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unweit von einem Munitionsdepot. Bei einem Treffer wäre die Schule explodiert. Der Bombenangriff vom 17. Juli 1945, in dem Emigranten und Tausende Chinesen ums Leben kamen, war der ärgste Angriff, den Shanghai erlitt. Als sich das Kriegsende näherte, planten die Japaner Haus-zu-HausKämpfe, und mein Vater, so wie alle Männer, mußte Pao Chia Dienst leisten und Gruben vor dem Schulgebäude graben. Wir hatten den Krieg überlebt, nun bestand die Gefahr, daß die chinesische Regierung die Emigranten einsperren oder deportieren würde. Zum Glück kam es nicht so weit.” 1946, als die ehemaligen Schüler der Gregg School bei der amerikanischen Armee Anstellung fanden, waren auch meine Eltern bei den Amerikanern als Lehrer beschäftigt.” 1947 waren schon Tausende Emigranten aus Shanghai abgewandert, auch meine Eltern wollten nicht bleiben. Es waren nicht mehr genug Schüler in Hongkew, so schlossen meine Eltern die Schule, sie wollten die Schule auch nicht in die Stadt übersiedeln. Von 1947 bis 1949, war mein Vater Vorstand des österreichischen Klein Quoten Komitees, und später Vorstand der Association of Small Quota Committees.3' Mein Vater übernahm den Posten des Sekretärs des Wanderungs-Ausschusses des Delegiertenrates und arbeitete auch in der Rechtsabteilung der Jüdischen Gemeinde.” Wir verließen Shanghai am 15. Februar 1949, unter Druck der politischen Ereignisse.” Obwohl die Emigranten in Shanghai Hitlerflüchtlinge waren, hat uns die amerikanische Regierung nach dem Krieg nicht als displaced persons anerkannt. Die in Deutschland geborenen Emigranten konnten 1949 auf der großen deutschen Quote Anmerkungen 1 Wilhelm Deman: Ein verlorenes Jahrzehnt, maschingeschr. Manuskript, S. 62. 2 (Anonym): Vortrag Mr. Deman. In: The Shanghai Post, 8.8. 1939; (anonym): Volksbildungsarbeit in Hongkew. In: 8 Uhr Abendblatt, 27.12.1939. Bestätigung von Heimleiter Reif, 26.10. 1939. 3 Victor Sternberg: Jugendklub im Kinchow-Heim. In: Die Gelbe Post, 10.1. 1940; Alfons Kraemer: Ein Geschenk an die Jugend. In: 8 Uhr Abendblatt der Shanghaier Woche, 8.1. 1940; (anonym): Ein Neues Werk Kadoories. In: Shanghai Herald, 10.1. 1940. 4 (Anonym): Bericht Professor Demans. In: Shanghai Jewish Chronicle (SJC), Juni 1940. 5 W. Deman: Ein verlorenes Jahrzehnt, S. 101. 6 Walter Dawison: Ein Jahr Jugendklub. In: 8 Uhr Abendblatt der Shanghaier Woche, 6.2. 1941. 7 (Anonym): Veranstaltungen der letzten Woche. In: SJC, 12.1. 1941. 8 Walter Dawison: Eine Sparbank für Hongkews Jugend. In: SJC, 5.10. 1940; Ernst Pollak: Eine Sparbank der Kinder. In: SJC, 20.5. 1940. 9 Walter Dawison. In: SJC, 5.10. 1940. 10 W. Deman: Ein Verlorenes Jahrzehnt, S. 106, und Ernst Pollak: Die S.J.Y.A. School feiert den Muttertag. In: SIC, 20.5. 1940; (anonym): Der erste Muttertag im Exil. In: ?, 18.5. 1940. 11 Ernst Pollak: Kindergottesdienst für Erwachsene. In: ?, 29.6. 1940, und: Die Gelbe Post, 29.6. 1940. 12 W. Deman: Ein verlorenes Jahrzehnt, S. 108. 13 Ernst Pollak: Purimfest in der SIYA Schule. In: SIC, 16.3. 1941. 14 Ernst Pollak: Elternveranstaltung in the SIYA Schule. In: SIC, 12.5. 