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Kranken nur heilen wollte. Siegfried Kracauer”' hat schon recht, wenn er feststellt, daß hier ein „revolutionärer“ Film zu einem „konformistischen“ umgewandelt wurde. Zwar wurde „Caligari“ der expressionistische Höhepunkt des deutschen Films, ein unübertroffenes Meisterwerk, das kommerziell überaus erfolgreich war und zahlreiche Nachahmer fand, trotzdem: die Aussage, die Absicht der Autoren wurde entschärft, verniedlicht. Hans wurde zum viel beschäftigten Filmbuchautor und Textdichter für das Kabarett (1924 veröffentlicht in den „Asphaltballaden“). Nach dem Tod des Vaters 1923 übernahm er Gut und Ölmühle in Pod&brad. 1925 entstand der Roman „Jazz“. Für seinen Bruder Anmerkungen 1 Quelle: Wiener Stadt- und Landesbibliothek, Handschriftensammlung (die einzelnen Signaturen werden zu den zitierten Briefen angegeben) und Brenner Archiv, Universität Innsbruck. 2 Christine Ulmer, Franz Janowitz, Diss., Innsbruck, 1970; darauf basierend Dieter Sudhoff, Franz Janowitz, Auf der Erde und andere Dichtungen, Brenner Studien XII, Innsbruck, 1992. 3 Z.B. Günther Dalke und Günter Karl, Deutsche Spielfilme von den Anfängen bis 1933, ein Filmführer, Berlin, 1988; Paul Werner, Film noir, Frankfurt am Main, 1985, S. 110ff.; Georg SeBlen, Claudius Weil, Kino des Phantastischen, Hamburg, 1980, S. 45ff; Lotte H. Eisner, Die dimonische Leinwand, Frankfurt am Main, 1980, S. 19-44; Siegfried Kracauer, Von Caligari bis Hitler, eine psychologische Geschichte des deutschen Films, Frankfurt am Main, 1979; Ulrich Gregor, Enno Patalas, Die Geschichte des Films, Bd.1 1895-1939, Hamburg, 1976, S. 50ff. 4 Seine Tätigkeit als Klavierbegleiter und Bearbeiter für Karl Kraus wird erstmalig in der Publikation der Verfasserin dargelegt: „Karl Kraus und die Musik. Musik nach Angabe des Vortragenden, Bearbeiters, Verfassers. Kompositionen zu Karl Kraus’ Vorlesungstätigkeit“, hg. von Manfred Permoser, Institut für Musikgeschichte der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien, Frankfurt am Main, 2002. 5 Nach den Aussagen seiner Schwiegertochter Lia, Ottos Frau, die von Christine Ulmer in New York interviewt worden ist. 6 Name und Lebensdaten der Mutter sind der Sekundärliteratur unbekannt. Bei Sudhoff, a.a.O., S. 295, heißt es, daß die Mutter bei der Nachricht über den Tod von Franz am Hauseingang zusammengebrochen sei und seither das Gedächtnis verloren habe. 7 In den Brenner Studien XII, Innsbruck, 1992, hg. von Methlagel, Unterkircher, Steyr, Zangerle, findet sich eine Zusammenstellung von Franz Janowitz Texten mit einem Nachwort von Dieter Sudhoff, der Otto Janowitz Germanistik studieren und auch in diesem Fach promovieren läßt. Den Promotionsprotokollen (Jur.Prom.Prot.M32.7) und den Rigorosenprotokollen (Jur.Rig.Prot.J13.24, 1911/12) aus dem Archiv der Universität Wien ist aber zu entnehmen, daß Otto Rechtswissenschaften studiert hat. 8 Zitiert aus: Franz Mittler, Karl Kraus und die Musik, in: Österreichische Musikzeitschrift Juni/Juli 1968, S.333-336, 9 Dr. Philip Berger wurde von Kraus testamentarisch zur Herausgabe der „Sprache“ eingesetzt, 1937 in erster Auflage erschienen (2. Auflage 1954, München, durch Heinrich Fischer, der sich in seinem Nachwort zu dieser Ausgabe, S. 446, u.a. kurz auf Dr. Berger beruft). Über Dr. Berger ist nicht viel bekannt, er wird immer nur erwähnt; für die frühen Vorlesungen Kraus’ erstellte er die Abrechnungen, korrigierte und überprüfte Manuskripte und Druckfahnen und ordnete Texte für Buchausgaben. 1942 wurde Dr. Philip Berger nach Polen deportiert. 