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Flüchtlingskommittee will zunächst das Schulgeld für die höhere Schule nicht bezahlen, doch mit der Hilfe ihrer Pflegeeltern kann sie sich durchsetzen. 42 Zit. nach: Göpfert, Kindertransport, 119. 43 Zit. nach: Ebenda, 120. 44 Ebenda, 141. 45 Göpfert, Ich kam allein, 24. 46 Harris/Oppenheimer, Kindertransport in eine fremde Welt, 259. 47 Turner, Kindertransport, 147. 48 Gissing, Heimkehr in die Fremde, 103 49 Ebenda, 56. 50 Ebenda, 124. 51 Im Exil entstanden zahlreiche Landschulheime, die von deutschen exilierten Pädagogen und Pädagoginnen geleitet wurden. Aufgrund dieser Vielfalt existierten im Exil die unterschiedlichsten pädagogischen Theorien und Theoreme weiter. Papanek fühlte sich vor allem den Eltern der Kinder verpflichtet. „Darum versuchten Papanek und seine Mitarbeiter nicht, die Individualität der Kinder zugunsten einer religiösen oder weltanschaulichen homogenen Gemeinschaft aufzubrechen.“ (Papanek, Die Kinder, 11). 52 Hansen-Schaberg, Kindheit und Jugend, Sp. 84. 53 Vgl.: Papanek, Die Kinder, 85, 178, 201. 54 Franziska Tausig: Shanghai-Passage. Flucht und Exil einer Wienerin. Wien 1987, S. 154. 55 Harris/Oppenheimer, Kindertransport in eine fremde Welt, 359. 56 Vgl.: Papanek, Die Kinder, 111f. Dort heißt es: „Im allgemeinen stimmten sie darin überein, daß sie zufrieden wären, ihre Eltern am Leben und in Sicherheit zu wissen. ‚Aber ich sorge mich nicht um sie’, sagte ein junger Mann. ‚Sie haben mich weggeschickt, damit ich mich nicht sorgen soll. Warum sollte ich ihr Opfer sinnlos machen?“ Das Wegschicken der Kinder blieb ein jahrelanges Trauma der Kinder. 57 Über die Autorin Hertha Freund (Gabriele Mittag führt den Namen Hertha Steinhart-Freund an) ist wenig bekannt. Das Gedicht Ein Emigrantenkind spricht wurde in der New Yorker Zeitschrift Aufbau veröffentlicht. Vgl. hierzu: Gabriele Mittag: ‚Es gibt Verdammte nur in Gurs’. Literatur, Kultur und Alltag in einem südfranzösischen Internierungslager 1940-1942. Tübingen 1996, S. 293. 58 Zit. nach: Michael Philipp (Hg.): Gurs. Ein Internierungslager in Südfrankreich 1939-1943. Literarische Zeugnisse, Briefe, Berichte. Hamburg 1991, S. 62. Zurndorf im Burgenland Von einer „Jüdischen Gemeinde“, wie man sie aus Kittsee, Eisenstadt, Lackenbach oder Frauenkirchen her kannte, war in Zurndorf kaum etwas zu merken. Es gab einige Familien, die seit vielen Jahren dort wohnten. Mein Urgroßvater väterlicherseits war irgendwann aus dem tiefen Ungarn nach Zurndorf gekommen; mein Großvater, Fritz Spiegl, wurde bereits dort geboren. Großvater Spiegl, den ich nicht mehr kannte, hatte eine Landwirtschaft, handelte mit Getreide und Pferden und war anscheinend ein im Dorfe höchst angesehener Mann. Nach und nach richtete er für seine acht Kinder (vier Mädchen und vier Buben) Existenzen ein. Zwei Mädchen heirateten nach Wien bzw. Parndorf; der älteste Sohn gründete ein Geschäft in Wien. Zurück blieben meine beiden damals ledigen Tanten Emma und Josefine; sie erbten eine Gemischtwarenhandlung und das elterliche Wohnhaus. Mein Onkel Willy wurde Kaufmann, mein Onkel Nathan hatte eine Fleischerei, und mein Vater Rudolf bekam des Großvaters Sodawasserfabrik und verkaufte nebenbei landwirtschaftliche Maschinen. Mein Bruder Fritz und ich hatten insgesamt fünf Cousins und Cousinen. In meiner Kindheit spielten sie eine ganz große Rolle, denn sie waren fast die einzigen Gleichaltrigen, mit denen ich Kontakt hatte. Bis 1933 gehörten zu den Zurndorfer Juden Medizinalrat Dr. Michael Wollner und seine Frau Leontine. Wegen des schon damals zunehmenden Antisemitismus und Boykotts verließen sie Zurndorf und übersiedelten nach Wien. Beide dürften bis 1938 in Wien gelebt haben, wurden dann deportiert und ermordet. Es gab in Zurndorf die Steiners, eine bedürftige Familie. Solange ich mich zurückerinnern kann, wurden sie von den anderen jüdischen Familien unterstützt. Frauen pflegten die stets kranke Frau Steiner, nach ihrem Tod auch den alten Herrn. Ihre Tochter Julia war nach Kanada ausgewandert und holte nach 1938 einen angeheirateten Onkel und seine Familie nach Kanada. Ich sehe noch, wie Herr Steiner auf dem Hauptplatz vor der Spieglschen Gemischtwarenhandlung sitzt und von den Kindern verspottet wird. Zur regelmäßigen Einrichtung — für uns Kinder unvergeßlich — gehörten die immer pünktlichen Besuche der professionellen „Schnorrer“, die, der Tradition entsprechend, von den wohlhabenden jüdischen Familien in den verschiedenen Gemeinden unterstützt und verköstigt wurden; so lebten sie kaum schlechter als unsereins. Hier sei eine Begebenheit erwähnt, welche in etwa die politischen Verhältnisse der damaligen Zeit wiedergibt: Im Jahre 1933 oder 1934 kam ein anscheinend neuer und ortsunkundiger Schnorrer, bekleidet mit Kaftan und Stramel, nach Zurndorf und erkundigte sich bei einem Kind nach den Adressen der Juden. Das Kind lief aufgeregt ins Haus und schrie: „Vater, Vater, komm doch schnell! Der Hitler ist hier, er sucht schon die Juden.“ Die jüdischen Feiertage wurden, ausgenommen Rosh Hashana und Jom Kippur, kaum gefeiert. Ebensowenig hielten wir den Schabbath. Zu den hohen Feiertagen gingen wir zu Fuß in die Synagoge nach Gattendorf, wo auch der jüdische Friedhof war. (Er ist dort bis heute.) Der Rabbiner von Gattendorf betreute auch Zurndorf. Der erste, an den ich mich erinnere hieß Friedjung. Er lehrte uns Hebräisch lesen und erzählte uns zu den jeweiligen Feiertagen Geschichten, die er sehr plastisch auszumalen wußte. Er muß damals schon ein sehr alter Herr gewesen sein. Sein Nachfolger, Rabbiner Jelinko, kam regelmäßig nach Zurndorf, um uns Kindern Religionsunterricht zu erteilen. 33