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miid,/doch nicht besiegt, denn jeder Schritt/von uns geht mit den Tausend mit. [...] Das laut Graf im Februar 1933 in der Arbeiter-Zeitung veröffentlichte Gedicht Keine Nacht vergeht“ (24.10. 1933) trägt ebenfalls diesen Tonfall, erinnert thematisch aber mehr an die Dachauer Chronik: Meine Pulse trommeln Euer Heldenlied:/dieser hat das Foltern überschwiegen,/jenen schoß man tot, weil er kein Wort verriet./Keiner wollte seinen Henkern unterliegen. [...] Sein kämpferischstes Gedicht ist unmittelbar vor den Februar-Kämpfen entstanden (11.2. 1934) und trägt den entsprechend progranmatischen Titel Aufruf!”: Besinnt Euch nicht, nun ladet das Gewehr!/Es fängt der letzte Krieg sein Wesen an./Wir sind das ungezählte Riesenheer,/das sich nur selbst befreien kann. [...] So sehr Graf das Scheitern aufgrund der Unmotiviertheit vieler Genossen, der Vereinzelung der Aktionen und deren Undurchdachtheit im nachhinein kritisierte, glaubte er doch auch nach der Februarniederlage daran, daß sich der Volksfrontgedanke letztlich durchsetzen werde: Die Massen waren gar nicht für den Kampf und viele gingen wie gewohnt zur Arbeit. Zweiter bedrückender Fehlschlag. Die Schutzbündler fingen Montag zu kämpfen an. In den Häuserblöcken statt auf der Straße, statt um die Polizeistationen! Das Militär schoß einfach mit schweren Geschützen auf diese wunderbaren Wohnhausblöcke und trotzdem hielten sich die Schutzbündler drei Tage, an manchen sogar vier und fünf!” Die Partei der österreichischen Arbeiter hat selbst durch die Niederlage nichts verloren, eher gewonnen. |...] Die Arbeitermassen in Österreich werden ins absolut Klassenkämpferische, Proletarische vorstoßen, und es wird nicht ausbleiben, daß sie — die Proleten — nach einer Generalreinigung ihrer Partei zur wirklichen proletarischen Einheit finden.” Zwei Tage nach der Niederlage verläßt Graf Österreich. Bauer zufolge wurde er, im Gegensatz zu vielen Freunden, nicht direkt von Heimwehr und Polizei bedroht und verfolgt, fühlte sich in dem sich verschärfenden politisch-gesellschaftlichen Klima aber trotzdem nicht mehr sicher.” Im eben zitierten Brief berichtet Graf über seine persönlichen Gründe für die weitere Flucht in die Tschechoslowakei, wo er die nächsten vier Jahre in schwierigen finanziellen Verhältnissen lebte, bevor er 1937 Europa endgültig verließ und in die USA emigrierte, die er nach dem Krieg nur noch zu Urlaubsaufenthalten und Lesereisen verließ. Vorher, als man Seitz die Sicherheitsagenda genommen hatte, war bereits das Asylrecht für politische Flüchtlinge automatisch aufgehoben worden, ausgewiesen wären wir also sowieso worden, der Schubparagraph aber schien zu bedeuten, daß man in die Heimat abgeschubst wird und das gab uns den Rest. Also mußten wir eben doch packen und wandern. Wir sind aus Wien weg am Freitag, der Kampf war so ziemlich zu Ende, nur ganz vereinzelt schossen noch Todesmutige aus Verstecken. Anmerkungen 1 OMG: Gelächter von Außen. Aus meinem Leben 1918-1933. München: List-Verlag 1994. S. 463-472, hier: S. 463. 2 OMG, Gelächter, S. 468. 3 OMG, Gelächter, S. 469. 4 In: Oskar Maria Graf: Reden und Aufsätze aus dem Exil. Hg. v. Helmut F. Pfanner. München: Süddeutscher Verlag 1989. S. 17-23. 