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aus der Partei aus. Nunmehr wieder in einer Außenseiterposition, schärfte sich sein unabhängiger Blick für die Entwicklungen in der englischen Exilszene: „Es gab bedrückende tägliche Auseinandersetzungen, Rivalitäten und Intrigen zwischen den Emigrantengruppen.“ Die Position des Nichtdazugehörens zieht sich durch Fritz Beers Biographie. Die Summe seiner Lebenserfahrung der ersten Jahrzehnte zieht er in seinem späteren Essay Brauchen wir Ketzer?: Ich war ein Nichtgläubiger in einer jüdischen Familie, ein Deutschsprachiger unter Tschechen, der lesehungrige Sohn eines biederen Sägewerkbesitzers. Hatte ich eine Chance etwas anderes zu werden als ein Zweifler? Ich floh in die Umarmung der Kommunistischen Partei, um irgendwo dazu zu gehören. Mein neuer Gott enttäuschte mich so wie der alte, wie sehr ich mich auch bemühte, Ja zu sagen. Vergeblich versuchte ich mich zu überzeugen, daß die Lügen und Untaten der Partei eines Tages doch zum Reich der Freiheit führen würden. Um Ja sagen zu können, hätte ich alles ersticken müssen, was ich geworden war. Ich kann keinen Kredit dafür beanspruchen, daß ich aus dem beglückenden Konsensus der Masse ausbrach und ein Außenseiter wurde. Die Umstände haben mich dazu gemacht. Widerstrebend und oft unglücklich fühlte ich mich verpflichtet, Nein zu sagen. Freiwillig meldete er sich im Exil zur Tschechoslowakischen Auslandsarmee, einer zusammengewürfelten Truppe, die als Teil der Alliierten 1940 im Chaos des französischen Zusammenbruchs eher symbolischen als militärischen Wert hatte. 1944/45 aber kämpfte sie auf der Seite der Sieger. Über seine Motivation berichtete Fritz Beer 60 Jahre später Jugendlichen an einer Wuppertaler Schule: Ich glaubte, daß es vielleicht für das Zusammenleben in der CSR nach dem Kriege ein positives Element sein könnte, daß auch Deutsche sich für die CSR eingesetzt hatten. Sein inopportunes Bekenntnis zur deutschen Nationalität — im Vielvölkerstaat CSR eigentlich gutes Recht — gab aber selbst in dieser Armee Anlaß zu Schikane und Bedrohung, auch wenn er deswegen 1940 bei der Evakuierung aus Südfrankreich nicht, wie angedroht, nachts über Bord des Schiffes geworfen wurde. Die Vision vom weiteren Zusammenleben von Deutschen und Tschechen, der er während des Krieges ein Dossier, eine Art ‚Machbarkeitsstudie’ für die tschechoslowakische Exilregierung, gewidmet hatte, bewirkte 1945 die nächste Desillusionierung. Beer blieb auch deshalb im Exil, obwohl der tschechische Generalstab ihn per Befehl noch in den letzten Kriegstagen auf einen künftigen Posten als außenpolitischer Redakteur der Armeezeitung in Prag versetzt hatte: Aber ich habe vermieden, in die Tschechoslowakei zurückzukehren, weil ich eine Frau aus Berlin geheiratet und bei Kriegende schon eine zweijährige Tochter hatte. Ich wollte sie nicht unvermeidlichen Feindseligkeiten aussetzen ... (Fritz Beer in Über Anstand und Politik - Interview mit Jozo Dzambo am 15. März 2001, in: Stifter-Jahrbuch XV, 2001). Seine Kriegserlebnisse waren dem Autor Stoff zu einer Sammlung von ziemlich unheroischen Geschichten, Das Haus an der Brücke, die 1948 im Nürnberger Nest-Verlag erschienen, wo nach dem Krieg auch Bücher anderer Exilautoren wie Ernst Sommer oder Fred Marnau veröffentlicht wurden. Beers Lohn bestand aus einem Schinkenbrötchen und einem Glas Bier, spendiert auf dem Frankfurter Flughafen vom Freund