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zu Löwenstein — dem Initiator und Generalsekretär der Akademie wie auch der American Guild — Richard Arnold Bermann als Mitbegründer der Akademie, die Präsidenten Thomas Mann (literarische Klasse) und Sigmund Freud (wissenschaftliche Klasse), Rudolf Olden in seinem Engagement als Senator der Akademie und Leiter des Deutschen P.E.N. im Exil sowie Jesse Thoor (einen erst im Exil entdeckten Schriftsteller) näher vor. Weitere Abschnitte befassen sich mit der Struktur der American Guild for German Cultural Freedom und ihrer Schwesterorganisation Arden Society in England, der Öffentlichkeitsarbeit und Wirkung der Akademie und mit ihren Stipendiaten, mit dem von der Akademie ausgeschriebenen _literarischen Wettbewerb, den Kontakten u. a. zu Fabian Fry und seinen Mitarbeitern in Marseille sowie der politischen wie kulturellen Wirkung der Akademie über ihr offizielles Bestehen hinaus. Prinz zu Lowenstein hat sich nach seiner Rückkehr aus dem Exil weiter leidenschaftlich für Aufbau und Erhaltung einer lebendigen Demokratie im Nachkriegsdeutschland eingesetzt, erst als Bundestagsabgeordneter und später als Sonderberater des Bundespresseamtes sowie als Publizist. In Ergänzung dazu bieten die Dokumente und eine Biblio-. graphie im Anhang weitere wichtige Fakten für die Forschung. Hubertus Prinz zu Löwenstein ist am 28. November 1984, also vor 15 Jahren, 78jährig in Bonn verstorben. Für sein politisches Engagement wurde er schon zu Lebzeiten hoch geehrt. Für sein größtes Verdienst, die Gründung der American Guild for German Cultural Freedom (vgl. Brita Eckerts Aufsatz in MdZ Nr. 2/1999, 23-27, setzte ihm nun sein treuer Freund und Mitarbeiter Volkmar von Zühlsdorff ein Denkmal. Helga Schwarz Volkmar Zühlsdorff: Deutsche Akademie im Exil. Der vergessene Widerstand. Berlin: EMV Ernst Martin Verlag 1999. 284 S. Marie-Louise von Motesicky Die 1906 in Wien geborene und 1996 in London verstorbene Malerin Marie-Louise von Motesiczky (vgl. MdZ Nr.2/1996, 39f.) gründete 1992 einen Charitable Trust, der seine Aufgabe darin sieht, „to further the education of the public in the fine arts and to look after her artistic and personal legacy by familiarizing a wider audience with her work.“ Die Kuratoren sind: Professor Jeremy Adler, Richard Karplus, Sean Rainbird (Tate Gallery, London) ‘und David Scrase (Fitzwilliam Museum, Cambridge). Der Trust gibt einen Newsletter heraus, dem zu entnehmen ist, daß Jill Lloyd an einer Studie über die Malerin arbeitet, und wäre dankbar für Erinnerungen oder Dokumente über Marie-Louise von Motesiczky. Die Adresse ist: 6 Chesterford Gardens, London NW3 7DE, Tel. und Fax: 0044/171/ 794 3394. E.A. 56 Die Psyche der Täter und das Überleben der Opfer im Terror des KZ - ein Ernst Federn-Buch Dieses Buch ist von außerordentlicher Bedeutung, denn es enthält wertvolle Erstveröffentlichungen im Hinblick auf das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager und, generell, zum Versuch einer Psychologie der extremen staatlichen Gewalt, die durchaus vom üblichen Verständnis dieser Dinge abweichen. Es ist dem Kölner Pädagogen und Publizisten Roland Kaufhold zu verdanken, daß hier erstmals die frühen psychologischen Studien Ernst Federns zur Funktionsweise des absoluten Terrors des nationalsozialistischen Lagersystems aus der Sicht eines Betroffenen und zugleich Wissenschaftlers in einem Band zusammengetragen wurden, für die es weder unmittelbar nach dem Kriegsende noch in späteren Jahrzehnten ausreichend Beachtung gab. Ernst Federn war als politischer Gefangener, der trotzkistisch orientiert war — die Kategorie des jüdischen Häftlings kam hinzu - sieben Jahre lang in den Konzentrationslagern Dachau (1938) und Buchenwald (von 1938 bis zur Befreiung) inhaftiert, nachdem er - in der Zeit des Austrofaschismus — bereits ein Jahr lang in österreichischen Gefängnissen hatte zubringen müssen. In Dachau ist er gefoltert worden, in der gleichen Art, die Jean Ame£ry beschrieben hat. Wie man acht Jahre unter solchen extremen Bedingungen nicht nur überleben kann; sondern auch als Persönlichkeit überstehen kann, zeigt