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wortung für zahlreiche wissenschaftliche Tagungen, Symposien, Kolloquien im In- und Ausland zu verschiedenen und oft sogar erstmalig in der gesamten internationalen Exilforschung behandelten Themen des Exils und des österreichischen Widerstandes. Nicht zuletzt ist das in einer über ein Jahrzehnt andauernden Kraftanstrengung entstandene „Lexikon der österreichischen Exilliteratur“ (Deuticke Verlag 2000) ein Dokument dafür. Auch Evelyn Adunka, Nina Jakl und Ulrike Oedl haben daran maßgeblichen Anteil. So wie die ohnehin erst seit den 1970er Jahren in Gang kommenden Initiativen zur Erforschung des österreichischen Exils und Widerstands (im Bereich der Literatur) nicht vom hiesigen akademischen Boden ausgingen, sondern es exilierte Literaturwissenschaftler und Betroffene selbst waren, wie z.B. Harry Zohn, Horst Jarka, Egon Schwarz oder Ruth Klüger, die in ihren Exilländern dafür verantwortlich zeichneten, oder außeruniversitäre Initiativen, wie die von Viktor Suchy in den 1970er Jahren, so auch die Forschungen der TKG, als deren Proponenten Anfang der 1980er Jahre denn auch Erich Fried, Bruno Kreisky, Erwin Chvojka und Hilde Spiel zu nennen sind. Wird es denn die von der Bildungsministerin angekündigte österreichische Weltklasseuniversität ohne die Einrichtung etwa eines Forschungsinstituts für Exilforschung geben können — zu einem so komplexen und für die gesamte Kultur zentralen Thema also, ohne das die Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts einfach nicht zu verstehen ist? Erst jüngst war es die TKG, die für die Gründung einer Österreichischen Gesellschaft für Exilforschung initiativ wurde, so daß fast alle seit Jahren am Exil-Thema Arbeitenden erstmalig an einen Tisch gebracht werden konnten. 40 Lassen Sie mich auch noch sagen, daß es wohl bezeichnend für eine meist vollmundig, aber eben rhetorisch beschworene Kultur in diesem Lande ist, daß trotz der kontinuierlich und nachweislich erbrachten Leistungen der TKG, die sich mit den Forschungsleistungen universitärer Institutionen durchaus vergleichen lassen, die Grundsubventionierung der Gesellschaft dennoch auf dem Stand des Jahres 1994 eingefroren ist. Aber: Die Welt ist, wie ich schon sagte, nicht weiß und sie ist nicht schwarz. Gerade gestern durften wir uns über den Abschluß eines vom ehemaligen Wissenschaftsministerium finanzierten Internet-Projektes freuen, das für alle Interessierten in der Welt in mehr als 40 Einheiten online eine Einführung in die Themen und die Problematiken des Exils der österreichischen Schriftsteller/innen bietet, von in- und ausländischen Universitäten als Grundlage für Fernlernvorlesungen angeboten werden wird und auch in anderen Bildungseinrichtungen Verwendung finden kann. Ein anderes Tor nach Österreich und zu dessen oft vergessenen kreativen Kräften. Auch zu den Preisträgern von heute, Alfredo Bauer und Fritz Kalmar, gibt es dort entsprechende Informationen. Bauer und Kalmar wurden beide in Wien geboren, der eine, Alfredo Bauer, im Jahre 1924, der andere, Fritz Kalmar, 1911 — beiden gelang 1939 die Flucht aus Österreich - und beide leben heute in Südamerika, Alfredo Bauer in Buenos Aires, Fritz Kalmar in Montevideo. Und für beide gilt: Nie wandte sich ihr Blick von ihrem Herkunftsland ab, mit Engagement traten sie für die Wiederherstellung eines demokratischen Österreich ein, mit Vehemenz und Schärfe, weil aus Liebe, äußerten sie sich zu den oft bedenklichen Verhältnissen in diesem ihrem Geburtsland. Erich Hackl und Konstantin Kaiser werden heute die Laudationes auf die Preisträger sprechen, und Miguel HerzKestranek wird aus Texten Bauers und Kalmars lesen — wir freuen uns schon sehr darauf! Ich möchte mich im Namen der TKG sehr herzlich beim Unabhängigen Literaturhaus NÖ, insbesondere bei Katharina Hofbauer, Michael Stiller und Sylvia Treudl, beim NÖ Donaufestival, dem Orpheus Trust und der Grazer Autorenversammlung dafür bedanken, daß sie mit uns, der TKG, diesen Festabend für Alfredo Bauer und Fritz Kalmar mittragen und -gestalten! Und, wie schon erwähnt, die finanzielle Decke der TKG wäre bei weitem nicht ausreichend, auch wenn unser Herz und unsere Sinne es anders wollten, gäbe es nicht Förderer des „Theodor Kramer Preises für Schreiben im Widerstand und im Exil“, namentlich die NÖ Landesregierung und die Kunstsektion des Bundeskanzleramtes. Herzlichen Dank! Daß es auch Speis und Trank, nicht nur literarische und musikalische Speis, geben kann, dafür bedanke ich mich auch bei der Stadt Krems. Zudem ist es ein sehr schöne Geste, daß Alfredo Bauer auf Einladung des Unabhängigen Literaturhauses bis Ende Mai in Österreich leben, schreiben, vortragen und aufklären kann. Fritz Kalmar wird aus gesundheitlichen Gründen wohl erst Ende Mai nach Österreich kommen können, dann aber gemeinsam mit Alfredo Bauer bei einigen Veranstaltungen zu hören sein. Also Dank von Herzen und das Allerwichtigste — Freude über die einstimmige Entscheidung des Vorstandes der TKG, Alfredo Bauer und Fritz Kalmar mit diesem Preis zu ehren — herzliche Gratulation den beiden Preisträgern! Karl Müller ist Germanist, lehrt an der Universität Salzburg und ist Vorsitzender der Theodor Kramer Gesellschaft.