1941. 15 W. Deman: Ein verlorenes Jahrzehnt, S. 124; Manfred Rosenfeld: Wirtschaftsaufbau durch Können. In: SCJ, 14.6. 1942. 16 Vertrag mit Carole Stewart, 9.1. 1941. 17 Vertrag mit Tomao Hoshino, IV1941. 46 (27.000) mit Sammel-Affidavit nach Amerika auswandern. Die österreichische Quote hingegen war klein (1.413 pro Jahr), und die Lage war hoffnungslos. Was noch viel ärger war, war die Tatsache, daß die Quote um weitere 50 % gekürzt wurde, weil Quoten für die Volksdeutschen reserviert wurden. Deshalb führte mein Vater den schweren Kampf, die Kleinquotler (nicht nur die Österreicher) als displaced persons anzuerkennen. Erst 1950 wurde die Cellar Bill vom Repräsentantenhaus akzeptiert, und die Kilgore-Furguson Substitute Bill wurde vom Senat angenommen. Der Präsident der Vereinigten Staaten unterschrieb den Kompromiß-Akt, und zum ersten Mal waren „4.000 European DP’s who were in China on June 1, 1948“ als „displaced persons“ anerkannt, auch wenn sie nicht mehr in Shanghai wohnten. Nicht erwähnt, aber ausgeschlossen waren Shanghaier, die sich in die alte Heimat repatriieren ließen.* Für meine Eltern, Grete und Wilhelm Deman, waren die zehn Jahre in Shanghai zwar ein verlorenes, wohl aber nicht verschwendetes Jahrzehnt gewesen. Joan R. Deman, als Johanna Renée Deman 1934 in Wien geboren, emigrierte mit ihren Eltern und ihrer Großmutter im April 1939 nach Shanghai. Genau zehn Jahre später, im April 1949, kehrte sie nach Wien zurück, wo Wilhelm Deman bis 1951 in der resettlement division der IRO (International Refugee Organization) tätig war. Joan Deman studierte Internationale Beziehungen an der University of Chicago und arbeitete viele Jahre als Personalmanagerin. Sie lebt in Chicago. 18 M. Rosenfeld: Fortbildung — ein brennendes Gegenwartsproblem. In: SJC, 12.3. 1943; Inserate 13.12. 1942. 19 Briefe von der ORT, 20.10. 1942 und 14.12. 1942. 20 Briefe von der Jiidischen Gemeinde, 10.9. 1943, 4.6. 1942, 21.1. 1942. 21 Winterhilfe — Dank-Brief von Rudolf Glaser, 17.11. 1941. 22 Brief von Lutz Wachsner, Predigt, 18.1. 1942. 23 Pao Chia Volkszahlungsformular. 24 Leo Schäfer: Hilfe für die Geistigschaffenden. In: SIC, 24.12. 1942. 25 W. Deman: Ein verlorenes Jahrzehnt, S. 137. 26 (Anonym): Kulturdezernat: Wozu Bildung? In: SJC, 22.1. 1943. 27 Asia Seminar Friihjahrs-Semester 1944; Manfred Rosenfeld: Chinesische Kultur- und Wirtschaftsformen. In: SJC, 7.3. 1944; Brief von W.Y. Tonn, 28.9. 1944. 28 W. Deman: Ein verlorenes Jahrzehnt, S. 151. 29 (Anonym): Repatriierung oder Internierung? In: Die Neue Zeit, 16.12. 1945; (anonym): Keine Internierung! Der Delegierten-Rat teilt mit. In: Die Neue Zeit, 20.12. 1945. 30 (Anonym): Ehrenvolle Anerkennung. In: Shanghai Echo, 12.9. 1946. 31 W. Deman: The History of the ,,Small Quotas“. In: Shanghai Echo, 1.1. 1948; Briefe von Senator J. Howard McGrath, 18.11.1947, und dem amerikanischen Vizekonsul in Shanghai, Norman S. Hannah, 16.2.1948. 32 Vereinbarungen mit dem Council of European Refugee Organizations, 1.10. 1948 und 2.1. 1949. 33 Manfred Rosenfeld: Prof. Deman geht nach Italien. In: Shanghai Echo, 15.2. 1949. 34 Displaced Persons Act of 1950.