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to Eva Rosenfeld” **, sowie ,,Drei Briefe von Anna Freud an Eva Rosenfeld;”®® zur Geschichte und zu den kulturgeschichtlichen Kontexten der Disziplin sowie den Möglichkeiten, Literatur mittels Psychoanalyse zu lesen und zu verstehen, „Psychoanalytischer Utopismus”®, „Edith Kramer über Siegfried Bernfeld”?”, „Erikson on Luther” ?®, „Zu ‚Psychohistorie’ und ‚Psychobiographie’” *? und ,,,Narcissism’ in Thomas Mann’s Goethe Novel.” “° Stets greifen in den Beiträgen biographisch-dokumentarische Grundlagenforschung und vorsichtige Adaption psychoanalytischer Ansätze für die Erhellung der Literatur ineinander, relativieren, modifizieren, korrigieren einander — nicht aus akademischem oder gar literarästhetischem Selbstzweck, sondern um einige Aspekte unseres Zeitalters der Desintegration, des Übergangs, der Umwertungen besser erfassen und durchleuchten zu können.*! „Deutsche und Vergleichende Literaturgeschichte“ lautet die akademische Venia (wie es im deutschen Sprachraum heißt), in der Heller von 1968 bis zu seiner Emeritierung 1990 an der State University of New York in Buffalo lehrte und forschte. Daß er sich in seiner Forschungstätigkeit davon nie einschränken ließ, zeigen die Publikationen zu Freud und seinen Schülern. Doch der Brükkenschlag zwischen Psychoanalyse und Literatur allein reichte nach Heller noch nicht aus, um grundsätzliche Probleme der Zivilisation klären (geschweige denn erklären) zu können. Folglich gerieten auch zusehends Philosophie und Philosophiegeschichte, v.a. jedoch die Gedankenwelt Nietzsches in das Blickfeld der Untersuchungen zu den „Problemen der Zivilisation“ (wie Heller einen seiner Sammelbinde programmatisch betitelte).** Gleichsam in konzentrischen Kreisen und aus stets wechselnder Perspektive versucht Heller seit Mitte der 1960er Jahre, sich der Philosophie Nietzsches, ihrer Funktion fiir die westliche Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts und ihrer Beziehungen zur Literatur zu vergewissern. Die rund 20 Nietzsche-Beiträge — nach amerikanischer Tradition zuweilen als „Essays“ ausgewiesen — beschäftigten sich mit einzelnen Schriften”, mit allgemeineren Motiven und Themen in Nietzsches (Euvre** sowie mit den intertextuell-literarischen und zivilisationsgeschichtlichen Beziehungen zwischen Nietzsche und den Weltbildern einzelner Dichter und Philosophen.” Schließlich erscheinen 1972 und 1980 zwei selbständige Publikationen zu Nietzsche: „Von den ersten und letzten Dingen. Studien und Kommentar zu einer Aphorismenreihe von Friedrich Nietzsche” “© und „Studies on Nietzsche” *7, Mit „Dialectics and Nihilism“ sind die 1966 gesammelten Essays über Lessing, Nietzsche, Thomas Mann und Kafka überschrieben.“® Insofern Heller, ausgehend von den philosophischen und literarischen Weltbildern repräsentativer Denker der westlichen Zivilisation, den Nihilismus als intellektuelles Signum wie als antihumanistische Gefahr der Moderne ansah und sich ihm mit einem dialektischen Instrumentarium näherte (welches nicht selten den nihilismusgesättigten Welten der behandelten Schriftsteller selber eingeschrieben ist), stellt auch dieser Titel Programm und Selbstanspruch des Autors dar. Ziel- und Angelpunkt von Peter Hellers immer auch humanistisch motivierten Erkenntnisinteressen waren kritische Überprüfung und Begegnung.*” Doktrinen, Orthodoxien und Dogmen, Kulte und Jüngertum gefährdeten zumal dann, wenn sie sich wissenschaftlich gebärdeten und auf scheinbar unumstößliche Geistesheroen beriefen, die von Germanistik und Kulturwissenschaften geforderte Suche nach erweiterten und vertieften Menschenbildern.° In erster Linie habe man, wie beispielsweise beim Nachdenken über Freud oder Nietzsche, stets „auch den Imperativ des ‚Folge mir nicht nach!” zu beherzigen.”°! Aus einem tiefsitzenden Mißtrauen gegen akademische Paradigmen und literarästhetische Sandkastenspiele in der Manier von New Criticism, traditioneller psychoana24° Wolfgang Hiibsch liest aus Peter Hellers Prosaband „Der junge Kanitz und andere Geschichten“ lytischer Interpretation oder strukturalistischer Wortklauberei heraus suchte Heller sich den offenen Blick, die vor-urteilslose Suche nach Leseméglichkeiten zu bewahren.°? So schwebte ihm nicht nur bei der Arbeit an den ,,Problemen der Zivilisation“ „eine Gesinnung vor, die sich weder im elegischen Lamentieren über verlorene Güter, Götter, oder das fehlende Wozu in dürftiger Zeit gefiel, noch durch labyrinthisch sich bespiegelnde Reflexion oder starre Dogmen und verschwommene Utopien die physischen und geistigen Aufgaben verleugnete, die uns nicht nur als Einzelne sondern als bisher im Kollektiv kaum gedachte Menschheit konfrontieren.”” Aufklärung im Sinne einer ebenso vorurteilslosen wie abwägend-kritischen Anverwandlung von Ideen und Texten war Heller Ziel der Literaturwissenschaft als Fach und Tätigkeit: „Wir müssen lernen, mit Anerkenntnis des Multiperspektivischen oder im Multiperspektivischen bewußt zu leben und zu lesen und die dadurch gegebene Erweiterung der Möglichkeiten und Erhöhung der — ungelösten — Spannungen zu ertragen; d.h. weder auf die falsche Sicherheit eines unilinearen Dogmatismus zu rekurrieren, noch dem Chaos oder der Leere eines, die Kriterien der Validität und jede intellektuelle und existentielle Relevanz absurd nivellierenden, philologischen Nihilismus zu verfallen, der scheinbar alles gelten läßt, in Wahrheit aber nichts.” * Einmal kundig geworden in den Gepflogenheiten der akademischen Welt, macht Peter Heller in ihr Karriere, kommt einer Reihe institutioneller Obliegenheiten nach (u.a. als Direktor der Graduate Studies in German an der Universitit in Buffalo), fährt auch eine reiche Ernte von Gastprofessuren”, Ehrungen und Auszeichnungen ein’ und fördert als Herausgeber der Reihen „Modern German Studies“ (Bonn: Bouvier), ,,Literature and the Sciences of Man“ (New York u.a.: Lang) sowie „German Literature, Art and Thought“ (Lanham u.a.: University Press of America) den akademischen Nachwuchs. Doch ebenso, wie er den Verlockungen selbstgeniigsamer Fachidio