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Die Schar der Freunde, Verehrer und Kollegen, die seit dem 24. August 2001 um Donald A. Prater trauert, ist groß. Eigentlich ' nicht überschaubar. Der Rilke- und Tho_ mas Mann-Forscher, vor allem aber Nestor der Stefan Zweig-Forschung fehlt überall und allen. Sein Rat war begehrt und willkommen, vergleichbar dem seines Freundes und Verbündeten Harry Zohn - er starb am 3. Donald A. Prater. Foto: H. J. Gerlach Juni, gerade drei Monate vor Prater. Als Prater am 6. Januar 1918 in London zur Welt kam, zeichnete sich im ungeduldigen Leben des von ihm später so exzellent beschriebenen Stefan Zweig und dessen „prophetischem Pessimismus“ bereits Die Welt von gestern ab. Dieweil Zweig 1940 in England mit der Niederschrift seiner gleichnamigen Autobiographie begann, sollte er noch zwei Jahre leben, ehe er sich 1942, im fernen Brasilien, das Leben nahm. Prater, der 1936-39 in Oxford Literaturwissenschaften und Sprachen studierte, leistete in diesen finsteren „Zwischenjahren“ seinen Militärdienst, um gegen die Unmenschlichkeit in Europa und in der Welt anzukämpfen und zugleich seinen Glauben an eine „höhere Humanität“ zu erneuern. Denn: „Nur an den überpersönlichen und kaum erfüllbaren Forderungen fühlen Menschen und Völker ihr wahres und heiliges Maß.“ (Zweig im Erasmus). 1946 ging Prater, bis 1969, als Diplomat in den britischen Außendienst. Dadurch mitgeprägt, wurde er, wie seine Protagonisten, „zum Übernationalen, zum Kosmopoliten“. In Singapore fiel ihm 1947 die englische Ausgabe der Welt von gestern in die Hände. Auf der Stelle tief beeindruckt von der „europäischen, ja weltbürgerlichen Gesinnung“, die dieses Werk ausströmte, erkannte er seine Wahlverwandtschaft mit Zweig. Prater bemerkte „die Gleichgültigkeit und das Desinteresse der Nachkriegswelt gegenüber dieser“, wie ihm schien, „einmaligen Persönlichkeit“, und so faßte er in den sechziger Jahren den Entschluß, dieses Leben aufzuschreiben. „European of Yesterday. A Biography of Stefan Zweig“ erschien 1972 in England; erst 1981, zum 100. Geburtstag Zweigs, konnte auch die deutschsprachige Leserschaft sich mit dieser großen und (gegenüber der englischen Ausgabe) erweiterten Biographie befassen. Teils allein, teils mit seinen Freunden, den ZweigKennern Knut Beck, Jeffrey B. Berlin, Murray G. Hall, Randolph J. Klawiter, über Hans-Ulrich Lindken oder Klaus Zelewitz, um nur einige zu nennen, edierte er viele von Zweigs Briefen und gab das schöne Werk „Stefan Zweig — Leben und Werk im Bild‘ (mit Volker Michels) heraus. 1986 folgte die fulminante Rilke-Biographie „Ein klingendes Glas“ und schließ lich, 1995, als Höhepunkt seines Schaffens, die Biographie über Thomas Mann. Sehr trefflich stand darüber im Hamburger Spiegel: „Da spricht kein Richter, sondern ein Berichter aus der langen, noblen Tradition der Angelsachsen.“ Genau das war Prater: Gelehrt und einfühlsam, immer jedoch mit dem notwendigen Maß an Distanz ausgestattet. Im Rahmen der Wiener Vorlesungen im Wiener Rathaus bündelte Prater am 20. Februar 1992 die Souveränität seines Geistes, um über „Stefan Zweig und das Wien von gestern“ zu « berichten; fälschlicherweise wurde dieser Vortrag im Druck (Freud ließ grüßen) als Stefan Zweig und die Welt von gestern betitelt. Salzburg und den Freunden Zweigs wird Prater allein schon deshalb in unvergänglicher Erinnerung bleiben, weil er dort 1992 — anläßlich des 50. Todestages des Dichters — den 1. Internationalen Stefan Zweig-Kongreß maßgeblich beeinflußte und mitgestaltete. Beim 2. Kongreß, 1998, erlaubte es ihm die Gesundheit schon nicht mehr, gestaltend mitzuwirken. Gemeinsam mit seiner Frau Patricia verließ Prater seinen langjährigen Wohnort Gingins, nahe Genf in der Schweiz, um seinen Lebensabend in der englischen Heimat zu beschließen. Dort nun, im altehrwürdigen Cambridge, ist im Sommer etwas zu Ende gegangen, wofür es keinen Ersatz gibt. Hans Jörgen Gerlach (Berlin) D.A. Praters bedeutende Sammlung von Erstausgaben und Materialien zu Stefan Zweig befindet sich heute im Salzburger Literaturarchiv, dessen Leiter Hildemar Holl Präsident der Internationalen Stefan Zweig Gesellschaft ist. Elisabeth Augustin gestorben Wie der persona verlag, Mannheim, mitteilt, ist die deutsche Exilschriftstellerin Elisabeth Augustin, geboren 1903 in Berlin, am 14. Dezember 2001 in Amsterdam gestorben. Sie schrieb Lyrik und Prosa, Theaterstücke und Hörspiele. 1933 emigrierte sie nach Amsterdam. Sie übersetzte zahlreiche niederländische Werke ins Deutsche und rezensierte die zeitgenössische deutsche Literatur. Für ihre Verdienste um die niederländisch-deutsche Literaturvermittlung erhielt sie 1992 die Goethe-Medaille. Elisabeth Augustin schrieb und dichtete und zwei Sprachen: deutsch und niederländisch. Immer wieder setzte sie sich mit der NS-Zeit und der Shoa auseinander. Ihre Mutter war in Sobibor ermordet worden. In deutscher Sprache lieferbar sind der Roman Auswege und der Erzählband Das Guckloch. Beide erschienen im persona verlag. Wilhelm Szabo-Lyrikpreis Anläßlich des 100. Geburtstages Szabos hat der Österreichische Schriftstellerverband (1040 Wien, Kettenbrückengasse 11/14) diesen Preis ausgeschrieben. (Einsendungen, drei Gedichte mit Kennwort, bis 31. Mai 2002).