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Claire Felsenburgs Buch Flüchtlingskinder wurde Anfang Dezember in Wien vorgestellt. In einfachen ergreifenden Worten erzählt sie die Geschichte ihrer Familie und insbesondere ihrer Mutter. Sie erwähnt nur skizzenhaft und am Rande die Umstände ihres eigenen Lebens im Exil. Am 16. und 24.4. 2000 hatte sie mir in langen Telefongesprächen mehr über die Stationen Schweiz, England, USA erzählt. Ursprünglich als eine Befragung von Walter Felsenburg, ihrem Mann, gedacht, wurde aus diesen zwei Telefonaten eine berührende, vertrauensvolle Unterhaltung. Walter Felsenburg war ab den zwanziger Jahren bis 1938 Journalist, Mitarbeiter des Gerichtlichen Pressedienstes, sowie Sportberichterstatter für diverse Zeitungen. Claire, die in einem Anwaltsbüro arbeitete, begleitete ihren Mann bei manchen Anlässen, so einmal auch zu einem Pferderennen in der Krieau. Bei dieser Gelegenheit lernte sie den Chefredakteur des Neuen Wiener Tagblatts kennen, der sie an Milan Dubrovic, Redakteur der Stunde (in der Nachkriegszeit PresseChefredakteur) weiterempfahl. Dubrovic war es, der Claire Felsenburgs ersten Artikel in der Stunde veröffentlichte. Claire Felsenburg: Ich habe den ersten Artikel so abgefaßt, als wäre ich in Tirol zur Weihnachtszeit in den Bergen bei den Leuten, über die ich da schreibe... In Wirklichkeit spielte sich das bei mir in der Wohnung ab! Ich war platt, daß man das sofort gebracht hat. Es war urwüchsig geschrieben. Andere Artikel befaßten sich eher mit trockenen Themen. Meine Arbeiten waren stets namentlich gezeichnet. Von nun an war sie „Außenmitarbeiterin‘‘ mehrerer Zeitungen: Etwas ist mir in der Erinnerung haften geblieben. Ich ging damals in das Büro, wo die ersten Erfindungen des Jahres registriert wurden und habe ein Interview gemacht mit jemandem, der mir erzählt hat, daß ein Taschentuch aus Papier auf den Markt kommen wird, auch Kleider aus Papier, so wie sie die Patienten in Amerika jetzt bei den Ärzten für Untersuchungen anziehen. Heute kann niemand glauben, daß das schon im 38er Jahr als neue Erfindung publiziert wurde. Ich war stolz auf meine Reportage, weil ich die erste war, die davon gehört hat. Dadurch daß ich begonnen habe zu schreiben, konnte ich meinen Posten aufgeben. Walter riet mir ab. Aber das hat uns das das Leben gerettet, weil ich manche Artikel erst später bezahlt bekam und wir uns damit noch 2-3 Monate halten konnten. Als Walter Felsenburg im März 1938 schlagartig der Zutritt zum Gerichtlichen Pressedienst durch seinen bisherigen Kol legen Procopovic verwehrt wurde, suchte das Paar nach Möglichkeiten zum Exil: Wir kamen Anfang Juli 1938 in die Schweiz und blieben ein Jahr. Man durfte nicht arbeiten, das Land wollte nicht, daß die Emigranten bleiben. Wir mußten alle paar Wochen zur Kantonspolizei gehen und mitteilen, was man für eine Weiterreise unternommen hat. Aber wir sind keine Leute, die gern ruhig dasitzen. Damals besonders, als wir jung, energisch und kräftig waren. Wir haben uns freiwillig engagiert für die Flüchtlingshilfe in der jüdischen Gemeinde. Dann sind wir nach England. Man suchte ein Paar für Haushaltsarbeit, nur das wurde ja bewilligt. Aber dann hieß es plötzlich: Wir wollen nur Frauen, ihr Mann bekommt keinen Paß. Ich wollte keinesfalls allein fahren. Da fiel mir ein, daß mein Schwiegervater, der Parlamentsberichterstatter war, mit dem Franzosen Lion Rothschild bekannt ist. Ich habe mir die Adresse des Bankhauses in London verschafft und angefragt, ob sie uns irgendwie helfen können. Ein Adjutant hat zu unserer großen Überraschung zurückgeschrieben, wir sollen kommen. Nach zwei Wochen kam vom englischen Konsul ein Brief: Kein Permit, jedoch ein Einreisevisum. Das war wunderbar. Eine Frau, die sich sehr um uns bemüht hat, eine Professorsgattin, hatte sogar an das Home Office geschrieben, aber alles war abgelehnt worden. Sie sagte: Wieso war das möglich, ich habe das nicht fertiggebracht? Ich antwortete nur: Mister Rothschild! So war es. Drei Wochen nach unserer Ankunft in England brach der Krieg aus. Ich ängstigte mich zu Tode, ich erinnerte mich an meine Kindheit im Ersten Weltkrieg, die Leute hatten die Beine und Arme verloren, ich hatte die Krüppel in Wien gesehen. Und ich habe gewußt, daß es furchtbar sein wird. Wir haben verschiedene Berufe gehabt, sind aber nicht lange ‚domestic’ geblieben. Man wollte Leute haben, die verschiedene Arbeiten machen, eventuell auch für den Krieg, aber nicht im direkten Einsatz. So arbeiteten wir z.B. in einem Garten, Obst sammeln. Wir gehörten zu den wenigen, die Englisch konnten und haben alles übersetzt für die anderen. Mir hat diese Tätigkeit nichts ausgemacht. Wir waren glücklich, daß wir im Freien waren, wir haben gesungen. Wir haben leben müssen. Wir haben uns allem gestellt. Walter hat unerhört schwere Arbeiten ausgeführt, die er noch nie gemacht halte, Rübenziehen, Heu ernten und ähnliches. Er ist oft spätnachts nach Hause gekommen. Er hat mir so leid getan. Ich habe ein möbliertes Zimmer gesucht, aber leichter war, ein möbliertes Haus zu finden. Ich sagte zur Vermieterin: Hören Sie, heute ist Montag, mein Mann und noch ein Mitbewohner arbeiten in diesen Obstgärten. Am Freitag bekommen 11