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erstein war er für alle modernen Neueinstudierungen im Bereich der Oper zuständig (z.B. Jonny spielt auf von Ernst Kfenek,Oedipus rex von Igor Strawinsky, Die ägyptische Helena von Richard Strauss) und wirkte als Dirigent von Ballettvorstellungen im Redoutensaal. Ab 1.6. 1924 war er auch als Sologesangskorrepetitor tätig. Seit dieser Zeit bemühte er sich immer wieder um eine Ablöse als Ballettkorrepetitor und um ausschließliche Verwendung im Opernfach, was ihm mehr entsprochen hätte, ihm aber erst 1929 ermöglicht wurde. Aus den Akten der Staatsoper läßt sich ersehen, daß man ihn für einen „ausgezeichneten Musiker mit hervorragenden pädagogischen Fähigkeiten schätzte“, daß er „zu allen heiklen musikalischen Aufgaben herangezogen“ worden ist und daß er meist „in weit höherem Maße beschäftigt wird als seine Kollegen“. Am 16. März 1938 erfolgte eine Außerdienststellung zunächst im Wege der Beurlaubung. Das Dienstverhältnis endete für den Juden Janowitz am 2. Juni 1938 mit sofortiger Wirkung.” Für Kraus war er ein äußerst wichtiger musikalischer Mitarbeiter und Berater, besonders in der Zeit der Veröffentlichung der „Letzten Tage der Menschheit“. Er dürfte für die Aufzeichnung der darin enthaltenen Musikstücke verantwortlich sein.” Er komponierte für ihn die Begleitmusik zu Hauptmanns „Hannele Matterns Himmelfahrt“, zu den ShakespeareVorlesungen, z.B. bei „König Lear“ die Musik in der Zelt-Szene, die Coupletmusik zur Kraus-Bearbeitung von Nestroys „Das Notwendige und das Überflüssige“ (nur zu Letzterem ist das Notenmaterial erhalten; es befindet sich in der Musiksammlung der WStLB MH 10254/c) u.a. Besonders wichtig wurde er für Kraus ab 1926 für die Offenbach-Vorlesungen. Am 20. Februar 1926 las Kraus zum ersten Mal Offenbachs „Blaubart“ vor: „musikalische Einrichtung für den Vortrag und Begleitung: Otto Janowitz (Staatsoper)“. In den folgenden Monaten erarbeiteten sie gemeinsam „Die Großherzogin von Gerolstein“, „Pariser Leben“, „Madame ]’Archiduc“. Immer hieß es auf den Programmen und in der Fackel: „musikalische Einrichtung für den Vortrag und Begleitung: Otto Janowitz (Staatsoper)“. Zu den viel bejubelten Vorlesungen in Wien kamen Auslandstourneen, z.B. nach Berlin. 1927/28 war politisch eine sehr dichte, schwierige Zeit. Kraus begann seinen politischen Kampf gegen Schober und die versagende Sozialdemokratie, gegen Korruption und Diktatur. Man suchte Kraus zu schaden, also zwang man den Schwächeren: Ottos Vorgesetzter, der Staatsoperndirektor Dr. Franz Schalk”, drohte ihm mit Entlassung, wenn er seine künstlerische Zusammenarbeit mit Karl Kraus nicht aufgebe. Es war ein Kniefall Schalks vor Schober, dem Polizeipräsidenten von Wien und mehrmaligen Bundeskanzler. Kraus, der immer bemüht war, niemandem zu schaden, trat sofort zurück. Hätte Franz Mittler, der letzte Klavierbegleiter und musikalische Mitarbeiter von Kraus diesen Vorfall nicht erzählt, keiner der Beteiligten hätte darüber gesprochen. Gegen Ende 1929 hatte er [Karl Kraus] einen sehr fähigen Begleiter, Dr. Otto Janowitz, der auch Korrepetitor an der Staatsoper war. Ihm wurde aber eines Tages vom damaligen Direktor Schalk, der sich bei der Regierung Schober lieb Kind machen wollte, verboten, weiterhin für KK zu arbeiten.“ (Zitiert aus Franz Mittler: Karl Kraus und die Musik. In: OMZ, 23. J g., Juni/Juli 1968, S. 334). Die Zusammenarbeit mit Kraus hörte zwar nicht vollstandig auf, beschränkte sich aber auf Vortragsabende im Ausland oder z.B. auf die Offenbach-Feier am 15.10. 1930 im Wiener Architektenvereinssaal, wo alle drei Musiker — Otto Janowitz, Georg Knepler und Franz Mittler —, die mit Kraus das Offenbach Programm erarbeitet und ihn begleitet hatten, mit Kraus auf dem Podium standen. In der Folgezeit verlor man sich aus den Augen. Otto klagte darüber in einem Brief vom 7.10. 1933 an Ludwig von Ficker, der selbst mit dem Brenner-Verlag in massiven politischen wie wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckte: „Mit Kraus besteht leider ein sehr schiitterer Kontakt“ (Brenner Archiv, Innsbruck, 20/44-7). Vierzehn Tage später, am 21.10. 1933 (Brenner Archiv 20/44-8), schrieb er ihm: Ihre persönlichen Schicksale berühren mich sehr traurig. Eigentlich ist für alle meine Freunde alle Lebensleichtigkeit verschwunden. Ich selbst habe noch meine Stellung, muß also sagen, daß es uns noch gut geht [...] Es währte nicht mehr lange. Zu Otto Janowitz’ musikalischer Tätigkeit außerhalb seiner Zusammenarbeit mit Kraus und seinem Engagement an der Wiener Staatsoper, ist nicht viel bekannt. Er war u.a. Begleiter der Sängerin Else Pazeller, der ersten Frau Karl Weigls, und auch als Komponist muß er hervorgetreten sein. So finden sich in der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek zwei Autographe: Tanz für Klavier Nr. 9 und Tanz-Humoresken Nr. 8 (Apostel-Nachlaß, ÖNB, Musiksammlung F 10 Apostel 367/115). Besonderes Interesse hatte er für den Tanz gehabt: so stellte er für den Schott Verlag ein „Verzeichnis tanzbarer Musik neuerer Komponisten für den Bühnentanz, sowie für gymnastische und rhythmische Übungen aus dem Verlage B. Schott’s Söhne/Mainz“ (ohne Datum) zusammen (ein Exemplar befindet sich im Lesesaal der Musiksammlung der ÖNB unter der Signatur 573572-B). Für den Belaieff Musikverlag (Nr. 3249) brachte Otto Janowitz 1927 den Band „Der künstlerische Tanz“, Russische Klaviermusik, 12 Stücke, heraus. In der Neuen MusikZeitung, Stuttgart, 49. Jg., 1928, Heft 7, S. 23 1ff. ist ein Artikel von ihm zu finden: „Auf der Suche nach tanzbarer Musik“. Darin unterscheidet er zunächst die Begriffe „Tanzmusik“, „Ballettmusik“ — beides „Zweckmusik“, erstere für den Gesellschaftstanz, letztere für den Bühnentanz geschaffen — und „tanzbare Musik“, womit sowohl das eigens für den Kunsttanz, für einzelne Tanzeinlagen in Tanzabenden und Revuen komponierte Tanzstück zu verstehen sei, als auch Musikstücke, meist Klavierstücke, die zwar nicht für den Tanz komponiert wurden, die den Tänzer aber zur Interpretation, zur Choreographie inspirieren. „Tanzbare Musik“ entstehe im Idealfall im ZusammenSl