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Anmerkungen zu Helga Embacher 1 Zum Geschichtsbild des Kameradschaftsbundes vgl. Helga Embacher: „... daß die Ehre der Kameraden unangetastet bleiben müsse...“ Die „Wehrmachtsausstellung“ und das Geschichtsbild des Kameradschaftsbundes. In: H. Embacher, Albert Lichtblau und Günther Sandner: Umkämpfte Erinnerung. Die Wehrmachtsausstellung in Salzburg. Salzburg 1999, 96-132. — Vel. dazu auch den Aufsatz von Karl Müller: Bilder vom Zweiten Weltkrieg in der Literatur aus Österreich nach 1945. (http://195.58.160.41/zumthema/wissensbank/ ftext.asp?id=1075)ml 2 Gerhard Ammerer: Pucher Vereine. In: G. Ammerer (Hg.): Puch bei Hallein. Geschichte und Gegenwart einer Salzburger Gemeinde. Puch bei Hallein: Eigenverlag 1998, S. 674. _ acl „Nächstenliebe“, Olgemiéilde, 1942 „Salon des réves — Salon der Träume“ heißt der Gemäldezyklus des elsässischen Malers Joseph Steib, der in diesem Sommer im Landesmuseum Koblenz gezeigt wurde. Zu besichtigen war, was cher selten vorkommt: ein Maler von regionaler Bedeutung und in seinem näheren Umkreis bekannt als ,,Miniaturmaler und Spezialist für elsässische Szenen und Interieurs“ (S. 46), findet unter dem Druck der Zeitverhältnisse, in den Schrecknissen und Greueln der nationalsozialistischen Besatzungspolitik im Elsaß während des Zweiten Weltkrieges, das Thema, das ihn von nun an völlig beherrscht. Und die Intensität, mit der er erlebt und erleidet, die Erbitterung über das, was er sieht und hört, Haß, Wut und Abscheu über die deutsche Germanisierungspolitik, verdichten sich zu außerordentlich inhaltsreichen, eindringlichen Bildern, die vieles erzählen und vieles dokumentieren — zwischen 1939 und 1945 entsteht hier, unter ständiger Gefährdung, im Geheimen und nur wenigen Vertrauten bekannt, ein Werk von überregionalem Rang. Es sind, so der bereits zitierte zeitgenössische Kritiker, der Journalist Alfred Faust, aus Anlaß der ersten Ausstellung zur Feier 30 der Befreiung im September 1945 in Brunstatt, Bilder, die „die Träume eines Elsässers, der im Herzen ein echter Franzose ist, von der Befreiung seines Landes und der Bestrafung seiner Unterdrücker und Folterer (darstellen), die er mit seinem Haß und seinen Flüchen überschüttet ... man ist verwirrt und zugleich verzaubert von den Visionen und Träumen dieser originellen Malerei“ (S. 46f.) Joseph Steib, 1898 in Brunstatt bei Mulhouse geboren, bildete sich nach der Lehre in einer Lithographieanstalt in Abendkursen zum Maler aus. Er war Autodidakt und galt als Original mit vielseitigen Interessen; ein unermüdlicher Sammler von Bildern, Rahmen, Büchern und Möbeln, leidenschaftlicher Fotograf, cin Amateurmaler, der auf vielen Ausstellungen vertreten war und 1935 für seine Genreszenen in Paris mit einer Silbermedaille ausgezeichnet wurde. Als kleiner Angestellter bei der Stadtverwaltung, zeitlebens von Krankheiten geplagt, die ihn zu immer längeren Beurlaubungen zwangen, wurde er schließlich völlig erwerbsunfähig und 1942, also im Alter von 44 Jahren, pensioniert. Fortan widmete er sich zur Gänze seiner Malerei mit ihrer unter dem Eindruck des Krieges radikal gewandelten Thematik. Steibs Bilder gehen von konkreten Ereignissen aus — Durchsuchung im Zug, Deportationen, Schikanen und Folterungen — die jedoch immer wieder allegorisch überhöht und zu Schlüsselszenen. verdichtet werden. Sie sind kleinteilig gemalt, oft von bemerkenswerter Genauigkeit, mit zahlreichen Personen und Einzelheiten. Ein wesentliches Element.ist das Wort: Plakate, Aufschriften, Spruchbänder aus dem Fundus der Nazipropaganda, von denen die Umwelt in jenen Jahren geprägt war, werden von ihm vielfach in entlarvender Weise verwandt und bilden eine zweite Dimension der Aussage, die das Sujet des Bildes satirisch entlarvt oder sarkastisch kommentiert, oft unter Verwendung nationalsozialistischer Propagandaslogans — so auch in manchen Bildtiteln, etwa „Qui dort, dine/Wer schläft, erspart die Mahlzeit‘ oder „A chacun son tour/Jedem das Seine“, „Toutes les forces pour la victoire/Alle Kräfte für den Sieg“. Steib sah das Ende des Naziregimes voraus und beschwor seinen Untergang in beklemmenden und grandiosen Visionen: „Justice sera faite/Gerechtigkeit wird vollzogen werden“, entstanden 1941/42, zeigt den Tag des Jüngsten Gerichts, an dem Hitler, vor loderndem Fegefeuer, das Urteil Gottes erwartet; „La derniere scene/Der letzte Auftritt“, 1943 gemalt, zeigt im überlieferten Bild des christlichen Abendmahls Hitler als Richter, Goebbels, Göring, Himmler und andere seiner Spießgesellen neben ihm, fast fotografisch genau erfaßt. Reichsadler und Heiliger Geist schweben über Hitler — und die entlar