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Mit der Verspottung des Führers könnten Passagen aus der „Vorbemerkung“ des ersten Heftes gemeint gewesen sein: Von „läppischem und gefährlichem Beginnen“ der geistigen Gleichschaltung in Deutschland ist hier ebenso die Rede wie von einer „barbarischen Grundstimmung“. Jede Reglementierung der Kunst bedeute „die Diktatur des Unterdurchschnitts“ — beides ließ sich auch auf den Ständestaat beziehen. Im Mittelpunkt des ersten Heftes standen Architektur und Bildende Kunst. Neben einem Geleitwort von Franz Theodor Csokor und lyrischen Texten von Theodor Kramer und Rudolf Geist finden sich ein Aufsatz Basils über Wilhelm Thöny, ein ausführlicher Beitrag von Franz Schacherl über zukünftiges Bauen, Abbildungen von Arbeiten Eichholzers (Junggesellen-Pfahlhütte, Gemeinschaftswohnhaus in Moskau), Ernst Plischkes (Haus am Attersee, Sportzentrum für Arbeiter) und Friedrich Zotters (Österreichischer Staatspavillion für die Weltausstellung in Paris 1937). Zotter war Eichholzers Professor an der Technischen Universität Graz. Weitere Illustrationen sind von Lois Pregartbauer. Sein Bild „Der Trommler“ stellt Hitler als Pinocchio mit der langen (Lügen)-Nase dar; weitere Bilder sind von Carl Rabus, Edgar Jene, Gottfried Göbel und Rudolf Pointner (Pointner ist einer der wichtigsten Vertreter der steirischen Moderne, Mitglied der Sezession Graz und des Hagenbunds in Wien). Pointners Bild ist bemerkenswert als eine der ganz seltenen Darstellungen von jüdischen Traditionen in der österreichischen Kunst, und dies in einer Zeit des grassierenden Antisemitismus. Die „Notizen und Ausschnitte“, das sind Glossen am Ende des Plan-Heftes, beschäftigen sich vor allem mit der von den Nazis verfemten Kunst: „Das Dessauer Bauhaus wiedererstanden!“ wird triumphierend gemeldet und die Hoffnung geäuBert, daß das Neue Bauhaus in Amerika „wieder zu einem Kristallisationspunkt aller jener kulturellen Kräfte werde, die sich dem An- und Aufbruch des Troglodytentums entgegenstemmen.“ Aus Hitlers berüchtigter Rede anläßlich der Eröffnung des Hauses der deutschen Kunst in München 1937 wird zitiert, in der er die modernen Maler als Fälle für die Euthanasie oder das KZ klassifiziert. Ein Triptychon des „arteigenen“ Malers und Präsidenten der Reichskammer für Bildende Künste, Ziegler, wird — zwecks Erheiterung — abgebildet und daran erinnert, daß derartiges gegen die „Entarteten“ wie Klee, Nolde, Dix, Beckmann, Kokoschka, Hofer von den Nazis ins Treffen geführt wird. Auffallend ist der große Anteil an Steirern unter den Beiträgern zum ersten Heft. Das ist zum guten Teil auf die Rolle, die Herbert Eichholzer bei der Entstehung des Plan gespielt hat, zurückzuführen. Über die Gründung und Herausgabe existiert ein umfangreiches Briefkonvolut aus der Zeit zwischen 26.9. 1937 und 1.2. 1938. Bereits vor dem Sommer 1937 hatte Otto Basil durch Rudolf Pointner Herbert Eichholzer kennengelernt und ihn zur Mitarbeit am Plan eingeladen. Basils Zielsetzung war es, „zur Verwirklichung wahrer sozialistischer Demokratie eine Kulturzeitschrift von europäischer Gesittung und weltbürgerlicher Fülle“ zu gründen. Herbert Eichholzer war mit Begeisterung dabei und beschaffte mehr als ein Drittel des benötigten Geldes. Als er daran die Forderung knüpfte, der „Grazer Gruppe“ des Plan-Kollektivs entsprechenden Raum in der Publikation zu geben, kam es zu ersten Meinungsverschiedenheiten mit Basil. Diese eskalierten, als Eichholzer sich mit Franz Schacherl wegen eines geplanten Beitrages des Wiener Architekten Fritz Janeba anlegte, der von ihm als mittelmäßig eingestuft wurde. Am 3. November 1937 schreibt Eichholzer an Basil, der seinem Freund Schacherl zu Hilfe kam: Wenn Sie, lieber Herr Basil, versichern können, daß das literarische Niveau der Zeitschrift für Mitteleuropa führend sein wird, so ist das sehr schön. Nicht einverstanden sind wir aber, wenn sie für Architekten, Maler etc. einen weniger rigorosen Maßstab vorsehen und nichts daran finden, wenn der eine oder andere Beitrag mittelmäßiger sein wird. Da Basil das einsehen mußte, verließ Schacherl das Kollektiv und konnte nur durch Vermittlung Axl Leskoscheks zur weiteren Mitarbeit bewegt werden. (Axl Leskoschek kannte Schacherl, der in Graz studiert hatte, sehr gut.) Eichholzers setzte sich in der Folge mit seiner Forderung durch, mit Zotter und seinen Mitarbeitern die „Abteilung Architektur‘‘ so zu führen, wie Otto Basil seinerseits den literarischen Teil bestimmte: Statt des Janeba-Beitrags wurde Ernst Plischke im ersten Heft vorgestellt. __ Ernst Anton Plischke (1903-1992), Arbeitersportstätte Friedrich Zotter, der Lehrer Eichholzers an der Technischen Universität Graz, kam mit seinem Entwurf für den Österreichischen Staatspavillion auf der Weltausstellung in Paris 1937 zum Zug, an dem Eichholzer mitgearbeitet hatte. Zusammen mit den Arbeiten Eichholzers in dem Heft waren also ausschließlich die Vertreter des internationalen Stils vertreten, die sich am CIAM orientierten. (,,Congrés interna33