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Rode aber gab nicht klein bei: Er bewies den Geschworenen die formalistische Künstelei, mit welcher der Oberste Gerichtshof die Schludrigkeiten und Widersprüche des Verfahrens wegargumentiert hatte und „blind und unfähig“ seiner Verpflichtung nicht genügt hatte. Er verteidigte auch die Form seines Zeitungsartikels, das Pamphlet: Gegenstand des Pamphlets ist der Kampf gegen das Erstarrte ohne Sinn, gegen die Herrschaft der toten Vergangenheit gegen die lebende Gegenwart; der Kampf gegen die unverfolgbaren Verbrechen der Großen, ihre Packeleien, ihre Urteilssprüche. Hier erscheint der Pamphletist als ein Organ der vergeltenden Gerechtigkeit, dazu berufen, dem vorzubeugen, daß die großen Untaten auf Erden nur der Nachbehandlung in der Hölle aufgespart bleiben. Er schloß seine Rede mit den Worten: Meine Herren! Ich bin angeklagt, zu Haß und Verachtung gegen den Kassationshof aufgereizt zu haben. Ich wollte zu Haß und Verachtung gegen den Kassationshof aufreizen, weil er meines Erachtens, Haß und Verachtung verdient. Ich weiß nicht, wie sie über meinen Kampf denken. Aber ich sage ihnen, wie immer ihr Urteil gegen mich ausfällt, ich werde meinen vieljährigen Kampf gegen den Kassationshof nicht aufgeben, bis er zur Grube fährt, fluchbeladen. Und die Geschworenen verurteilten nicht Rode, sondern den Obersten Gerichtshof, indem sie Rode mit überwältigender Mehrheit freisprachen. Zum zweiten Mal hatte Rode einen spektakulären Triumph über den Obersten Gerichtshof errungen, ja ihm, der sich an seinem Kritiker rächen wollte, eine öffentliche Blamage bereitet. Seine Verteidigungsrede ließ Rode unter dem Titel „Gericht über den Obersten Gerichtshof“ erscheinen. VII. Rode kämpfte immer mit vollem Risiko, ohne Rücksichtnahme auf eigenes Wohlergehen. An zahlreichen spektakulären Prozessen im Wien der zwanziger Jahre war er beteiligt, seine sowohl in Pamphleten als auch vor Gericht oft geübte Kunst, den Gegner der Lächerlichkeit preiszugeben, hatte aber schwerwiegende Folgen. Als er in einem aggressiven Pamphlet den Beamtenstand verlästerte, brachte er die Wiener Finanzjuristen derart gegen dich auf, daß sie ihn boykottierten und seine Streichung aus der Anwaltsliste forderten. Vielleicht überschätzte er auch die Möglichkeiten, als Einzelner wirksam gegen Machtmißbrauch, Korruption und Rechtsbeugung anzukämpfen, und wäre — wie Anton Kuh meinte — „in der Michael-Kohlhaas-Schlinge der hoffnungslosen Rechts-Suche erstickt“, hätte er sich nicht entschlossen, die Anwaltschaft aufzugeben, Österreich den Rücken zu kehren und in der Schweiz, im Tessin, als freier Publizist und Schriftsteller zu leben. Dort verstärkte sich seine schriftstellerische Produktion, wobei vielleicht auch materielle Gründe mitbestimmend waren, denn er mußte ja von etwas leben und Reichtümer hatte der selbstlose Rode in seiner Anwaltslaufbahn nicht erworben. 1929 erschien im Berliner Rowohlt Verlag sein Buch „Justiz“, der Extrakt der Justizkämpfe seines Lebens. Er verfaßte zahlreiche Zeitungsbeiträge für Wiener Tageszeitungen, für das angesehene Prager Tagblatt, das ihn später zu seinem Korrespondenten beim Genfer Völkerbund bestellte, für die Berliner Weltbühne, das Tage-Buch, und gelegentlich für den Querschnitt und den Simplizissimus. Seine Beiträge wurden häufig IX. In der Schweiz fand Rode auch Anschluß an literarische Kreise, so um den Zürcher Rechtsanwalt Vladimir Rosenbaum, dessen Haus in der Zürcher Stadelhoferstraße nach der Machergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland ein Zentrum des literarischen Exils wurde, in dem u. a. Ignazio Silone, Hans Marchwitza und Robert Musil verkehrten. Den in Prag, Paris und Amsterdam erscheinenden Zeitschriften des deutschen Exils bot Rode sofort seine Mitarbeit an, seine Beiträge erschienen in den führenden Organen des Widerstandes gegen Hitler, der Sammlung, der Neuen Weltbühne und dem Neuen Tage-Buch. 1934 veröffentlichte Rode im Zürcher Europa Verlag seine höchstpersönliche Abrechnung mit dem Nationalsozialismus, das Buch „Deutschland ist Caliban“ in dem er die geistige Hohlheit und Armut der Thesen der Rassenfanatiker und Kriegstreiber entlarvte und anprangerte. Das Buch sollte sein letztes bleiben, denn Rode starb am 12. August 1934 — erst 58jahrig — in Vladimir Rosenbaums Tessiner Landhaus ,,La Barca“ bei einem Fest, das dieser zu Rodes Ehren gegeben hatte. X. Das Buch, dessen Neuauflage heute vorgestellt wird, „Knöpfe und Vögel“, erschien 1931 im Berliner Transmare Verlag, vor 29