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Schwer gezeichnet durch die Jahre im englischen Exil und die Erfahrung, nun in der alten Heimat fremd zu sein, konnte sich Kramer in Wien nicht mehr zurechtfinden. Die Glückwünsche „Alles Gute für 1958“ sind die letzten Worte, die Theodor Kramer im Brief vom 1. Jänner 1958 an Harry Zohn richtete, bevor der Dichter am 3. April 1958 nach einem Schlaganfall verstarb. Theodor Kramers Briefe, die einerseits die von der Isolation in Guildford geprägte Situation des exilierten Dichters zeigen, der unter ständiger seelischer, körperlicher und materieller Bedrängnis verzweifelt weiterzuschreiben sucht, belegen andererseits, mit welcher Hingabe, Geduld und Herzlichkeit sich Harry Zohn um den Lyriker bemühte. Die finanzielle und wirtschaftliche Unterstützung des Germanisten half mit, daß der Dichter, wenn auch nur in bescheidenem Ausmaß, im anglikanischen Raum rezipiert wurde. Durch die innige Anteilnahme an Kramers Mitteilungsbedürfnis und die unermüdliche Aufnahmebereitschaft - im speziellen für die oft einige Absätze umfassenden Bulletins über Kramers physische und psychische Krisen — konnte Zohn beitragen, Kramers „Isolierung“ im englischen Exil erträglicher zu gestalten. Wenn Professor Harry Zohn letztlich wegen seiner Übersetzungen als ein geistiger Mittler zwischen der deutsch-österreichischen, jüdischen und amerikanischen Kultur gewürdigt wird, soll hierbei nicht vergessen werden, daß er stets aus einer tiefen Verbundenheit mit den — diesem heterogenen Gebilde innewohnenden — Menschen und ihren kulturellen Leistungen heraus wirkte. Wie sein Leben nachhaltig zeigte, vollführte er dieses Werk eines „Brückenbauers“, als Wissenschafter wie auch als Mensch. Michael Hansel, geboren 1972 in Neunkirchen (Niederösterreich), ist Germanist in Wien und analysierte in seiner Diplomarbeit den Briefwechsel zwischen Theodor Kramer und Harry Zohn. Anmerkungen 1 Vgl.: Harry Zohn: Amerikanische „Thirty-Eighters“ aus Wien als doppelte Kulturträger. (= Wiener Vorlesungen im Rathaus, Bd. 28), Wien 1994, 45f. 2 Anfang 1999 konnte das Osterreichische Literaturarchiv (OLA) der Osterreichischen Nationalbibliothek (ONB) die Briefe Theodor Kramers an H. Zohn durch Vermittlung des Kramer-Nachlaßverwalters Erwin Chvojka vom amerikanischen Literaturwissenschafter ankaufen. 3 E-Mail von H. Zohn an M. Hansel vom 9. Dezember 2000. 4 H. Zohn: Theodor Kramer, wie ich ihn erlebte. In: „Chronist seiner Zeit“ — Theodor Kramer. Hg. von Herbert Staud und Jörg Thunecke im Auftrag der Theodor Kramer-Gesellschaft, Klagenfurt/ Celovec 2000 (= Zwischenwelt 7), 138-150, hier 141. 5 Brief von Th. Kramer an H. Zohn vom 15. 1. 1952. ÖNB, ÖLA, Sig.: 128/B1/22. 6 Brief von Th. Kramer an H. Zohn vom 27.1. 1952. ONB, OLA, Sig.: 128/B1/23. 7 Brief von Th. Kramer an H. Zohn vom 23.12. 