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durchzuberaten. Sie beschäftigt sich mit der geistigen und moralischen Reorganisation des österreichischen Pen-Club.‘ Am 5. Juli 1933 schrieb Jacob an den zögerlichen bzw. sich weigernden Zweig: „Ich habe Ihre Gründe, aus denen Sie bei der Pen-Club-Opposition nicht mittaten, gewiß geachtet — na, aber richtig waren sie nicht! Der Erfolg hat mir, hat uns fünfundzwanzig In-die-Bresche-Springern recht gegeben. Wir haben die Urbanitzky gestürzt. Und was Salten betrifft, dessen Hemdbrust bei Gastmählern und wohlrednerische Gabe ich ernstlich zu schätzen weiss: meinen Sie nicht, dass Auernheimer das auch zuwege bringt — ohne die unangenehmen Nebenerscheinungen von Kritiker-Gunst und Kritiker-Missgunst und persönlichem Regiment? Und die davongeloffenen Hakenkreuzler. War ihr Austritt der Schönheit des Pen-Clubs abträglich? — Nein, lieber Freund, da hätten Sie ruhig mitmachen können.“’ Am 9. Oktober 1933 hielt Csokor in einem Brief an Ferdinand Bruckner (1891-1958) die Befürchtung fest, daß „es uns hier von Rom oder Berlin aus an den Kragen gehen sollte. Das beste Barometer dafür ist unser Rumpf-Penclub; nachdem ihn die eindeutige Gruppe um Bruno Brehm (1892-1974) verlassen hat, bröckeln noch weitere ab — sogar unser verehrter Präsident [das war Felix Salten] ist ausgetreten, so daß [Oskar Maurus] Fontana und ich mit [Heinrich Eduard] Jacob, [Paul] Frischauer, Robert Neumann, Sonka [d.i. Hugo Sonnenschein] und Robert Musil verblieben sind!“* Jacob nahm auch sonst kein Blatt vor den Mund, was die in Berlin Herrschenden mit ihren österreichischen Steigbügelhaltern penibel zu registrierten wußten. Für den am 1. Januar 1934 in Altaussee (Steiermark) gestorbenen Schriftsteller Jakob Wassermann (1873-1934) hielt Jacob am 23. Januar 1934 vor der „Union österreichischer Juden“ im Festsaal des Handelsmuseums in Wien die Gedenkrede. Ernst Lissauer (1882— 1937) schrieb darüber für die Wiener „Jüdische Wochenschrift — Die Wahrheit“ vom 2. Februar 1934. Er berichtete von einem ausgezeichneten Vortrag, der „von persönlicher Liebe durchwärmt, durch persönlich erlebte und mit sorgfältiger Aufmerksamkeit gesehene Züge erhellt; das Werk Wassermanns überschauend und ordnend; zugleich nach vielen Seiten in geschichtliche und gegenwärtige Verhältnisse ausblickend; sachlich darstellend und zugleich farbig beglänzt‘“ war. Weiterhin merkte Lissauer an: „Jacob hob die bewahrenden Kräfte der Juden hervor: weil sie ein so altes Volk sind, streben sie auch, die wertvollen Güter der Völker, denen sie sich verbinden, zu bewahren. Er sprach von Wassermanns Bemühen, zugleich ‚als Deutscher und als Jude‘ zu leben und zu wirken, von Widerstand und Vorurteil, die ihn hemmten. Das Jahr 1933 sprengte diese beiden Pole so weit auseinander, daß keine Stimme mehr von dem einen zum anderen drang. Die Wucht dieser Geschehnisse zerbrach das Herz Jakob Wassermanns. Er ist eine der repräsentativsten Gestalten des deutschen Judentums und sein Tod ist ein Sinnbild der geschichtlichen Ereignisse, die über das deutsche Judentum hereingebrochen sind.‘“” Nach dieser Wassermann-Rede wurden die Exilaktivitäten Jacobs allerdings ruhiger. Besser gesagt, es war die Ruhe vor dem Sturm. 1934 stellte er sein kulturhistorisches Sachbuch „Sage und Siegeszug des Kaffees“ fertig, das trotz des Boykott-Aufrufs gegen Jacob überraschend noch im November 1934 im Ernst Rowohlt Verlag, Berlin, erschien.!° Wie dies zustande kam, darüber läßt sich, da keine adäquaten Unterlagen vorhanden sind, nur spekulieren. Murray G. Hall vermutet, daß Rowohlt damit lediglich seiner Vertragserfüllung 52 nachkam, „denn die Verkaufsmöglichkeiten waren stark eingeschrinkt.