und Verleger Karl Anders — und einem gewissen Ruhm: 26 auf dem Klappentext rückte man den „bekannten sudetendeutschen Schriftsteller“ in die Nähe von Jaroslav Ha$ek und Karel Capek. Was als Humor verstanden wurde, täuschte über die tatsächliche Situation des Autors hinweg. Die meisten seiner Verwandten waren als Juden in KZs ermordet worden; auch sein Bruder Kurt, als Nachfolger von Julius Fu£ik prominenter politischer Journalist bei der tschechischen Tvorba, wurde Opfer der Nazis: Offiziell Presseattache der sowjetischen Botschaft, war er als Teil der Widerstandsbewegung wesentlich an der Militärspionage sowohl für die tschechische Exilregierung in London, als auch — gegen deren Order - für die Sowjets beteiligt. Nach seiner Verhaftung und nach Folterungen verübte Kurt Beer in der Gestapo-Haft Selbstmord, um nicht zum Verräter zu werden. So war es für Fritz Beer keine leichte Mission, als er 1946 im Auftrag des Deutschen Dienstes der BBC erstmals nach Deutschland zurückkehrte: ‚Jeder erwachsene Mann, dem ich begegnete, konnte ein Mörder sein.“ Um so bemerkenswerter, was Fritz Beer dennoch zu seinem Credo machte: „Wie schwer es auch manchmal sein wird - ich muß für die Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen eintreten, damit es so etwas nie wieder gibt. Nur das hat Sinn.“ Seine Überzeugungen und auch seine unangenehmen Fragen in Radiosendungen fanden ein starkes Echo in einem Deutschland, das lange das offene Wort entbehrt hatte, sich wieder herantastete an demokratische Werte. Die Arbeit für die BBC, 1945-1975, war nur eine Facette von Fritz Beers Laufbahn als Journalist; er wurde ferner Londoner Korrespondent einiger deutscher Tageszeitungen (bis 1980). Damit setzte sich fort, was in der Kriegszeit ebenso wenig abgerissen war wie seine schriftstellerischen Ambitionen: Beer hatte unter anderem journalistische und literarische Beiträge zum Central European Observer, dem Pressedienst der tschechoslowakischen Exilregierung, und zum Cechoslovak geschrieben. Für eine Erzählung, die in der Londoner Zeitung erschienen war, hatte er einen Preis bekommen; bereits 1934 war sein Erzählungsband Schwarze Koffer in Moskau ausgezeichnet worden. Auch was jenseits des Eisernen Vorhangs passierte, vor allem in seiner einstigen Heimat, beschäftigte Fritz Beer fortan. So bezichtigte sich 1952 Rudolf Slänsky, der ihn einst, als der „starke Mann“, in der Partei wegen eines Vergehens gegen die Parteidisziplin abgestraft hatte, im berüchtigten Schauprozeß absurder „zionistischer“ Verschwörungen. Mit ihm hingerichtet wurden Fritz Geminder, Otto Sling und Ludwig Freund — Zeitgenossen, an die Beer, Freund ausgenommen, unangenehme Erinnerungen hatte. Erst 15 Jahre später, im Zuge des Prager Frühlings, kam für Fritz Beer die Stunde der Wiederbegegnung mit der Tschechoslowakei: 28 Jahre und 63 Tage später [nach der Flucht 1939], im Mai 1967, flog ich zum erstenmal aus England, meiner neuen Heimat, in die alte zurück. |[...] Ich wollte sehen, was sie aus dem Land und aus dem Glauben meiner Jugend gemacht hatten. Der Besucher sah sich konfrontiert mit den bisher geheimen Quellen, welche die blutige Chronik von Unterdrückung und Terror der ersten Nachkriegsjahre enthüllten. Er stieß daneben auf Optimismus in einem allmählich aus der Apathie erwachenden Land. Er faßte die Ereignisse, die sich schließlich nur als ein trügerisches Zwischenspiel entpuppten, in seinem Abriß