1952. ONB, OLA, Sig.: 128/B1/60. 8 Hierbei handelt es sich höchstwahrscheinlich um Jethro Bithell(!): Modern German Literature 1880-1938. London 1946. 9 Brief von Th. Kramer an H. Zohn vom 15.9. 1951. ÖNB, ÖLA, Sig.: 128/B 1/6. 12 10 Vgl.: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.): Österreicher im Exil. Großbritannien 1938-1945. Wien 1992, 50-61. 11 Brief von Th. Kramer an H. Zohn vom 25.5. 1952. ÖNB, ÖLA, Sig.: 128/B1/38. 12 Vgl.: Erwin Chvojka und Konstantin Kaiser: Vielleicht hab ich es leicht, weil schwer, gehabt, Wien 1997, 94. 13 Brief von Th. Kramer an H. Zohn o.D. (vermutlich zwischen 16. und 18.11. 1954 geschrieben). ONB, OLA, Sig.: 128/B1/129a. 14 Brief von Th. Kramer an H. Zohn vom 29.12. 1954. ONB, OLA, Sig.: 128/B1/132. 15 Brief von Th. Kramer an H. Zohn vom 1.2. 1955. ONB, OLA, Sig.: 128/B 1/137. 16 Einen Teil seiner Bestände lagerte Th. Kramer bei Freunden und Bekannten. 17 Brief von Th. Kramer an H. Zohn vom 31.3. 1955. ÖNB, ÖLA, Sig.: 128/B1/143. 18 Brief von Th. Kramer an H. Zohn vom 15.4. 1955. ONB, OLA, Sig.: 128/B1/145. 19 Vgl.: Brief von Th. Kramer an H. Zohn vom 12.5. 1955. ONB, OLA, Sig.: 128/B1/148. 20 Brief von Th. Kramer an H. Zohn vom 27.11. 1955. ONB, OLA, Sig.: 128/B1/165. 21 Vgl.: H. Zohn: Th. Kramer, wie ich ihn erlebte. In: Zwischenwelt 7, 138-150, hier 139f. 22 Brief von Th. Kramer an H. Zohn vom 27.10. 1951. ÖNB, ÖLA, Sig.: 128/B1/11. 23 Vgl.: H. Zohn: Th. Kramer, wie ich ihn erlebte. In: Zwischenwelt 7, 138-150, hier 141. 24 Brief von Th. Kramer an H. Zohn vom 29.12. 1956. ONB, OLA, Sig.: 128/B1/212. 25 Vgl.: H. Zohn: Th. Kramer, wie ich ihn erlebte. In: Zwischenwelt 7, 138-150, hier 143. 26 Brief von Th. Kramer an H. Zohn vom 31.12. 1951. ONB, OLA, Sig.: 128/B1/21. 27 Brief von Th. Kramer an H. Zohn vom 13.3. 1952. ONB, OLA, Sig.: 128/B 1/28. 28 Brief von Th. Kramer an H. Zohn vom 15.1. 1952. ONB, OLA, Sig.: 128/B1/22. 29 Vgl.: H. Zohn: Theodor Kramer, wie ich ihn erlebte. In: Zwischenwelt 7, 138-150, hier 144. 30 Brief von Th. Kramer an H. Zohn vom 1.1. 1958. ÖNB, ÖLA, Sig.: 128/B1/219. Griindung einer internationalen „Armin-T.-Wegner-Gesellschaft e.V,“ Diese Gründung soll im Frühjahr 2002 erfolgen, um „Grundlagen für eine stärkere Wahrnehmung des Autors und seines Umfeldes zu schaffen. Dabei soll die Förderung von Editionen seiner Werke — auch in Übersetzungen - und von Forschungsarbeiten im Vordergrund stehen“. Kontakt: Arnim Juhre, Görlitzer Str. 5, D-42277 Wuppertal, Tel.: 0049 202 645810, E-mail: mediadea@aol.com. Armin T. Wegner (Wuppertal-Elberfeld 1886 -— Rom 1978), Expressionist, Reiseschriftsteller, engagierter Kriegsgegner, protestierte 1933 öffentlich gegen die Judenverfolgung und erlitt KZ-Haft und Folter. Exil in Italien. In der Gedenkstädte Yad Vashem (Jerusalem) wird er als einer der ,,Gerechten der Völker“ geehrt.