der österreichische Psychoanalytiker und Sozialtherapeut Ernst Federn in seinen Studien und Auftritten als Zeitzeuge: Er hat sich in eine Doppelrolle begeben, indem er die passive, die unerträgliche Seite als vogelfreies Opfer der Nationalsozialisten, das jederzeit der absoluten Willkür ausgesetzt war und dessen Überleben als jüdischer politischer Gefangener unablässig bedroht war, mit der aktiven Seite des wissenschaftlich-rationalen Beobachters und Analytikers der ihn umgebenden Zustände relativieren konnte. Diese Überlebensstrategie, in der die Verschiebung von Leid zur nüchternen Sachlichkeit, zur Beschäftigung mit Wissenschaft, oder aber mit Kunst oder Literatur oder unerschütterlichen politischen oder religiösen Überzeugungen, in denen die Hoffnung an ein sinnvolles Leben nach der Zeit der Quälerei und der Todesangst entscheidend ist, jemanden rettet, indem es ihn innerlich teilweise aus der Unerträglichkeit der Situation herausbringt und einen Bruchteil von individueller Autonomie wiederherstellt, finden wir ja bei manchen Überlebenden von Arbeits- und Konzentrationslagern, in denen - gemessen an den Zuständen in den Vernichtungslagern — bessere Überlebensbedingungen geherrscht hatten. Dies trifft auch auf Buchenwald zu. So ist es Ernst Federn bis heute gelungen, die vernunftgeprägte Annäherung an den erlebten und erlittenen Terror beizubehalten und sich nicht von der emotionalen Wucht seiner Erfahrungen überrollen zu lassen; was für manche der KZ-Überlebenden noch stets überlebenswichtig ist. Das wiederum bedeutet für Nachgeborene ein doppeltes Lernen: die Reaktionen der Überlebenden intellektuell und emotionell zu erfassen, und, wie im Falle von Ernst Federn, sich darüber hinaus mit seiner intellektuellen Analyse des NS-Terrors auseinanderzusetzen. Die wiederum ist ein kostbares Zeugnis. Wären seine Studien früher veröffentlicht worden, hätten beispielsweise viele Jahre der Mythologisierung der Zustände im Konzentrationslager Buchenwald vermieden werden können. Denn Federn war als Trotzkist immer ein Außenseiter, was im KZ Buchenwald von besonderer Bedeutung und besonderem Risiko war, denn dort hatten ab 1939 deutsche kommunistische Häftlinge als sog. „Funktionshäftlinge“, autorisiert von der SS, die „Häftlingsselbstverwaltung“ übernommen. Gemäß dem „Teile und herrsche“-Prinzip der Nationalsozialisten fiel ihnen somit die Machtposition zu, die Arbeitseinteilung, den Transport zu Außenkommandos und die Deportationen in Vernichtungslager entscheidend mitbestimmen zu können. Daß dabei durch die kommunistischen Funktionäre die eigenen, als zuverlässig und bedeutend angesehenen Parteimitglieder bevorteilt wurden, während die Anhänger der Linksopposition oder Einzelgänger solchen Arbeitskommandos zugeteilt wurden, in denen ein Überleben eher unwahrscheinlich ‚war, war eine Folge davon. Ohne dies hier als Außenstehende nachträglich verurteilen zu wollen, muß konstatiert werden, daß diese Tatsache dennoch insbesondere für die Überlebenden, die damals keine orthodoxen Kommunisten und dadurch benachteiligt waren, einen nach wie. vor schockierenden Sachverhalt darstellt, über den sie nicht hinwegkommen. Dies gilt auch für Ernst Federn. In dem Film „Überleben im Terror — Ernst Federns Geschichte“ (1992) von Wilhelm Résing und Marita Barthel-Résing geht er — ebenso wie in seinen Schriften — ausfiihrlich auf seine diesbeziiglichen Erfahrungen ein. Seine Schriften sind jedoch nicht nur wegen der Dekonstruktion des Solidaritätsmythos unter den politischen Gefangenen unrezipiert geblieben. Indem Federn Aussagen zur Psychopathologie des Völkermords und der Analyse des menschlichen Verhaltens in Extremsituationen machte, entnationalisierte er dies gleichzeitig. So betont er in seinen Studien mehrmals, daß im NS-Regime unter ganz konkreten Rahmenbedingungen psychische Mechanismen wirksam werden konnten, die keinesfalls nur als typisch deutsch betrachtet und somit leichthin abgetan werden dürften, sondern gerade in der universellen Gültigkeit ihre konkrete Gefahr bergen würden. Aber selbst wenn man zugibt, daß die Regression in den Sadismus eine allgemein mensch