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faith or at least, as Confucius himself puts it, keeps it at a distance“ ... Since Confucianism has nothing do to with faith, they saw no conflict with the precepts of Judaism. Die Jahrhunderte andauernde Isolation führte schließlich zur völligen Assimilierung. 1850 stand die Synagoge von Kaifeng noch, 1866 existierte sie nicht mehr. Die Hauptquellen der Geschichtsforschung sind die chinesischen Inschriften der ehemaligen Synagoge, die von christlichen Besuchern im 17. und 18. Jahrhundert transkribiert wurden, sowie die Berichte von Missionaren des 19. Jahrhunderts. Michael Pollak spürt in „The Manuscripts and Artifacts of the Synagogue of Kaifeng“ dem Verbleib von 13 Thora-Rollen nach. Er fand sieben. Eine befindet sich heute in der Österreichischen Nationalbibliothek. Im Jahre 1868 brachten zwei junge Juden aus Kaifeng drei Rollen nach Peking. Rolle Nr. 6 verkauften sie an den österreichischen Diplomaten Karl von Scherzer, der sie nach Wien weiterschickte. Die Geschichte der Juden von Kaifeng ist von Übertreibungen bzw. propagandistisch-dramaturgischen Verfälschungen befreit, denn sie liegt lange zurück. Die Geschichte der Juden von Shanghai ist es noch nicht. Pan Guangs Abhandlung „Uniqueness and Generality. The Case of Shanghai in the Annals of Jewish Diaspora“ ist ein gutes Beispiel dafür: der Autor schreibt von mehr als 30.000 Juden (siehe hierzu David Kranzlers Beitrag „The Jewish Refugee Community of Shanghai, 1938-1949“, der die richtigen Zahlen anführt), benützt Romane („The Fugu Plan“) als Quellen für nicht belegbare Behauptungen und versucht den Leser zu überzeugen, daß Shanghai, China und das chinesische Volk die jüdischen und nichtjüdischen Flüchtlinge vor den Gaskammern gerettet haben. Jeder, der sich mit diesem Thema ernsthaft auseinandersetzt, weiß, daß dies nicht stimmt. Undurchsichtig bleibt auch die Geschichte des österreichischen Arztes Dr. Jakob Rosenfeld erzählt (Autor Gerd Kaminski), der es als Arzt bei den Kommunisten zum internationalen Kämpfer, Lokalidol und später Leitfigur der österreichisch-chinesischen bzw. israelisch-chinesischen Beziehungen brachte. Die Frage etwa, warum er aus China, trotz seiner heroischen Arbeit für das chinesische Volk, verbannt wurde (und trotz mehrmaligen Versuchen nicht wieder einreisen durfte), mußte offensichtlich den Realitäten der auf Freundschaft bedachten chinesisch-österreichischen Beziehungen weichen. Hauptsache, es wurden Denkmäler errichtet, Filme produziert, Bücher geschrieben, Ausstellungen organisiert und Geschäfte gemacht. Interessant hingegen Irene Ebers Beitrag „Flight to Shanghai 1938-1939 and its larger context“, der den realen Hintergründen der Massenflucht nach Shanghai nachspürt: der Versuch Deutschlands seine Devisenprobleme durch den Handel mit China aufzubessern, die neu zu gestaltenden Beziehungen zu Japan sowie eine bessere Kontrolle der jüdischen Emigration durch die Gestapo. Das Wiener Hanseatische Reisebüro kontaktierte im Februar 1939, auf Befehl Eichmanns, das japanische und chinesische Konsulat in Wien, um Möglichkeiten der Verschiffung von Juden nach China zu erörtern. Die Japaner waren nicht begeistert, aber sie wollten ihren Verbündeten nicht vor den Kopf stoßen. China offerierte, mangels Macht in Shanghai, unter anderem gefälschte pro forma Visa für die illegale Einreise nach Palästina. Weder die internationale Stadtverwaltung von Shanghai noch die Japaner, die die Einfahrt des Hafens kontrollierten, freuten sich über die Ankunft der verzweifelten Flüchtlinge aus Mitteleuropa. Dagegen tun konnten sie allerdings nichts, denn seit Herbst 1937 gab es in Shanghai keine Paßkontrolle mehr. Nach Ausbruch des sino-japanischen Krieges und der Vertreibung der Guomindang-Truppen, die bis dahin die Paßkontrolle innehatten, wollten sie die siegreichen Japaner übernehmen. Die von den Kolonialmächten kontrollierte Stadtverwaltung (Shanghai Municipal Council) ließ dies allerdings vorerst nicht zu und so war es — bis August 1939 — möglich, ohne Paß in