“!! Finanziell ging es Jacob tatsächlich sehr schlecht. Von den Verlagen war nichts mehr zu erwarten. Im Gegenteil, der Zsolnay Verlag forderte eine betrachtliche Summe zurück.'? Im Januar 1935 wurden dann alle Bücher Jacobs in Preußen und am 18. Februar 1935 auf Antrag der Reichsschrifttumskammer für das ganze Deutsche Reich sämtliche seiner erschienenen Druckschriften wegen „deutschfeindlicher Hetze des Verfassers im Auslande“ beschlagnahmt und eingezogen. Im Herbst 1935 war es Jacob noch möglich, im Amsterdamer Querido Verlag seinen Roman „Der Grinzinger Taugenichts“'? erscheinen zu lassen, doch dann überschlugen sich die Ereignisse. Die wirkliche Härte und Erniedrigung im Exil empfand Jacob aber erst am 19. Dezember 1935, „als ich [...] morgens aus meiner Wohnung — wo ich mich innerhalb einer Stadtkultur, die ich liebte und oft gepriesen hatte, sicher gewähnt hatte — davongeholt wurde, um unter Betrugsverdacht ins Landgericht eingeliefert zu werden.“!* Was war geschehen? Zusammen mit seiner fast 71jährigen Mutter Martha Jacob (1865-1943) wurde Jacob in Untersuchungshaft genommen, weil er in kriminelle Machenschaften seiner Halbschwester Alice Lampl (1898-1938) hineingezogen wurde. Alice entging ihrer Verhaftung zunächst, indem sie sich bereits am 14. Dezember 1935 nach Gräfenberg bei Freienwaldau in die Tschechoslowakei abgesetzt hatte. Später, im Juli 1936, wurde sie jedoch an Österreich ausgeliefert. Es ging dabei um Wertpapierbetrügereien mit gestohlenen Aktien der amerikanischen „Northern Central Railway“ bzw. der „Baltimore Trust Company“, die Alice dem Wiener Bankhaus Kux, Bloch & Co. verpfändete. Alice nahm ihren ahnungslosen Bruder zu dieser Transaktion mit, da ein ehemaliger Mitschüler Jacobs bei der Bank als Prokurist beschäftigt war und sie sich so erhoffte, daß eventuelle Zeifel an ihrer Person zerstreut würden. In der Tat nahm die Bank die Wertpapiere entgegen und zahlte 28.000,- Schilling an Alice Lampl aus. Als die Bank erfuhr, daß die Aktien gestohlen und gesperrt waren, wurde das Geld zurückgefordert. Da Alice nur noch 8.000,- Schilling zurückgeben konnte, wurde Anzeige erstattet. Für Jacob war die Verhaftung ein großer Schock und Reputationsverlust. Erst am 18. Juli 1936 wurde er nach Hinterlegung einer Kaution von 12.000,- Schilling, die Freunde und Bekannte von ihm aufbrachten, mit der Auflage, sich stets zur Verfügung des Gerichts zu halten, auf freien Fuß gesetzt. Die Mutter wurde sogar erst am 30. Januar 1937 enthaftet. Von der Verhaftung Jacobs im Dezember 1935 bis zum Prozeßbeginn am 7. Januar 1938 gab es bereits über hundert Pressemeldungen'® in Österreich, Deutschland, Ungarn, der Tschechoslowakei, der Schweiz usw., so daß die Gerichtsverhandlung als „gesellschaftsdramatischer Sensationsprozeß“ gewertet wurde. Am 10. Februar 1938 endete der Prozeß mit einem Freispruch für Heinrich Eduard Jacob und einer Verurteilung zu zwei Jahren schweren Kerkers für seine Schwester Alice sowie eineinhalb Jahre für die Mutter. Obwohl Jacob freigesprochen und das Gericht feststellte, daß er schuldlos in eine böse Sache gezogen wurde, hatte die Geschichte fatale Folgen für ihn, denn seine Reputation bei Freunden, Kollegen und Verlegern, die sich durch die Langwierigkeit und die Berichterstattung des Verfahrens beeinflussen ließen, litt sehr. Klaus Mann (1906-1949) schreibt in seinem Tagebuch beispielsweise „über die ebenso groteske wie peinliche Affäre H.E. Jacob; (die kriminellen Machenschaften mit Mutter und Schwester).“!° Andere hingegen wie Max Brod (1884-1968), Ernst