10 Chimärenlied: eine Einlage aus den „Papieren des Teufels“ in: „Das Notwendige und das Überflüssige“ I.Akt, 25. Szene (Karl Kraus Schriften Bd.14, Frankfurt am Main, S. 36f., 68-71), Bearbeitung des Nestroy Stückes „Die beiden Nachtwandler oder Das Notwendige und das Überflüssige“, Posse mit Gesang in zwei Akten, 1836, von Kraus. Franz trat er literarisch noch zwei Mal ein: in der „Literarischen Welt“ erschien ein biographischer Artikel über Franz, und 1928 veröffentlichte er die Gedichtsammlung „Requiem der brüderlichen Bruderschaft“. In der Emigration versuchte er zunächst in Hollywood Fuß zu fassen, war immer wieder bemüht um seinen „Caligari“, schrieb Kurzgeschichten u.a., letztlich ohne Erfolg. Um leben zu können, betrieb er in New York zusammen mit seiner Frau die Parfumfirma „Janlen“. 1945 ist er — ebenso wie Otto — nicht in seine Heimat Böhmen zurückgekehrt. Hans verstarb 1954 in New York.” Otto, der älteste, überlebte die Brüder zwar, die Familie Janowitz aber konnte er nicht dem Vergessen entreißen. 11 Die Originalmusik zum Chimärenlied aus den „Papieren des Teufels“, Posse mit Gesang in drei Akten und einem Vorspiel von Joh. Nestroy, 1842, stammt von Adolf Müller sen. (op.122) und wird in der Musiksammlung der WStLB (MH 798) aufbewahrt. 12 „Das Gebet“, in: Worte in Versen II, Fackel Nr. 443/444 Mitte November 1916, S. 35; Karl Kraus Schriften Bd. 9, Frankfurt am Main, 1989, S. 121f. 13 „Schwarzgelber und seine Frau“: 33. Szene, II. Akt aus „Die letzten Tage der Menschheit“, in: Karl Kraus Schriften Bd.10, Frankfurt am Main, 1986, S. 311ff. 14 Zitiert aus: Franz Janowitz, Auf der Erde und andere Dichtungen. Werke, Briefe, Dokumente, mit einem Anhang, hg. von D. Sudhoff, in: Brenner Studien XII, Innsbruck, 1992, S. 285 15 Die Erfahrungen von Franz waren ganz ähnlich denen des auch hier eingesetzten Georg Trakls, der dieses Schlachten nicht überleben wollte. Siehe „Grodek“, Gedicht von Georg Trakl, in: Die Dichtungen Bd. I, Salzburg, 1938, 7. Auflage, S 197. Beachtenswert ist, daß Trakl bereits 1938 einen so großen Bekanntheitsgrad hatte, daß seine Werke schon hohe Auflagenzahlen hatten. Franz Janowitz hingegen wurde kaum verlegt und blieb völlig unbekannt. 16 „Sprechende Erscheinungen“: 5. Akt, Ende der letzten (55.) Szene, in: Karl Kraus Schriften Bd. 10, Frankfurt am Main, 1986, S. 722; das Gedicht „Die galizischen Baume“ von Franz Janowitz ist zitiert bei D. Sudhoff, Brenner Studien XII, a.a.O., S. 78-80. 17 Zitiert aus: D. Sudhoff, Brenner Studien XII, a.a.O., S. 289. 18 „Das Reglement des Teufels“, nachzulesen in: Brenner Studien XII, a.a.O., S. 134-140. 19 Kraus plante jede einzelne Fackelnummer bis ins kleinste Detail, diese umfaßte 240 Seiten; genau in die Mitte setzte er auf S. 115 das Sonett „Meinem Franz Janowitz“ und auf S. 126 das Gedenkgedicht fiir Franz Griiner, dazwischen ,,Die letzte Nacht‘ aus dem Epilog zur Tragödie „Die letzten Tage der Menschheit“. Nach dem Dialog der Hyänen Freßsack und Naschkatz erscheint der Herr der Hyänen selbst und fällt mit dem Chor der Hyänen über die Leichen auf dem Schlachtfeld her. (Karl Kraus Schriften Bd. 10, Frankfurt am Main, 1986, S. 746-755) In dieser Fackel Nr. 484-498, S. 116-125, wird die „Letzte Nacht“ erstmals veröffentlicht. 20 Leopold Liegler (Pseudonym: Ulrik Brendel), 1882-1949, Wien, war Beamter, genauer Buchhalter an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Literaturhistoriker und Kritiker, Schriftsteller. Mit Kraus, für den er als Korrektor arbeitete, war er schon lange vor dem I. Weltkrieg bekannt, sogar befreundet. Kraus übte auf Lieglers publizistische Tätigkeit großen Einfluß aus, veröffentlichte er doch die erste Sekundärliteratur über Kraus (Ulrik Brendel: Karl Kraus - ein Wagnis, Feuilleton, 1911, abgedruckt in Fackel Nr. 321, S. 53-55; Leopold Liegler: Karl Kraus und die Sprache, Wien, 1917; Karl Kraus und sein Werk, Wien, 1920). Zur Entfremdung kam es 1923, als Liegler 20 Nestroy-Stücke in wienerischer Mundart herausgeben wollte, wogegen Kraus sich vehement wehrte und die Publikation auch verhinderte. Erst nach dem Tod von Karl Kraus, besonders nach 1945, trat 53