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und den darin mitwirkenden Emil Jannings, auch einen negativen Bezug zu Fritz Langs „Nibelungenfilm“ hergestellt. Das Drehbuch zum Herrscher (nach Gerhart Hauptmanns Vor Sonnenuntergang) stammte ebenso wie das der Nibelungen von Thea von Harbou. Ohne Fritz Lang zu erwähnen, attackierte Viertel bei seinem Verweis auf die Nibelungen aber nur die Drehbuchautorin. Er fühlte sich angesichts des „monumentale(n) Jammerspiel(s)“ von Jannings bei der „Harbou zu Gaste, der Mutter der ‚Nibelungen’ grausenvolles Angedenkens.“ Als der von Veit Harlan inszenierte Herrscher den Nationalen Filmpreis erhielt, war Fritz Lang schon seit Jahren im Exil. Über das innere Verhältnis zwischen Berthold Viertel und Fritz Lang im Exil sollen hier aus dem Briefwechsel keine vorschnellen Schlüsse gezogen, sondern statt dessen die Lektüre empfohlen werden. Zwei Zitate aus Viertels Briefen mögen dazu anregen. Sie zeigen die Bedrohung, die eigene und die der Freunde. Viertel berichtete Fritz Lang Mitte August 1940 über das Schicksal des in Frankreich internierten Journalisten und Wissenschaftlers Hermann Budzislawski: Ich weiß nicht, wo dieses ‚Domme’ ist. — Dorthin ist er geflüchtet, mit einem alten Vater |...], mit seiner Frau u. deren Tochter, einem ca. l1jährigen Kinde. Wie sie nun von dort herauskriegen, nach Mexiko, oder Chile oder zu uns?? Das Argste: sie haben keinen Pfennig, sind in tierischer Not! — Ich werde mein méglichstes tun, um diesen hochanständigen Menschen, denen furchtbares droht, wenn sie nicht weiter können u. ausgeliefert werden, zu helfen. Fritz Lang schickte sofort Geld. Im Juli 1941 schrieb Viertel an Lang: Über die gewaltigen Vorgänge, die ungeheuren Wendungen und Zuspitzungen dieses Krieges, der u.a. auch alle unsere Schicksale entscheiden wird, möchte ich nicht brieflich sprechen. Die Emotionen lassen das nicht zu. Sie können sich denken, daß ich mit ganzer erschütterter Seele in jedem Augenblick dabei bin. Peter Roessler „Es ist schön wieder bis über den Hals in Arbeit zu stecken.“ Ein Briefwechsel von Fritz Lang mit Berthold Viertel aus den Jahren 1940-1941 mitgeteilt von Helmut G. Asper. In: Filmblatt. 6. Jg., Nr. 15 — Winter/ Frühling 2001, 5. 32-39 Buchzugänge Judith Bakacsy/Allan Janik (Hg./ed.): Paul Engelmann und das mitteleuropäische Erbe. Der Weg von Olmütz nach Israel/Paul Engelmann and the Central European Heritage. The Path from Olomouc to Israel. Bozen, Wien: Folio Verlag 0.J. 96 S. Katalog der gleichnamigen, in Wien bislang nicht gezeigten Ausstellung des Paul Engelmann-Projekts im Brenner-Archiv, Innsbruck. Margit Bartfeld-Feller: Wie aus ganz anderen Welten — Erinnerungen an Czernowitz und die sibirische Verbannung. Konstanz: Hartung Gorre 2000. 72 S. DM 22,Nach „Dennoch Mensch geblieben“ (1996) und „Nicht ins Nichts gespannt“ (1998) legte Margit Bartfeld-Feller im Vorjahr ihren dritten Erinnerungsband vor. Auch hierin geht es der Autorin darum, „Erinnerungen festzunageln“. — Erinnerungen an eine behütete Kindheit und eine fröhliche Jugend im Czernowitz der Zwischenkriegszeit und — in kaum faßbarem Gegensatz dazu — Schilderungen aus Sibirien, einer „ganz anderen Welt“, wohin Margit Bartfeld als 18jährige im Jahr 1941 mit ihrer Familie deportiert worden war. Bartfeld, die erst 1990 aus Rußland nach Israel auswanderte, versteht es auch in diesem Band, ihren Erinnerungen durch eine klare, unpretentiöse Sprache Unmittelbarkeit und natürliche Authentizität zu verleihen. Ihr radikaler Lebenswille, ihr Optimismus, der keine Verbitterung zuläßt, verblüfft den Leser, ja beschämt ihn zuweilen sogar und versetzt ihn in bange Vorfreude auf den vierten Erinnerungsband, der unter dem Titel „An östlichen Fenstern“ im kommenden Jahr erscheinen soll. — H. Kusdat George Clare: Letzter Walzer in Wien. Wien: Mandelbaum 2001. 