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aach, nit? Ich kenn Aier Rezept.“ Ich erwiderte würdevoll, wenn auch langsam: „Mar Machol, warum sprecht ihr Jiddisch zu mir, wo ich Hebräisch rede?“ Er stemmte die Arme in die Seiten und brüllte: „Bin ich Aier Melamed [Lehrer]?“ Den Sommer 1935 verbrachten wir im Libanon in Eyn zahalta, einem reizendem Dorf in den Bergen. In Hinblick darauf, was nicht viel später geschah, ist ein Gespräch bedeutsam, das wir mit einem arabischen Geschäftsmann aus Haifa hatten. Wir nahmen gemeinsam ein Taxi, unterhielten uns ganz freundschaftlich auf Französisch. Der Mann war M. Karaman, einer der Brüder, die damals große Tabakpflanzungen im Galil und Zigarettenfabriken in Haifa hatten. Im Laufe des Gesprächs sagte er, nachdem er gehört hatte, daß wir vor zwei Jahren eingewandert waren: „Ihres Bleibens wird nicht lange sein, das garantiere ich ihnen.“ Auf unsere verblüffte Frage nach dem Warum, erwiderte er ganz ruhig, aber entschieden: „Das will ich ihnen gerne sagen. Bevor ihre Leute kamen, zahlten wir unseren Landarbeitern und Werkleuten vier und fünf Piaster am Tag, und sie arbeiteten wie die Pferde („Comme les brütes“ — ich habe seine Stimme noch im Ohr!) zwölf Stunden lang oder solange das Tageslicht währt. Jetzt zahlt ihr Juden zwölf Piaster und mehr für einen Acht-Stunden-Tag. Natürlich verlangen unsere Leute von uns dasselbe! Wir werden uns nicht von euch ruinieren lassen - ihr werdet euer Bündel aufnehmen und weiter wandern, dafür werden wir sorgen!“ Kommentar überflüssig. Das war eine Wurzel des Übels. Kaum ein Jahr später begannen die [euphemistisch] so benannten „Unruhen“, die bis zum Kriegsausbruch dauerten. Über diese schlecht organisierte, sehr langsam in Schwung gebrachte Revolution, die in mörderischen Anschlägen bestand und sich sowohl gegen Briten wie Juden richtete, und die von dem ehrgeizigen und schlauen Mufti von Jerusalem, Amin el Husseini, angestiftet wurde, ist sehr viel geschrieben worden. Ich beschränke mich hier auf eigene Erfahrungen in unserem Dorfe. Und die erste Ahnung von den Dingen bekamen wir auf folgende Weise: Richard Beer-Hofmann, der Wiener Dichter und Dramatiker, war ein enger Freund meiner Eltern und auch von uns geliebt. Als wir im Jahre 1933 unseren Abschiedsbesuch bei ihm machten und ich bemerkte, ich hoffe ihn bald in unserem neuen Heim zu begrüßen, hatte er in seiner emphatischen Weise geantwortet: „Nie und nimmer! Ich kann nie nach Palästina.“ Wir waren nicht wenig erstaunt, wußten wir doch, daß er an einer biblischen Trilogie arbeitete. Das erste der Stücke war schon von der Habima und vom Wiener Burgtheater mit großem Erfolg aufgeführt worden. Es war Jaakobs Traum. Er antwortete in seiner lebhaften Art: „Sie müssen verstehen. Ich habe vor meinem geistigen Auge ein deutliches Bild des Landes, so wie ich es für meine Arbeit brauche. Wenn ich nach Palästina komme, wird mein Phantasiebild unweigerlich von der Realität überlagert — ob es schöner wird oder garstiger, ist gleich, es muß verwirrend wirken. So kann ich keinesfalls nach Palästina kommen, bevor ich meine Trilogie fertig habe.“ Wir begriffen, was er meinte. Später schrieb er übrigens noch den Jungen David und den Saul, aber er plante noch ein viertes Stück, das nicht mehr zur Reife gedieh. Im Frühjahr 1936 waren wir erstaunt zu hören, daß er mit seiner Frau zu einem längerem Besuch herkäme, von der Sochnuth [Jewish Agency] eingeladen. Er kündigte sich bei uns für den 17. April an. Mein Bruder und seine Familie waren ebenso erfreut wie wir, ihn in Benyamina begrüßen zu können, und als der Wagen der Sochnuth eintraf, außer den Beer-Hofmanns noch mit dem verewigten Dr. Werner Bloch als Bärenführer, machten wir gleich ein Programm. Die drei sollten bei uns den Lunch nehmen, dann wollte sie mein Bruder in seinem alten Ford, der aber breite Pneus [Reifen] hatte und viel besser geeignet war, durch den tiefen Sand zu fahren, als der elegante Chrysler, nach Caesaräea bringen. Damals war noch lange nicht so viel ausgegraben wie heute, und es führte keine gepflasterte Straße hin. Meine Schwägerin und ich wollten nicht mit, damit wir für einen Imbiß sorgen konnten, den die drei dann vor ihrer Abfahrt am Abend bei meinem Bruder einnehmen sollten. Als alles beschlossen war, winkte mir Paula Beer-Hofmann und ich ging mit ihr in ein anderes Zimmer. Dort fragte sie ängstlich: „Ist so eine Fahrt nicht gefährlich?“ Caesaräea war zu jener Zeit ein großes moslemisches Dorf- ich sagte absichtlich nicht ein ,,arabisches Dorf — denn die Fischer und Bauern dort waren zum überwiegenden Teil Bosnier, das heißt südeuropäische Slawen. Nach dem Berliner Vertrag vom Jahre 1878, als Teile des morschen Türkischen Imperiums an Österreich-Ungarn fiel, machte Sultan Abdul Hamid V. den moslemischen Gutsbesitzern jener einst türkischen Provinzen einen Antrag. Er wollte ihnen umsonst Ländereien in Palästina geben, im selben Ausmaß als sie sie in Bosnien und Herzegowina besaßen, wenn sie ihre Hörigen aus dem Lande der Ungläubigen mitbringen würden. Vier große Effendis nahmen das Angebot an. Sie bekamen gutes Land südlich des Carmel Vorgebirges in der Küstenebene. Sie bauten richtige Schlösser und sie siedelten ihre Hörigen in Dörfern in der Nähe an. Diese slawischen Bauern waren arbeitsame und bescheidene Menschen, deren Vorfahren vor vielen hundert Jahren den Glauben der Eroberer angenommen hatten. Hier in Palästina vermischten sie sich ein wenig mit Fellachen, mit Beduinen und auch mit Sudanesen, die von Jemal Pascha zu Anfang des 19. Jahrhunderts hereingebracht worden waren, um gegen Napoleon zu kämpfen. Die verlassene Stadt Caesaräea, verödet seit die Kreuzfahrer sie im frühen 13. Jahrhundert verlassen mußten, bot in ihren Trümmern reiches Baumaterial, und die neuen Kolonisten benützten die riesigen Baustellen und Säulenbruchstücke auf der Stelle. Sie bauten ihre Häuser über und neben römischen und Kreuzfahrerruinen, die halb vom Sande verweht waren, und verwendeten oft ganze Säulen als Stützen für Mauern. Heute sind diese Bewohner von Caesaräea fort: Sie ließen sie vom Mufti betören, kämpften gegen ihre jüdischen Nachbarn — einmal gingen fast alle Passagiere eines Autobusses in dem von ihnen gelegten Feuer zugrunde — und flohen 37