Shanghai zu landen. Fast alle Beiträge in dem umfassenden Buch sind von großem Interesse: „China und Jiddisch (Jiddische Kultur in China, chinesische Literatur auf Jiddisch)“ von Chang ShoouHuey, „Cabbala in China“ von Claudia von Collani, ,,The Sephardi Jewish Community of Shanghai and the Question of Identity“ von Masie Meyer, ,,Unwilling Collaborators: The Jewish Community of Harbin under the Japanese Occupation 1931-1945“, „Controlling the Jews, Manchukuo Style“ von Avraham Altman, „On the Religious Life of the Kaifeng Jewish Community in the 15th-17th Century“ von Xu Xin und viele mehr. Die Beiträge sind auf Englisch, Deutsch und Chinesisch verfaßt. Eine in fast allen Belangen äußerst empfehlenswerte Lektüre! Paul Rosdy Roman Malek (Hg.): From Kaifeng ... to Shanghai. Jews in China. Sankt Augustin/Nettetal: Institut Monumenta Serica/Steyler Verlag 2000. 706 $., zahlreiche Abb. DM 120,- (Monumenta Serica/Monograph Series XLVI. Joint Publication of the Monumenta Serica Instiute and the China Zentrum). Ernst Eisenmayer-Ausstellung in der ESRA „Stadt-Bilder: London, Buenos Aires und San Francisco“ ist der Titel einer Ausstellung mit Zeichnungen und Drucken von Ernst Eisenmayer und Photographien von Renee H. Howie in ESRA, 1020 Wien, Tempelg. 5. Zur Eröffnung am 24. Oktober, 18 Uhr 30, sprechen Peter Schwarz und Konstantin Kaiser. (Bis 26. November 2002). Absurdes Theater Über Evelyn DeutschSchreiners Studie zum Theater im ‚Wiederaufbau‘ Der wissenschaftliche Werdegang und die neue Arbeit der Autorin bilden eine schöne Widerlegung der „Stunde Null“: Evelyn Deutsch-Schreiner hat vor zwanzig Jahren über die „Nationalsozialistische Kulturpolitik in Wien“ dissertiert — die erste große Arbeit überhaupt zu diesem Thema, faktenreich und detailliert, die leider nie zu einem Buch umgearbeitet worden ist. Nun legt sie die erste große Studie zum Thema Politik und Theater im österreichischen „Wiederaufbau“ vor — und diese als Habilitationsschrift eingereichte Arbeit ist nun zum Glück auch erschienen. Sie bestätigt damit auf dem Gebiet der Kultur und des Theaters, daß über die Nachkriegszeit nur etwas sagen kann, wer über den Nationalsozialismus spricht. Den Fluchtpunkt der ganzen, empirisch breit abgestützten kulturgeschichtlichen Studie bildet also die Frage, in welchem Verhältnis das Theater und seine Proponenten zur NS-Vergangenheit stehen, vor allem zur „Beteiligung an der Vertreibung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung“. Vor diesem Fluchtpunkt untersucht die Autorin nicht nur sehr differenziert die größeren ideologischen Apparate wie Burgtheater, Volkstheater und Neues Theater in der Scala, sondern auch die kleinen Formationen etwa der katholischen Spielschar oder Otto Tausigs „Theatergruppe Jura Soyfer‘; sie beschränkt sich nicht allein auf Theater im engeren Sinn, bezieht vielmehr auch gewerkschaftliches Massenspiel und Katholikentag mit ein. Der weitgehend erfolgreiche Ausschluß der Exilanten und die Zurückdrängung der Remigranten - in den fünfziger Jahren vor allem durch die Ideologie des Kalten Kriegs und des Antikommunismus befördert — und die Durchsetzung einer bestimmten Österreich-Ideologie wird auf diese Weise in vielen, heute geradezu absurd erscheinenden Details herausgearbeitet. Gerade die Details sind das Aufschlußreiche. Denn es war auf seine Art ein wirklich absurdes Theater, das hier —- mit wenigen Ausnahmen — nach der Shoah eröffnet wurde: „Das Bild vom musischen, mit barocker Spielfreude ausgestatteten österreichischen Menschen, der schon von seinem Wesen her resistent gegen den Nationalsozialismus gewesen sei, diente dem Verleugnen jeder Mitverantwortung am NS-Regime, an der Shoah und am Krieg.“ Und es wurde auf vielen verschiedenen Bühnen inszeniert. Die Autorin strukturiert das geschichtliche Material weniger nach ästhetischen Gesichtspunkten als nach den Maßgaben der Zeitgeschichte und Politikwissenschaft. Sie analysiert vor allem „den Einfluß und die Auswirkungen des politischen Systems im Nachkriegs-Österreich auf die Theaterlandschaft.“ 77