315 S. ÖS 274,Als ZW im Dezember des Vorjahres George Clare anläßlich seines 80. Geburtstages einen ausführlichen Artikel widmete, war der hauptsächliche ‚Grund’ für diese Hommage schon längst nicht mehr greifbar: seine autobiographische Familiengeschichte, eingebettet in die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen Österreichs der Zeit bis 1943 wurde 1980 unter dem Titel „Das waren die Klaars — Spuren einer Familie“ erstmals veröffentlicht, in zahlreiche Sprachen übersetzt, und erschien wenig später als Taschenbuch unter dem Titel „Letzter Walzer in Wien“. Clare, der sich beruflich als Verlagsdirektor etabliert hatte, war mit seinem ‚Erstlingswerk’ ein Stück Erinnerungsliteratur gelungen, das in seiner sprachlichen Brillanz und seiner „... klugen Kombination von Geschichte und Persönlichem“ (Graham Greene) vor zwanzig Jahren ziemlich singulär dastand und auch heute noch aus der mittlerweile unüberschaubaren Menge vergleichbarer Publikationen herausragt. Es ist dem Wiener Mandelbaum Verlag zu danken, George Clares Familienund Österreich-Chronik einem breiteren Lesepublikum in einer schön gestalteten Neuauflage wieder zugänglich gemacht zu haben. — H. Kusdat Elf. Jahrbuch fiir Literatur und Kunst. Hg. von Christian Teissl. Graz: ELF — Verein fiir junge Literatur 2001. 96 S. ÖS 120,Mit Beiträgen meist noch studierender Autorinnen und Autoren, beachtlich z.B. Jörg Elges’ „Ein paar Worte über Alina“, aber auch mit einem Dossier über Rudolf Geist und einer Würdigung Wilhelm Szabos. Walter Engel/Helmut Braun (Hg.): „Gebt unseren Worten nicht euren Sinn“. Rose Ausländer Symposion Düsseldorf 2001. Köln: Rose Ausländer-Stiftung 2001. 171. Exilforschung. Ein internationales Jahrbuch. Band 19. 2001. Jüdische Emigration zwischen Assimilation und Verfolgung, Akkulturation und jüdischer Identität. Hg. im Auftrag der Gesellschaft für Exilforschung von Claus-Dieter Krohn, Erwin Rotermund, Lutz Winckler, Irmtrud Wojak und Wulf Koepke. München: edition text + kritik im Richard Boorberg Verlag 2001. 294 S. Alfred Gong: Manifest Alpha. Gedichte. Hg. und mit einem Nachwort versehen von Joachim Herrmann. Aachen: Rimbaud 2001. 74 S. Euro 16,-/DM 30,— (Texte aus der Bukowina. Bd. 13. Hg. von Bernhard Albers und Reinhard Kiefer/Schriften der Alfred Gong Gesellschaft. Bd. 3. Hg. von Jerry Glenn und J. Herrmann). Peter Goßens, Marcus G. Patka (Hg. im Auftrag des Jüdischen Museums Wien): ‚Displaced’. Paul Celan in Wien 1947-1948. Frankfurt/M.: Suhrkamp 2001. 176 S. Begleitbuch und Dokumentation zur gleichnamigen Ausstellung des Jüdischen Museums Wien, die noch bis zum 24. Februar 2002 zu sehen ist. Peter Hammerschlag: Die Affenparty. Prosa. Mit elf Zeichnungen des Autors. Hg. von Volker Kaukoreit und Monika KieglerGriensteidl. Wien: Paul Zsolnay 2001. 166 S. Mariana Hausleitner: Die Rumänisierung der Bukowina. Die Durchsetzung des nationalstaatlichen Anspruchs Grossrumäniens 1918 — 1944. München: R. Oldenbourg Verlag 2001. 497 S. (Südosteuropäische Arbeiten. 111). 69