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schossen wurde sind zerstört, und du kannst jetzt über die Beschießung der Knesset berichten — einschließlich Dayan. Aber alles über dein Gespräch mit Ben Gurion muß ich vorläufig zurückhalten. Ja, ich weiß, das ist die allergrößte Story — aber sie darf noch nicht veröffentlicht werden! Mache daraus eine separate Story!“ Wie versprochen, sendete Robbie sie für mich sobald er durfte. Am Morgen des zweiten Kriegstags sah ich vom Dach der Jeschiwa Toldot Aharon im orthodoxen Viertel Mea Shearim durch meinen Feldstecher, wie die israelischen Fallschirmjäger den Skopusberg von den jordanischen Soldaten eroberten. Im großen Saal unter mir saßen alle Schüler und Lehrer der Jeschiwa und rezitierten sehr laut Psalme. Nach jedem besonders lautem Krach durch die offenen Fenster schrien sie den Text der Psalme noch lauter als der Krach gewesen war. Niemand von ihnen kam zu mir auf das Dach um die Schlacht von Jerusalem zu sehen — dann das Rezitieren der Psalme war ihre Aufgabe in dieser Schlacht. Später ging ich mit den Fallschirmjägern nach Ost-Jerusalem. Dann stand ich mit diesen siegreichen Fallschirmjägern an der Tempelmauer, als Mosche Dayan und Generalstabschef Jitzchak Rabin ankamen. Dayan erkannte mich und sagte fröhlich lachend. „You would be here, of course!“ Während ich zusah, schrieb Dayan sechs hebräische Worte auf einen Notizblock, riß das Papier ab, faltete es, und steckte es nach uraltem Brauch zwischen zwei Steine der Mauer. Ich fragte ihn, was er geschrieben hatte. Er antwortete. „Lu jehi schalom al kol Yisrael — may there be peace in all Israel.“ Außer mir waren nur zwei andere ehemalige Wiener in dieser geschichtlichen Stunde an der Tempelmauer. Teddy Kollek war damals seit einem Jahr Bürgermeister von Jerusalem, und blieb es bis 1993. Der andere ehemalige Wiener war der bekannteste israelische Photograph David Rubinger. Ihm verdanke ich mein interessantestes persönliches Souvenir — ein einzigartiges Photo, auf dem ich in dieser Stunde mit Mosche Dayan, Jitzchak Rabin und General Rechawam Seewi abgebildet bin. Dayan und Rabin signierten bald danach dieses Bild für mich. General Chaim Herzog signierte es erst zwanzig Jahre später im Rathaus der deutschen Hauptstadt Bonn, wo er als Präsident von Israel auf Staatsbesuch war. Es war der erste israelische Staatsbesuch in Deutschland, und Präsident Herzog schrieb unter seinen Namen auf mein Bild: Bonn, 7.4. 87. Mosche Dayan starb 1981. Jitzchak Rabin wurde als Premierminister 1995 ermordet. Chaim Herzog starb 1997. Rechawam Seewi wurde als Tourismusminister 2001 ermordet. Der fröhliche, bärtige ehemalige Wiener David Rubinger ist heute weiterhin der bekannteste israelische Photograph, und erhielt 1998 für sein Werk den israelischen Staatspreis. Teddy Kollek feierte 2001 seinen 90. Geburtstag. Im gesamten Sechstagekrieg war ich ständig als Kriegsberichterstatter mit den israelischen Soldaten — erst am Rand des Gazastreifens, dann in Jerusalem, und während der beiden letzten Kriegstage in einem Schützenpanzer auf den syrischen Golanhöhen. Doch selbstverständlich war mein größtes Erlebnis die einzigartige Stunde, als die Tempelmauer in Jerusalem zum ersten Mal nach 1897 Jahren wieder in jüdischen Besitz kam, und Oberrabbiner Schlomo Goren vor uns die Worte des 118. Psalms ausrief: „Dies ist der Tag den der Herr gemacht, freut euch an ihm, laßt uns fröhlich sein!“ Edwin Roth, gebürtiger Wiener. Seit seinem 19. Lebensjahr Auslandskorrespondent für Zeitungen, Zeitschriften, Radio und Fernsehen in Österreich, Deutschland, Schweiz, USA und Kanada. Berichtete aus Europa, Amerika, Afrika und Asien. Bedeutsamste Stories: Der Eichmann-Prozeß in Jerusalem, der Sechstage-Krieg und der Jom-Kippur-Krieg (beide als Kriegsberichterstatter mit der israelischen Armee). Sehr viele OstWest-Gipfelkonferenzen. John F. Kennedy in Berlin (,,Ich bin ein Berliner! “). Reisen mit Nikita Chruschtschow durch die USA und zwölf andere Staaten. Pariser Mai 1968, Prager Frühling und die sowjetische Invasion der Tschechoslowakei (erhielt dafür Auszeichnung des Overseas Press Club of America). Michail Gorbatschow in Bonn 1989. Fall der Berliner Mauer. Ein neues Buch über Theresienstadt. — Die in Jerusalem lebende russische Schriftstellerin Elena Makarowa arbeitet zur Zeit an einem Buch über das Theresienstädter Ghetto. Ich lernte Elena Makarowa gelegentlich ihrer Ausstellung über Friedl Dicker-Brandeis in Wien kennen. Bei diesem Anlaß übergab sie mir einen Auszug aus ihrem Manuskript, den ich hier in meiner Übersetzung aus dem Russischen vorlege. - Gennadij E. Kagan Doktor Fleischmann hält in der Dunkelheit den Blinden einen Vortrag. Der Doktor Fleischmann wird zu einem blinden Patienten in das Q-319 gerufen. Mühsam steigt er die Treppe zu dem Dachboden hinauf, stolpert über eine Matratze und stürzt. „Wer ist da?“, rufen alle im Chor. „Ich bin es, Doktor Fleischmann!“ Ein Engel mit einer Kerze schwebt ihm entgegen - die Krankenpflegerin. Fleischmann blickt sich um, atmet tief und fragt nach dem Patienten, zu dem man ihn gerufen hat. Aber der Arzt kommt zu spät. „Doktor Fleischmann, gehen Sie nicht fort, bleiben Sie ein wenig bei uns!“ Alle hier kennen ihn. Man dichtet sogar Legenden über ihn. Und man sagt, der Arzt schlafe niemals, lege sich nicht einmal nieder. Natürlich ist das eine Übertreibung. Jeden Tag und jede Nacht schläft er einige Male zwanzig Minuten lang. Wie sollte er sonst dazu kommen, das alles zu tun: Kranke kurieren, zeichnen, Gedichte und Prosa schreiben, Vorträge halten? Ein Mensch verfügt über so viel Zeit, wie ihm gegeben ist. Und 67