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Paul Celan: Schwarz SCHWARZ, wie die Erinnerungswunde wühlen die Augen nach dir in dem von Herzzähnen hellgebissenen Kronland, das unser Bett bleibt.’ Paul Celan: Hervorgedunkelt HERVORGEDUNKELT, noch einmal, kommt deine Rede zum vorgeschatteten Blatt-Trieb der Buche. Es ist nichts herzumachen von euch, du trägst eine Fremdheit zu Lehen. Unendlich hör ich den Stein in dir stehn.® Aus zwei Briefen an Alfred Margul-Sperber: „Ich habe mich oft gefragt, ob ich nicht besser bei den Buchen meiner Heimat geblieben wäre [...]“ „In einem gewissen Sinne ist mein Weg noch einmal der Ihre, wie der Ihre beginnt er am Fuße unserer heimatlichen Berge und Buchen.‘” Aus einem Brief an den Jugendfreund Gustav Chomed vom 19. März 1970: „... die Heimat bleibt bestehen, quia absurdum, mit der Töpfergasse, mit dem französischen Liedanfang, der mir mitten durchs Herz geht, hier in diesem nun gar nicht mehr geträumten, oft so unmenschlichen Paris [...] Ach, weißt Du, ich wollte, ich wohnte noch dort — nicht nur die Töpfergasse war menschlich.“ Anmerkungen Für P.A., Gesammelte Werke, Bd. 2, S. 101. Ein Stück weiter. Literarischer Verlag Braun 1979. S. 121. Im Atemhaus wohnen. Frankfurt a.M.: Fischer TB 1980. S. 45. Aschenzeit. Aachen: Rimbaud 1994. S. 121. Gesammelte Werke, Bd. 2, S .57. Gesammelte Werke, Bd. 2, S. 367. In: Neue Literatur 7 (1975), H.7, S. 56-63. NAwm BWN = Edith Silbermann wird beim Internationalen Symposion „Jiddische Literatur aus Österreich. Texte und Kontexte“, Salzburg, 6.-9. November 2001, jiddische Lyrik lesen und dann auch am 13. November im Wiener Literaturhaus vortragen. Auflösung Still träumt die Landschaft. Keine Beschwerde haftet an ihrer gelösten Gestalt. Die Vögel schaukeln die schwebende Erde mit Liedern aus dem erwachenden Wald. Ruft eine Baumseele grünes Ermahnen, duftet der Honig der Dolden herein, läutet ein Lerchenlied sternisches Ahnen, quillt aus dem Sonnenberg süßester Wein: Stehn wir im Mittelpunkt steigend wie Aare, rings wirbeln Welten, die Ewigkeit brennt! Eine Sekunde fliegt tausende Jahre, und die Erscheinungen sind transparent. Glaskugeln sind wir, kristallenes Schauen — nur eine Knospe, die weiß sich verschließt, hängt noch als letzte Gestalt in dem Blauen, das unsre kreisende Räume durchfließt. 10 Aus meiner Einsamkeit Aus meiner Einsamkeit wächst eine Blume, ein weißer Kelch, in den das Leben fällt, und der, voll bis zum Rand gefüllt mit Welt, wie eine treue Last die Gabe hält, und duftend sich erfüllt zu ihrem Ruhme. Um meine Stille sprießen heimlich Ringe, und meine Blüte steht in Licht und Wind. Doch ihre Wurzeln, die, verzweigt und blind wie Adern durch die Erde rinnen, sind verflochten mit den Fäden aller Dinge. Die Jahreszeiten drehn sich sanft im Tanze. Wie Regen rinnt die Melodie der Zeit in meinen tiefen Kelch der Einsamkeit. Doch aus den Wurzeln steigt die Ewigkeit von Lenz zu Lenz empor zu neuem Glanze. Mit Genehmigung der Rose Ausländer Stiftung, Köln. Aus dem Nachlaß von Alfred Margul Sperber im Literaturarchiv Bukarest, aufgefunden von George Gufu.