OCR
ORPHEUS IN DER ZWISCHENWELT Anmerkungen 1 Peri Arndt/Silke Bernd/Christoph Dompke u.a. (Arbeitsgruppe Exilmusik): Lebenswege von Musikerinnen im „Dritten Reich“ und im Exil. Hamburg: von Bockel 2000, 305. 2 Arbeitsgruppe Exilmusik, Lebenswege von Musikerinnen, 287. 3 Arbeitsgruppe Exilmusik, Lebenswege von Musikerinnen, 10. 4 Arbeitsgruppe Exilmusik, Lebenswege von Musikerinnen, 349. 5 Monika Richarz: Frauen in Familie und Öffentlichkeit. In: Michael A. Meyer/Michael Brenner (Hg.): Deutsch-jüdische Geschichte in der Neuzeit. München: Beck 1997, 68. 6 Hilde Spiel: Psychologie des Exils. In : Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands und Dokumentationsstelle für neue österreichische Literatur (Hg.): Österreicher im Exil 1934 bis 1945. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1977, XXII. 7 Arbeitsgruppe Exilmusik, Lebenswege von Musikerinnen, 349. 8 Sybille Quack: Zuflucht Amerika — Zur Sozialgeschichte der Emigration deutsch-jüdischer Frauen in die USA 1933-1945. Bonn: Dietz 1995, 213. 9 Arbeitsgruppe Exilmusik, Lebenswege von Musikerinnen, 346. Die 12. Tagung der Arbeitsgemeinschaft „Frauen im Exil“ vom 1.-3. November 2002 in Bielefeld (vgl. die Ankündigung in ZW Nr. 2/2002, S. 88) widmete sich dem Leben und Werk verfolgter Komponistinnen, Virtuosinnen, Musikpädagoginnen, Musiktherapeutinnen, Musikwissenschaftlerinnen und Unterhaltungsmusikerinnen in der NS-Zeit. Dabei ging es um die Geflüchteten, die inneren Emigrantinnen und die Musikausübung in Konzentrationslagern und in Internierungslagern, sowie um Veranstaltungen des „Jüdischen Kulturbundes“. Das Ziel war — durch die Zusammenschau der Verhältnisse im nationalsozialistischen Herrschaftsbereich und im Exil —, die persönlichen, beruflichen und künstlerischen Folgen von Entrechtung, Verfolgung, Internierung, Vernichtung, Vertreibung und Flucht aufzuzeigen und die Musikausübung unter Extrembedingungen zu untersuchen. Das Programm wurde unter der fachwissenschaftlichen Federführung von AnnaChristine Rhode-Jüchtern (Bielefeld), gemeinsam mit Maria Kublitz-Kramer (Bielefeld), Renate Wall (Osnabrück) und Inge Hansen-Schaberg (Rotenburg), vorbereitet. Die berühmte Komponistin Pia Gilbert, New York, sandte ein Video mit einem Grußwort an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung. Die Einführung in den Themenkomplex der Tagung und Überblicke zum Forschungsstand zeigten überdeutlich, daß die bisherige Musikexilforschung sich vorrangig auf den großen Künstler — Virtuosen oder Komponisten — konzentriert hat, und daß im Hinblick auf Musikerinnen erst Grundlagenforschung betrieben werden muß. Zur Zeit finden sich zum einen in der Datenbank der AG Exilmusik am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Hamburg ca. 5.000 Namen, darunter 2.000 Musikerinnen, von denen meist Hinweise zu Leben und Werk fehlen. Zum anderen ist der Orpheus Trust in Wien mit der Aufgabe befaßt, eine Datenbank für aus Österreich und der ehemaligen Donaumonarchie vertriebene Musikschaffende aufzubauen, die bereits 4.630 Einträge aufweist. Zusammenfassend wurde jedoch festgestellt, daß noch keine hinreichende Basis für die Untersuchung qualitativer Fragestellungen vorhanden ist. Auf der Tagung wurden vor allem Fallstudien verfolgter Musikerinnen im NS-Herrschaftsbereich, im KZ und nach der Shoa und Untersuchungen über Musikerinnen im Exil und nach der Remigration vorgestellt. Zum wissenschaftlichen Programm wurde während der Tagung eine Installation von Jürgen Heckmanns über „Erinnern und Vergessen‘ präsentiert, und man begegnete den Wer34 ken von verfolgten, exilierten, vergessenen Musikerinnen durch musikalische Beispiele während der Vorträge und durch Konzerte mit Werken der Komponistinnen Charlotte Schlesinger, Felicitas Kukuck, Ilse Fromm-Michaels, Pia Gilbert und Ursula Mamlock. Die Tagung fand großes öffentliches Interesse, das weit über den musikwissenschaftlichen Bereich hinausreichte. In der Abschlußdiskussion wurde deutlich, welch wichtige Impulse für die Weiterarbeit an musikspezifischer Frauenexilforschung und für den Aufbau von Netzwerken die Tagung bot. Als Koordinationsstelle hat Prof. Dr. Freia Hoffmann das Sophie Drinker Institut für musikwissenschaftliche Frauen- und Geschlechterforschung an der Universität Bremen angeboten. Neben der Diskussion musiktheoretischer Fragestellungen hat die Tagung einen ersten Überblick über das Ausmaß der Verfolgung von Musikerinnen gegeben, das Musikexil in verschiedenen Ländern mit der Frage nach der künstlerischen Akkulturation diskutiert und die (Wieder-)Entdeckung von Klangwelten mit einem hoffentlich großen Echo ermöglicht. — Ein Tagungsband ist in Vorbereitung. Inge Hansen-Schaberg Buchpräsentation: Mahler und Österreich Donnerstag, 23. Jänner 2003, 18 Uhr, Österreichische Gesellschaft für Musik. 1010 Wien, Hanuschgasse 3, 3. Stock Präsentation des Buchs „Feindbild Gustav Mahler“ von Gerhard Scheit und Wilhelm Svoboda (Sonderzahl Verlag). Podiumsdiskussion mit Herta Blaukopf, Olga Neuwirth (angefragt), Renate Stark und den Autoren. Mahlers Werk ist scheinbar durchgesetzt. Die Konflikte aber, die es hervorgerufen hat, sind in Vergessenheit geraten. Dabei ist die Rezeption dieser Musik in Österreich ein hervorragendes Beispiel für die antisemitische Abwehr der Moderne. Jemand, der Mahlers Musik nicht mag, muß kein Antisemit sein, und ein Freund der Moderne ist nicht unbedingt ein Freund von Mahlers Musik. Es kommt eben darauf an, wie im einzelnen gegen Mahler argumentiert wird. Dies aufzudecken, gehört zu den Erfordernissen einer kritischen Musik- und Kulturwissenschaft.