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Brita Eckert Bedrohtes Exil Als der junge Publizist und Politiker Hubertus Prinz zu Löwenstein nach Durchsuchungen seiner Wohnung in Berlin-Charlottenburg Mitte April 1933 vor seiner bevorstehenden Verhaftung gewarnt wurde, wählte er als ersten Exilort ein kleines Schloß in Tirol: Neumatzen im Inntal bei Brixlegg, etwa zwanzig Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Für diese Wahl wird neben der unmittelbaren Nähe zu Deutschland vor allem die Tatsache ausschlaggebend gewesen sein, daß er in Tirol geboren worden war und bis zur Aufnahme des Studiums in München überwiegend in Österreich gelebt hatte. In „unterbewußter Sehnsucht nach der ‚heilen Welt‘“ hatte er bereits Ende März 1933 — nach ersten Verhaftungen und der Ermordung politischer Freunde - Schloß Schönwörth bei Kufstein besucht.' Hier, wo er am 14. Oktober 1906 geboren worden war, hatte er auch seine ersten Lebensjahre verbracht. Sein Vater, der Königlich-Bayerische Rittmeister a.D. Maximilian Prinz zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg, stammte aus Westböhmen. Auch von der Seite seiner Mutter Constance, einer Tochter des britischen konservativen Politikers Henry Lord Pirbright, reichen genealogische Wurzeln nach Österreich: ihr Urgroßvater hatte das Palais Todesco gegenüber der Wiener Oper erbaut. - Wien, Gmunden in Oberösterreich und Klagenfurt, wo Prinz Löwenstein 1924 die Matura ablegte, bilden die weiteren Stationen einer Kindheit und Jugend in Österreich, die auch sein Äußeres mitgeprägt haben. Erika und Klaus Mann erwähnen bei der Beschreibung der Persönlichkeit des Prinzen in ihrem Buch Escape to Life seine „melodisch-dsterreichische Sprechweise“ und bescheinigen selbst seinem Englisch einen „leicht österreichisch gefärbten Akzent, gegenüber dem überall in der Welt eine freundliche Duldsamkeit“ bestehe.” - Die Begegnung mit der Philosophie Platons und der Anthroposophie Rudolf Steiners gehört zu den Eindrücken seiner Schulzeit, die von bleibendem Einfluß wurden; während des Studiums kam diejenige mit der Geisteswelt Stefan Georges hinzu. Früh erwachte auch das Interesse für Politik und das Gefühl der Verpflichtung, in ihr gestaltend mitzuwirken. — Von November 1924 an lebte Prinz Lowenstein meist in Deutschland. Das Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in München, Genf und Berlin schloß er im November 1928 am Berliner Kammergericht mit der Referendarpriifung ab. AnschlieBend promovierte er bei Albrecht Mendelssohn-Bartholdy, Hamburg; unter dem Eindruck der Begegnung mit dem Faschismus in Italien wählte er ein Thema zum Problem Faschismus und Demokratie und entwickelte dabei Gedanken zum Widerstandsrecht gegenüber inhumanen Gesetzen bis hin zur „Pflicht zur Revolution“. - Im April 1929 heiratete er Helga Maria Schuylenburg, die zu seiner engsten Mitarbeiterin und Mitstreiterin werden sollte. Als überzeugter Antifaschist nahm er in Berlin aktiv am Kampf für die bedrohte Demokratie teil. Von 1930 an publiAm 16. Oktober 1930 trat er in das Reichsbanner SchwarzRot-Gold ein, eine von der SPD, dem Zentrum und der Deutschen Demokratischen Partei geschaffenen Organisation zum Schutz der Republik, und baute als Mitglied der Zentrumspartei deren Jugendorganisation auf. Sein engster Mitarbeiter im „Vortrupp Schwarz-Rot-Gold“ wurde Volkmar von Zühlsdorff, damals noch Unterprimaner, — „der Freund seines Lebens“. Die publizistischen und politischen Aktivitäten des Prinzen erregen zunehmend den Haß der Nationalsozialisten. Bereits im Januar 1931 wird er von Goebbels in seiner Zeitung Der Angriffin rüdem Ton angegriffen.” Noch am 19. Februar 1933 nimmt er aktiv an den letzten Kundgebungen des Reichsbanners im Berliner Lustgarten und auf dem Gendarmenmarkt teil und spricht vor den Reichstagswahlen am 5. März auf mehreren Wahlversammlungen des Zentrums. Am 14. März wird die Wohnung der Löwensteins in der Neuen Kantstraße zum ersten Mal von SA und Polizei durchsucht. Aufgrund einer Warnung des Vorstehers des Polizeireviers Berlin-Charlottenburg, der ihnen die Emigration nahelegt und dabei die Ausreiseerlaubnis in die Pässe stempelt, haben sie die Möglichkeit, in wenigen Tagen ihre legale Ausreise aus Deutschland zu organisieren. 23