50 5 In: OMG, Reden und Aufsätze, S. 17-23. 6 In: OMG, Volksschriftsteller, S. 75-81. 7 Dietz/Pfanner, Volksschriftsteller, S. 76. 8 In: Dietz/Pfanner, Volksschriftsteller, S. 37f. Erstveröffentlichung in: Arbeiterzeitung (Wien) Nr. 130/1933. 9 siehe: OMG: An manchen Tagen. München: dtv 1994. S. 14-17. 10 Bauer, OMG, S. 245f. 11 Dietz/Pfanner, Volksschriftsteller, S. 40. 12 Dietz/Pfanner, Volksschriftsteller, S. 38. 13 Dietz/Pfanner, Volksschriftsteller, S. 38ff. 14 Dietz/Pfanner, Volksschriftsteller, S. 40. 15 Dietz/Pfanner, Volksschriftsteller, S. 43. 16 Dietz/Pfanner, Volksschriftsteller, S. 44. 17 Gerhard Bauer: Gefangenschaft und Lebenslust. Oskar Maria Graf und seine Zeit. München: Süddeutscher Verlag 1987. S. 239-244. 18 In: OMG, Reden und Aufsätze, S. 34-37. 19 beide Texte sind enthalten in: OMG, Reden und Aufsätze, siehe auch: Beschreibung eines Volksschriftstellers. 20 In: OMG, Reden und Aufsitze, S. 34-37, hier: S. 37. 21 In: OMG, Reden und Aufsätze, S. 24-29. 23 Bauer, OMG, S. 241-243. 24 In: Wolfgang Dietz/Helmut F. Pfanner: Beschreibung eines Volksschriftstellers. München: Annedore Leber Verlag 1974. S. 62-67. 25 Dietz/Pfanner, Volksschriftsteller, S. 65. 26 Bauer, OMG, S. 241, 247-251. „Der Ball in Grametsdorf. Eine Geschichte aus dem heutigen Bayern.“ Arbeiterzeitung (Wien) Nr. 28/1934. 27 Bauer, OMG, S. 235-244. 28 OMG in seinen Briefen. Hg. v. Gerharg Bauer/Helmut F. Pfanner. München: Süddeutscher Verlag. S. 71. (7.10. 33). 29 Vortrag zur Eröffnung der Oskar-Maria-Graf-Ausstellung in der Deutschen Bibliothek. 12. Dezember 1977. In: Oskar Maria Graf. 30 Ulrich Kaufmann: Oskar Maria Graf. Rebell-Erzähler-Weltbürger. München: P. Kirchheim 1994. S. 131-134. 31 Bauer, OMG, S. 270-279. 32 Bauer, OMG, S. 270. 33 Walter, OMG, S. 13-19. 34 OMG, Briefe (16.12.35), S. 97. 35 Recknagel: Ein Bayer in Amerika. OMG Leben und Werk. Ost-Berlin 1974. S. 203 36 OMG, Briefe (26.1.36), S. 99. 37 OMG, Briefe (20.10.35), S. 95. 38 Die Zeitung erschien im Faust-Verlag Prag/Wien und ist nur noch über die Universitätsbibliotheken Graz und Klagenfurt erhältlich. 39 In: OMG, Reden und Aufsätze, S. 46. 40 OMG, Briefe, S. 78. 41 Recknagel, OMG, S. 200f. 42 Bauer, OMG, S. 247-252. 43 Thomas Kraft: „Lächelt, wenn die Bitternisse kommen...“: Zu den Gedichten von OMG. In: Jahrbuch 1994/95 der OMG-Gesellschaft. 44 Jahrbuch 1996 der OMG-Gesellschaft: OMG. „Ich schwebe von Dingen geschaukelt und lebe mich wund.“ Ausgewählte Gedichte. 45 Kraft, Ausgewählte Gedichte, S. 31. Erstveröffentlichung in: Altmodische Gedichte eines Dutzendmenschen. Frankfurt/Main 1962. Auch unter dem Titel „Gib mir, Genosse, deine Hand“ veröffentlicht. Vgl. Helmut F. Pfanner: Oskar Maria Graf. Eine Kritische-Bibliographie. Bern, München: Francke 1976. 46 Kraft, Ausgewählte Gedichte, S. 32. Erstveröffentlichung in „Arbeiter-Sonntag“ (Wien), Nr. 1/1934. 47 Kraft, Ausgewählte Gedichte, S. 34. 48 OMG, Briefe (13.4. 34), S. 79f. . 49 Dietz/Pfanner, Volksschriftsteller, S. 81. 1935 in: ,,Arbeiterjahrbuch 1935“, Teplitz-Schönau: Selbstverlag der Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik. 50 Bauer, OMG, S. 253.