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gibt es eine von Ing. Hans Thöni gestaltete ausführlichere Dokumentation über Leben und Wirken dieses bedeutendsten Wintertourismus-Pioniers Tirols. Schon 1910 wurde Gomperz Ehrenmitglied des ÖSV und vertrat Deutschland und Österreich auf internationalen Kongressen. In München gründete er ein Büro, die Schibrücke, von dem aus die internationale Zusammenarbeit koordiniert wurde. Und zehn Jahre vor Begründung des Normenausschusses (DIN) hatte er die Idee, für Drucksorten ein Einheitsformat einzuführen. Vor dem Ersten Weltkrieg hielt Rudolf Gomperz über 100 Vorträge über den winterlichen Arlberg. Im Krieg wurde er äls Landsturmingenieur technischer Leiter der k. u. k. Schiwerkstätte in Salzburg. Von dieser gingen starke Impulse für die Entwicklung der Alpinausrüstung aus. Sein Partner war Hauptmann Bilgeri, der Vorarlberger Schipionier. Als dieser das Eiserne Kreuz erhielt, sagte er zu Gomperz: Für deine Arbeit habe ich die Auszeichnung bekommen. Nach dem Ersten Weltkrieg ging Gomperz zunächst nach Deutschland, wo er im oberfränkischen Naila als Prokurist der Münchener Gebrüder Schmidt A.G. tätig war. Es gelang ihm, den Arbeitern während der Inflationszeit den Reallohn zu erhalten. 1925 wurde die Ehe mit Clara Westphal geschieden. Im gleichen Jahr heiratete er die 1889 in Mühldorf am Inn geborene Maria Theresia Stecher, mit der er zwei Söhne hatte.’ 1926 wurde Ing. Gomperz gebeten, in St. Anton den Fremdenverkehr neu zu organisieren. Er folgte dem Ruf und erhielt eine Anstellung mit bescheidener Entlohnung (vor dem Weltkrieg war er ehrenamtlich tätig gewesen). Er rief die sogenannten DAKS-Kurse (Deutsche Arlberg-Kurse Schneider) ins Leben, Schikurse mit Vollpension. 1927 gab er mit Hannes Schneider den Skiführer für das Arlberggebiet heraus, der mit seiner neuartigen Konzeption zum Vorbild für dieses Genre wurde. Die legendäre Reise Hannes Schneiders nach Japan im Jahre 1930 beschrieb er in dem Buch Auf Schi in Japan‘. Neben vielen anderen technischen Neuerungen führte er den Motorschlittenverkehr nach St. Christoph ein. Dazu leitete er von 1927 bis 1931 in St. Anton eine Filiale des Tiroler Landesreisebüros. Ab 1931 arbeitete er am Projekt Galzigbahn. Entgegen den Befürchtungen Hannes Schneiders, der meinte, eine Seilbahn würde das Ende seiner Schischule bedeuten, sah Gomperz in dieser Bahn die Voraussetzung für die weitere Prosperität des Ortes. Als sie 1937 eröffnet wurde, stand Ing. Rudolf Gomperz still im Hintergrund. Die von der Regierung anläßlich seines 60. Geburtstages am 10. März 1938 dekretierte Ernennung zum Regierungsrat unterblieb aufgrund des Anschlusses zwei Tage später. Rudolf Gomperz wurde sofort mit Arbeitsverbot belegt. Der Unterhalt der Familie wurde immer schwieriger. Zuletzt war Gomperz auf materielle Hilfe seiner in- und ausländischen Freunde angewiesen. Frau Gomperz versuchte, durch ein Führergesuch einen Unterhaltszuschuß zu erreichen. In diesem Gesuch, das nie abgeschickt wurde, ist von meinen zwei arischen Söhnen die Rede. Ob Ing. Gomperz immer gewußt hat, daß er nicht der leibliche Vater seiner Söhne war, ob ihm seine Frau dies erst in der Zwangssituation nach dem Anschluß mitgeteilt hat oder alles nur eine Finte war, um den Söhnen die Existenz im NSStaat zu erleichtern, ist unbekannt. Auf jeden Fall wurde die arische Abstammung der beiden Gomperz-Söhne ohne zivilgerichtliches Verfahren anerkannt. Am 26. Juni 1941 verfaßte Rudolf Gomperz sein Testament, in dem es heißt: Mein einstiges Vermögen vernichtete die Inflation, und die kümmerlichen Reste zehrten wir seit 1938 auf. Was hat der Idealismus genützt? Herzlich wenig! Die Menschen, Institutionen und Verbände, denen man einst Jahre, geistige Arbeit, Kraft und Vermögen opferte, sie haben einen gründlich vergessen! Als Gomperz klar war, daß seine Zwangsumsiedelung nach Wien unausbleiblich sei und Wien nur eine Durchgangsstation auf dem Weg in ein Vernichtungslager im Osten, schrieb er am Dreikönigstag 1942 seinen Brief aus dem Jenseits. In diesem heißt es: Meine Frau ist eine Heldin gewesen! Sie mußte fast vier Jahre mit mir ausharren, viel erdulden und erleben, wie sich einer nach dem anderen zurückzog, als er merkte, daß wir bettelarm geworden waren. Sie mußte am Ende mich ziehen lassen, wissend, daß es mein Ende sein würde, während alle Frauen, Mütter, Bräute immer hoffen dürfen, daß der Mann aus dem Felde einst heimkommen wird. Vom Sammellager Sperlschule wurde Rudolf Gomperz am 20. Mai 1942 mit dem 22. Judentransport nach Minsk deportiert, wo sich seine Spur verliert.’ Weltmeister Karl Schranz aber wuBte nichts von dem Mann, der zusammen mit Schikönig Hannes Schneider (der gemeinsam mit Arnold Fanck® die Arlberg-Technik entwickelt hatte) die Voraussetzungen dafür geschaffen hatte, daß aus den kleinen Arlberg-Dörfern Stuben, Zürs, Lech und St. Anton eine so beeindruckende Reihe von Weltmeisterinnen und Weltmeistern hervorgehen konnte. Der Tiroler Dramatiker Felix Mitterer schrieb auf der Grundlage von Thönis Gomperz-Biographie das Stück Kein schöner Land, das 1987 am Tiroler Landestheaters uraufgeführt wurde. Im Sommer 2001 wurde es auch im Rahmen der Arlberger Kulturtage als Freilichtspiel aufgeführt und erfuhr 2002 eine Wiederaufnahme. 1995 war auf Veranlassung der Gemeinde St. Anton ein von Prof. Engelbert Gitterle gestaltetes Gomperz-Denkmal errichtet worden. Auch ein Weg trägt heute seinen Namen. Schließlich fand am 27. November in St. Anton die Premiere des Films Die silberne Lokomotive von Sina Moser statt. Der Titel bezieht sich auf ein auf Heinrich von Sichrovsky zurückgehendes Familienerbstück, das nach dem Tod von Frau