach dem Krieg errichtete DAD ein Deutschland-Hilfswerk, als Solidaritätsaktion für das demokratische Deutschland. Es sind viele Tausende von Paketen an deutsche Antifaschisten und Demokraten geschickt worden, die im Widerstand bzw. im KZ gewesen waren. Das hat uns sehr viel Zeit und Kraft gekostet, da wir alles weiterhin auf ehrenamtlicher Grundlage machten.