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quemlichkeiten zu umgeben. Wenn das nicht geschah, so lag es durchaus auf der offiziellen Linie, die den Hitlerflüchtlingen gegenüber eingeschlagen wurde. Ich weiß nicht, welcher Minister es war, der damals darüber sagte: „Ich bin dafür, die Sache in die Länge zu ziehen.“ Etwas anderes durchzusetzen, das wäre allenfalls über eine der beiden Großparteien, im Falle Kramers über die sozialistische möglich gewesen. In der Tat wurde der „Fall Kramer“ von behördlicher Seite „in die Länge gezogen“. Zwölf Jahre dauerte es nach 1945 noch, bis er nach Wien kommen konnte, wo er auch nicht besonders gut behandelt wurde. Es waren wenige Monate vor seinem Tod. Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde, nochmals für die Zuerkennung dieses Preises. Und ich danke von ganzem Herzen denen, welche die Theodor-Kramer-Gesellschaft ins Leben riefen und aufrecht erhalten. Denn in ihm, dem großen humanistischen Dichter, ehren sie Österreich und ehren sie die Kultur. Und ein wenig von der Ehre, die diesem Großen erwiesen wird, fällt auch auf uns Kleine, die wir ebenfalls die Literatur, die Kultur hochhalten, die wir uns ebenfalls bemühen, daß in Österreich und durchsetzt. Ich stelle mir vor, Büttelsburg liegt in der Steiermark. Besser in Tirol. Oder im Salzkammergut, oder gleich hier in der Wachau: Winzerdorf mit lieblicher Umgebung, die zum schwärmerischen Gedanken verführt, die Menschen wären offener als anderswo, sanfter, teilnahmsvoller, menschlicher eben. In einen Weinort gehört die Weinstube „Zum guten Tropfen“, in der manchmal die Musik aufspielt, ferner eine Kirche samt Pfarrer, eine Tankstelle, ein Kaufmannsladen, eine Apotheke, eine Schule mit Lehrerin, ledig und eifrig, ein Gemeindeamt natürlich, darin der tüchtige Bürgermeister waltet, ein paar Wirtshäuser und Frühstückspensionen und der gut Erich Hackl. Foto: Nina Jakl 44 bürgerliche Gasthof „Zum weißen Hirschen“, denn der Fremdenverkehr blüht, wenn auch bescheiden. Habe ich was vergessen? Die Bahnverbindung natürlich, die Büttelsburg mit der großen Welt und mit dem Nachbarstädtchen Blunz verbindet. Am Bahnhof wird eines Tages ein Sarg aus dem Waggon geschoben. In ihm kehrt Jakob Kellermann in die Ortschaft zurück, die er samt Frau und jüngstem Sohn 1939 verlassen hat, nicht aus freien Stücken, ehe er irgendwo in Südamerika ansässig, aber nicht heimisch geworden ist. Es gilt, Kellermanns letzten Willen zu erfüllen, in Heimaterde begraben zu werden. Die Gemeinde ist gerührt, das Ehrengrab bereits geschaufelt, der Bürgermeister hält eine geräusperte Rede, dann tragen ein paar Männer den Sarg zum Hauptplatz, wo er noch einmal abgesetzt wird, zwecks stillem Gedenken und der gelogenen Wahrheit: Er war ja doch einer von uns, der brave Herr Kellermann. Der Laden gleich gegenüber, in dem jetzt die Familie Margreiter hantiert, der hat einst ihm gehört. Endlich ist die Schweigeminute vorüber, der Bürgermeister nickt den Trägern zu: Auf zum Friedhof, aber der Sarg läßt sich nicht hochheben. Die Männer versuchen, ihn von der Stelle zu rücken, ziehen und stemmen aus Leibeskräften, Unruhe kommt auf, Unmut macht sich breit, wer will schon eine Totenkiste da haben, mitten auf dem Platz, tagaus, tagein, ein Traktor wird vorgespannt, vergebens, nach ein paar Tagen ergeht ein Hilferuf nach Blunz, das einen Bautrupp schickt, mit Preßlufthämmern, die auch nichts ausrichten, irgendwann legt jemand Feuer, das den Sarg verschont, noch später fallen die Ortsbewohner mit Äxten und Sägen über ihn her — doch dem Sarg ist nicht beizukommen. Er steht, wie angegossen. Ein negatives Wunder. Zumindest eine Attraktion. Erst kommen die Journalisten, dann die Wissenschaftler, dann das schaulustige Volk. Der Sarg wird geschmückt, vermessen, fotografiert. Büttelsburg erlebt einen unerwarteten Aufschwung: die Gästezimmer sind ausgebucht, in den Wirtshäusern drängeln sich Schweinshaxen und gemischter Salat, die Kassen klingeln heimelig. Ein Jahrmarktstreiben setzt ein, Tanz und Sackhüpfen rund um den Sarg, Küren einer Schönheitskönigin, Trachtenzug, Blasmusik, frohes Geschrei. Aber: „Das Eigentliche blieb ungesagt.“ Ein kleiner Satz mittendrin, der sich fast verliert, so wie den